Straftaten an Luchsen

Straftaten an Luchsen: Abgetrennte Luchspfoten bei Cham im Lamer Winkel

Abgetrennte Luchspfoten bei Cham im Lamer Winkel

Straftaten an Luchsen: Werden die Straftaten nun aufgeklärt? Erstmal wurde eine Hausdurchsuchung im Bayerischen Wald durchgeführt. Es besteht Anfangsverdacht gegen einen Bauern und Jäger der Region.

Die illegale Tötung von Luchsen in Bayern hat in den Medien wieder großen Wiederhall gefunden. Diesmal – soweit bei dem Thema überhaupt möglich – im positiven Sinn. Im Fall der abgetrennten Luchsläufe (2015) scheint es erste konkrete Hinweise zu geben.

Wie schon oft auf unseren Seiten berichtet nimmt das illegale Töten geschützter Tierarten ein höheres Ausmaß an, als bislang gedacht. Unsere Blogbeiträge dazu finden Sie hier. Berühmtheit erlangten in Bayern v.a. die getöteten Luchse.

Straftaten an Luchsen:

2012 die besenderte Luchsin Tessa wurde vergiftet
2013 trächtige Luchsin wurde mit Schrot geschossen
2015 Luchsläufe zweier Luchse (m,w) wurden aufgefundeN
2015 junge Luchsin wurde erdrosselt am Straßenrand aufgefunden

Mangels ausreichender Beweise konnten bislang keine gezielten Ermittlungen im Sinne von Hausdurchsuchungen durchgeführt werden. Dies hat sich nun im Fall der abgetrennten Luchsläufe geändert. Die Hinweise scheinen nun ausgereicht zu haben: erstmals gab es eine Hausdurchsuchung im Landkreis Cham (Dez. 2016). Verschiedene Medien haben bereits darüber berichtet

http://www.br.de/nachrichten/oberpfalz/inhalt/luchs-toetung-ohr-als-trophaee-100.html

http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.anwesen-durchsucht-luchs-toetungen-polizei-hat-eine-spur.1617fe94-cdb3-4d50-aeec-8e0399bdc61b.html

http://www.nordbayerischer-kurier.de/nachrichten/ermittlungen-zu-zerstuckeltem-luchs_536973

http://www.br.de/nachrichten/oberpfalz/inhalt/luchs-toetung-durchsuchung-landkreis-cham100.html

Nach Meldungen der Medien scheint es sich um einen Bauern und Jäger zu handeln, bei dem Polizei und Staatsanwaltschaft nun vorbeigeschaut und Waffen sichergestellt haben. In wie weit sich der Anfangsverdacht erhärtet, wird sich zeigen. Dennoch: die Aktivität und Präsenz der ermittelnden Behörden ist ein großer Schritt und ein wichtiges Zeichen. Bislang konnte in keinem der bayerischen Fälle, abgesehen von Befragungen, weiter ermittelt werden.

Die Arbeit der Naturschutzverbände hat sicher maßgeblich dazu beigetragen. In den letzten Jahren wurde die Bedeutung, das Ausmaß und die mangelhafte Ermittlungsarbeit immer wieder thematisiert. Es hat sich viel getan: das Interesse und die Aufmerksamkeit wurde gesteigert. Medial hat gerade der Bayerische Rundfunk dem Thema mehrmals Beiträge gewidmet. Auch jetzt wird wieder ein Beitrag dazu ausgestrahlt (BR, Samstag 17.12.2016, 18.45Uhr). Sicherlich ist dadurch auch der Druck auf die Region und die Behörden gewachsen. Zum Positiven, denn viele heißen die Taten aus Gründen des Artenschutzes, der Verbundenheit zur bayerischen Heimat und aus moralischen Gründen nicht gut.

Das Projekt „Bayern Wild“ setzt sich dafür ein das Thema immer wieder aufzubereiten und nicht locker zu lassen. Mit Partnern aus dem Naturschutz, aber auch im Kontakt mit Naturschutz- und Polizeibehörden wurden immer wieder Gedanken ausgetauscht (bspw. Tagung Naturschutzkriminalität) und der Kontakt gepflegt. Über Informationsarbeit in Presse und an Infoständen wurde immer wieder auf Taten und mangelnde Beweise hingewiesen. Mitarbiterin Stefanie Morbach gab dazu unlängst sein Interview, nachzuhören hier in der Sendung vom Oktober 2016 “Tatort Wald“.

| Stefanie Morbach

 


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Warum werden Luchse getötet?

Er frisst Rehe und Schafe, seine Anwesenheit macht die Jagd auf Wild nicht einfacher. Doch die Gründe einen Luchs zu töten sind vielschichtig. „Die Bereitschaft zu illegalen Abschüssen von Luchsen“, damit haben sich Dr. Micha Herdtfelder* und Prof. Dr. Ulrich Schraml* in einer wissenschaftlichen Arbeit auseinandergesetzt.

