Fischotter Entnahme in Ostbayern

Fischotter sind bei uns noch immer streng geschützt. Sie unterliegen dem Jagdrecht, sind aber ganzjährig geschont. Die Regierung der Oberpfalz hat im Rahmen eines Pilotprojektes (federführend die Landesanstalt für Landwirtschaft) Ausnahmegenehmigungen zum Fang von Fischottern und der Tötung von sechs Männchen erlassen. Das Pilotprojekt, die Begründung und die Umsetzung werfen Fragen und Kritikpunkte auf. Der BUND Naturschutz in Bayern e.V. hat diese in einer Stellungnahme zusammengefasst.

Wir teilen die Kritik. Der Abschuß der Tiere allein erfüllt nicht die Maßgaben, die ein dauerhafter Schutz der Teichanlagen mit sich bringen muss. Es ist eine politische Augenwischerei von der die Teichwirte keine dauerhafte Hilfe haben. Abschüsse als regelmäßige Schutzmaßnahmen für Teiche werden artenschutzrechtlich nicht durchsetzbar sein und dürfen nicht geduldet werden.

Informationen Fischotter auf BayernWild.

Fischotter Entnahme

Stellungnahme des BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN)

Der BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN) stimmt der Erteilung der Ausnahmegenehmigung zur Entnahme und Tötung von Fischottern in drei Teichgebieten (Phase 1) nicht zu.

Begründung:

  1. Zweifelhafter Nutzen

Die Ausnahmegenehmigung zur Entnahme von Fischottern täuscht vor, dass damit ein entscheidender Beitrag zur Schadensreduzierung eintreten wird. Jedoch wird die geplante Entnahme von maximal je 2 Männchen im Jahr 2020 in den insgesamt 3 Teich-Gebieten in 3 Landkreisen keinen messbaren Effekt haben. Sie wird selbst von den Teichwirten als wenig wirksam erachtet, da verbleibende bzw. nachrückende Fischotter weiterhin Schäden anrichten können.

Wir verweisen dazu auch auf den Bescheid selbst, S. 16: Wenn ein territoriales Männchen vom Fang und der Tötung betroffen sein würde, ist davon auszugehen, dass die entstehende Lücke in kurzer Zeit durch ein anderes Männchen ausgefüllt wird. Dies trifft besonders hier zu, da in den genannten Revieren ein hoher Männchen-Überschuss besteht (Durchschnitt 7 Männchen/ 3 Weibchen). Die Entnahme gebietsansässiger Fischotter soll auch laut Planungsunterlagen die Schadenssituation nur „einige Zeit“ entschärfen, bis sich wieder ein gebietsfremder Fischotter ansiedelt. Dass der Bescheid daraus ableitet, dass die Wirksamkeit der Entnahme auf diese Weise hinreichend gesichert sei (S.12) ist nicht nachvollziehbar.

 Die Schäden haben auch trotz wesentlich höherer Fallwildzahlen 2017 (Cham 14 , SAD 4 und TIR 3 = 21) zugenommen.

Des weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die festgestellten Schäden nicht nachweislich ausschließlich oder zum großen Teil vom Fischotter verursacht sind. Somit ist auch dadurch die Wirksamkeit einer Entnahme des Fischotters nicht zwingend gegeben.

Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung muss aber hinsichtlich der Zielerreichung fundiert sein, sonst ist sie europarechtlich nicht zulässig. Wie im EuGH Urteil vom 10.10.19, Az C-674/17 zur Rechtmäßigkeit einer Erlaubnis der finnischen Wildtierbehörde zum Abschuss von Wölfen dargelegt, fordert der EuGH strikte Vorgaben an die Zielsetzung und insbesondere deren Beweis. Das mit der Ausnahmegenehmigung verfolgte Ziel muss klar und deutlich belegt werden. Die nationalen Behörden müssen imstande sein, die Geeignetheit der Ausnahmeregelung zur Zielerreichung mit fundierten wissenschaftlichen Daten nachzuweisen.

Die geplante Entnahme von maximal 6 Fischottern wird als Phase 1 eines „Pilotprojekt“ bezeichnet. Es wird nirgendwo ausgeführt, wie Phase 2 gestaltet werden soll. Es liegt auf der Hand, dass Phase 1 aus Sicht der Betroffenen der Einstieg in eine – bereits mehrfach öffentlich geforderte – umfangreichere Tötung/ Abschuss von Fischottern in Phase 2 sein soll. Wir verweisen dabei auf die bereits im Vorfeld insbesondere für den Landkreis Cham vorgelegten Vorschläge für die Entnahme und Tötung von Fischottern in deutlich größerem Umfang und sogar in Schutzgebieten. Um wirksam im Sinne der Teichbesitzer zu sein, müssten etwaige Tötungen wohl dauerhaft erfolgen. Wir weisen daher bereits hier deutlich darauf hin, dass wir eine derartig gestaltete Phase 2 für eindeutig rechtswidrig und nicht vereinbar mit EU-Arten- und Naturschutzrecht halten und diese auch vor Gericht und von der EU überprüfen lassen würden. Denn sie hätte gravierende negative Auswirkung auf die Population. Wir verweisen hierzu auch auf die jüngeren Urteile und Äußerungen des EuGH und der EU-Kommission zu den engen Grenzen einer Entnahme geschützter Tierarten wie dem Wolf sowie zur Rechtwidrigkeit von „wolfsfreien Zonen“ – analog hier anzuwenden auf fischotterfreie Zonen. Somit stellt sich auch die Frage nach dem Zweck des gesamten auf die Tötung reduzierten „Pilotprojektes“, denn es werden weiterhin die bereits heute möglichen wirksamen Vermeidungs-, Sicherungs- und Entschädigungsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Diese sind im Fischotter-Managementplan dargestellt, wobei wir darauf hinweisen, dass das dort erwähnte Otterbonus-Modell noch nicht umgesetzt ist. Wie von uns mehrfach betont und gefordert wäre es sinnvoll, eine naturverträgliche Teichwirtschaft verstärkt finanziell zu unterstützen. Der BN setzt sich bereits seit langem für eine finanziell deutlich erhöhte Grundprämie für naturnah bewirtschaftete Teiche ein (Grundförderung), um diese historische Nutzungsart zu erhalten. Wir verweisen hierzu auch auf den einstimmigen (!) Beschluss der Arbeitsgruppe Gewässer im Rahmen des Runden Tisches zum Volksbegehren, der beschlossen hat:

„4. Die Fachgruppe Gewässer spricht sich für die Prüfung einer finanziell deutlich erhöhten Grundförderung für Fischteiche aus, um diese historische Nutzungsform langfristig zu erhalten (Existenzsicherungsprogramm) und mehr Artenvielfalt bei dieser traditionellen Nutzungsform zu gewährleisten. Damit können auch die bislang mit hohem bürokratischem Aufwand verbundenen Einzelentschädigungen bei problemverursachenden Tierarten abgelöst werden.“ (Protokoll 29.05.2019)

 Allgemeine Begründung des öffentlichen Interesses mangelhaft

Die Darstellung der Bedeutung und der Gefährdung der Teichwirtschaft durch den Fischotter ist einseitig und unvollständig. Die teilweise schwierige Situation der Teichwirtschaft oder eine Existenzbedrohung liegt nicht am Fischotter, sondern an zahlreichen anderen strukturellen Ursachen, wie stagnierendem Karpfenkonsum, sinkenden Preisen für einheimisch produzierte Fische, Konkurrenz der marinen Fischzuchten, hohem Importdruck und guten Arbeitsplätzen außerhalb der Teichwirtschaft – sie sind die wahren Gründe für die Probleme der Teichwirte. Nötig ist ein Lösung dieser Probleme.