Luchse getötet

Obwohl Luchse durch nationale und internationale Regelungen unter Schutzt gestellt sind, werden sie immer wieder illegal getötet. Die Gründe dafür sind vielschichtig.

Der Schutz durch nationale und internationale Abkommen und Gesetze scheint nicht auszureichen. Obwohl der Luchs streng geschützt ist werden Tiere vergiftet oder erschossen aufgefunden. „Nahezu alle Populationen leiden unter illegalen Tötungen“, meinen die Autoren dazu. Doch was verleitet dazu ein geschütztes und in der heimischen Population stark gefährdetes Tier zu töten? In der breiten Bevölkerung gibt es hierfür keine Anerkennung. Ein Täter macht sich strafbar und geht ein hohes Risiko ein. Im Falle einer Überführung drohen Entzug des Jagdscheines, Geld- und mögliche Haftstrafe. Herdtfelder und Schraml bemühten für ihre Untersuchungen ein Modell aus der Rechtssoziologie, denn hier greifen keine reinen wildtierbiologischen, landwirtschaftlichen oder jagdlichen Gründe. Es gibt nicht den einen Grund warum der Luchs – oder auch eine andere geschützte Wildart – getötet wird. Dementsprechend sind auch die Bemühungen, derartige Taten zu minimieren, komplex. An vielen Stellschrauben muss gedreht werden. Wer mit wem warum wann und wo… In 50 Veranstaltungen mit Jägern, Naturschützern, Landwirten und Förstern wurden Bereiche herausgearbeitet, an denen geschraubt werden muss.

Wo können Behörden, Vertreter aus Landwirtschaft, Jagd und Naturschutz ansetzten?

Je weiter der Täter von den Vorstellungen seiner Gruppe abweicht, desto kleiner wird die Bereitschaft Tiere illegal zu töten. Niemand wird gern zum Außenseiter in der Gruppen von der er sich Akzeptanz und Anerkennung erhofft. „Normative Abweichung der Eigengruppe“ nennen das die Wissenschaftler. Dies ist ein Aspekt den jede Gruppierung schnell und einfach umsetzten können sollte.

Die Luchsdichte hat laut den Untersuchungen Einfluss auf die Bereitschaft Luchse zu töten. Die eigene Rechtfertigung für die Tat und die Gelegenheit dafür steigen an. „Vor diesem Hintergrund kann es für die Population von Vorteil sein, wenn das Management eine Bestandeskontrolle durch das legale Entfernen von Tieren vorsieht“, raten Herdtfelder und Schraml. In Bayern ist man von einer derartigen Diskussion weit entfernt. Im Gegenteil: durch die illegalen Entnahmen ist die Population derart gefährdet, dass bereits Stimmen für eine bestandstützende Wiederansiedlung laut wurden. Im Managementplan ist diese bislang nicht vorgesehen.

Das Monitoring, die fortschreitende Aufnahme und Dokumentation von Luchsen, ist ein wichtiger Baustein für Managementpläne und deren notwendige Anpassungen an sich verändernde Parameter. Hier sollten alle Gruppen einbezogen werden, meinen Herdtfelder und Schraml. So kann spezifisches wildtierbiologisches Wissen vermittelt werden, das in der Grundausbildung für den Jagdschein oder in den Arbeiten des Naturschutzes nicht behandelt wird. Ein nicht zu unterschätzendes Moment ist die „Qualität der Gruppeninteraktionen“. Will weißen: eine gemeinsame Planung und Durchführung fördern die Verantwortung, Identifikation und das gegenseitige Vertrauen. Die Erkenntnis ist nicht neu: augenscheinlich mag es um ein „Problemtier“ gehen, letztendlich geht es um die Befindlichkeiten einzelner Menschen und Interessensgruppen.

Derausführlichen Artikel mit Beschreibung weiterer Wirkungsmechanismen wie Wertschätzung der Beutegreifer, Handlungsspielraum der Jagd, Gesellschaftliche Wertschätzung der Jagd:  HERDTFELDER, M., SCHRAML, U., (2012): Die Bereitschaft zu illegalen Abschüssen von Luchsen – ein Erklärungsmodell, Allg. Forst-und J.Ztg., 185. Jg., 7/8.

Vortrag Dr. Micha Herdtfelder: Bereitschaft zum illegalen Abschuß von Luchsen
Als PDF: Die Bereitschaft zu illegalen Abschüssen von Luchsen – von Micha Herdtfelder und Ulrich Schramel

*Dr. Micha Herdtfelder, Forstliche Versuchs-und Forschungsanstalt Baden-Württemberg

*Prof. Dr. Ulrich Schraml, Institut für Forst- und Umweltpolitik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg


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