Dazu kommt noch die massive Verbauung und Verschlechterung der Fließgewässer mit starken Rückgängen der Fischfauna, wodurch die Teiche zu einem attraktiven Nahrungsgebiet für Fischotter geworden sind. Nötig ist daher und aus vielen anderen Gründen eine Renaturierung der Fließgewässer. Davon würde auch die Teichwirtschaft profitieren, denn aus anderen Karpfenteichwirtschaften wie in Sachsen ist bekannt, dass Fischotter um so seltener Fischteiche aufsuchen, je nahrungsreicher die angrenzenden natürlichen Fließgewässer sind!

Zudem widersprechen wir der pauschalen und ausschließlichen Darstellung, dass bewirtschaftete Teiche einen hohen Wert für den Artenreichtum haben und ihr Erhalt per se im öffentlichen Interesse liegen würde. Auch der BN bekennt sich zum Erhalt der traditionellen Teichwirtschaft, jedoch darf dies nicht zum Erhalt um jeden Preis führen. Teichwirtschaft ist auch nicht per von öffentlichem Interesse und zahlreiche intensiv bewirtschaftete Teiche haben keinen Wert für den Artenschutz. Im Gegenteil ist darauf hinzuweisen, dass etliche Teichanlagen mit der Zerstörung/ Beeinträchtigung vorheriger natürlicher artenreicher Landschaften verbunden waren. Ein höherer Wert für die Artenvielfalt ist i.d.R. nur bei naturnahen, extensiv bewirtschafteten oder auch aufgegebenen Teichen gegeben.   

  1. Tötung nicht begründbar, nicht alternativlos und daher rechtswidrig

Wir lehnen die Erlaubnis der Tötung der gefangenen männlichen Fischotter strikt ab. Sie ist nicht vereinbar mit EU-Artenschutzrecht, da es verträglichere Alternativen und keinerlei Notwendigkeit für die Tötung gibt.

Zum einen hätte die als mögliche Alternative der Abgabe an einen Zoo oder ähnliche Einrichtung verbindlich und nicht nur als freiwillige Möglichkeit vorgeschrieben werden können. Wir weisen darauf hin, dass das Europäische Zuchtprogramm Fischotter derzeit dringend eine genetische Auffrischung durch neue Fischotter braucht. In der Anlage in Lohberg sind aktuell geeignete Gehege frei. Ein einziger Anruf bei den dort Verantwortlichen (Frau Schuh) hat diese Auskunft ergeben. Somit besteht eine konkrete zumutbare Alternativ, die der Tötung vorgezogen werden muss!

Zum anderen ist es eine (aus unserer Sicht primäre) naheliegende, zumutbare und durchführbare Alternative, die gefangenen Männchen in geeigneten Lebensräumen – primär Flusslandschaften – wieder auszusetzen. Dies gerade angesichts der Tatsache, dass der Fischotter weite Bereiche seines ehemaligen Verbreitungsgebietes noch nicht wieder besiedelt hat bzw. erst sehr allmählich zurückerobert, und vor dem Hintergrund der Verpflichtung der Wiederherstellung des günstigen Erhaltungszustandes der Art in Deutschland (Erhaltungszustand D: ungünstig -unzureichend (Pop. und Habitatstrukturen)). Die Einstufung des Fischotters in Bayern als in günstigem Erhaltungszustand (LfU 2019) betrachten wir angesichts der noch vorhandenen großen Verbreitungslücken als zu optimistisch. Die Möglichkeit der Verbringung in andere natürliche Lebensräume wird in den Unterlagen mit absurden Argumenten abgelehnt: Sie sei nicht „zielführend“, weil einzelne umgesiedelte Männchen „wahrscheinlich von den Wiederfreilassungsorten abwandern, um Weibchen zu suchen.“ (FFH-VP S. 32). Es ist fachlich unstrittig und wird an anderer Stelle in den Antragsunterlagen und sogar im Bescheid dargestellt, dass die Ausbreitung des Fischotters natürlicherweise über abwandernde Männchen erfolgt, denen dann erst die Weibchen folgen. „Kennzeichnend für die Ausbreitung des Fischotters … ist, dass Männchen zuerst und in höheren Zahlen in neuen Gebieten ankommen, bevor die Anzahl der Weibchen steigt.“ (Bescheid Stamdried, S. 14). Im Bescheid wird die Wiederaussetzung dann damit abgelehnt, dass „hierfür eine gesonderte jagdliche Genehmigung erforderlich ist, deren Erteilung nicht in Aussicht steht“ (z.B. Bescheid Stamsried S. 13)  – da für eine derartige Genehmigung ausschließlich ebenfalls der Freistaat Bayern verantwortlich ist, ist absolut nicht nachvollziehbar, weshalb eine derartige Genehmigung nicht in Aussicht steht. Es werden auch keinerlei Gründe genannt, die dafür ursächlich sein sollen.

Eine weitere jederzeit durchführbare und zumutbare Alternative wäre die Freilassung der gefangenen Fischotter in den Revieren, wo schon bestehende Populationen hohe Verluste im Straßenverkehr erleiden.

Abgesehen von unserer generellen Ablehnung halten wir insbesondere die Genehmigung der Tötung der gefangenen Tiere für rechtlich eindeutig nicht haltbar. Sie würde einer rechtlichen Überprüfung wohl nicht standhalten.

  1. Problematik Fang, unzureichende Vorgaben, Gefahr Willkür

Wir lehnen die ganzjährige Genehmigung des Fanges ab. Der Fang von Tieren ist immer mit Stress für die Tiere verbunden. Insbesondere der Fang von säugenden Weibchen kann erheblich negative Auswirkungen auf die Jungtiere haben, wenn das Weibchen über mehrere Stunden nicht säugen kann.

Ein grundsätzliches Problem ist die Tatsache, dass nach Auskunft von Experten Männchen und Weibchen sicher nur mit einer Narkose bestimmt werden können. Es ist völlig unklar, wie die sichere Bestimmung, ob es sich um ein männliches Tier handelt zeitnah, sicher und für die Tiere möglichst stressfrei von statten gehen soll. Der Entwurf des Bescheides ist in diesem Punkt zu wenig konkrete und öffnet ohne Vorgaben zur sicheren Bestimmung Tür und Tor für willkürliche Entnahmen. Wir halten es schlichtweg nicht für durchführbar.

Fischotter Entnahme

Weiterhin ist nicht gesichert, wie mit dem Bescheid ausschließlich „gebietsansässige“ Tiere identifiziert werden sollen. Nur der Abfang dieser Tiere bringt nach Ausführung der Antragsunterlagen eine – wenn auch nur kurzfristige und von uns generell angezweifelte – Wirkung. Wie sollen diese unterschieden werden von nicht gebietsansässigen Individuen? Im Bescheid wird lediglich darauf verwiesen, dass durch die Entnahme direkt an den betroffenen Teichanlagen sichergestellt werden soll, dass „nur das jeweilige schadensverursachende Exemplar entnommen wird“ (z.B. Bescheid Stamsried S. 13). Da in die Falle grundsätzlich jeder Fischotter gelangen kann, der sich im Teichgebiet aufhält, ist dies absolut nicht nachvollziehbar und sichergestellt. Der gezielte Fang eines schadensverusachenden Exemplares müsste bedeuten, dass über Fotofallen exakt nachgewiesen ist, welches Individuum tatsächlich größere Schäden verursacht und dass dieses Individuum in der Falle exakt identifizierbar wäre. Da dies nicht der Fall ist, besteht also auch keinerlei Gewähr, dass tatsächlich nur das jeweils schadensverursachende Exemplar entnommen wird.

Weiterhin fehlen konkrete Vorgaben zur Fallentechnik. Es wird lediglich auf eine jagdliche Falle mit einem Sensor und automatischer Benachrichtigung verwiesen. Es sind keine Vorgaben enthalten, in welcher Mindestzeit auf die Meldungen auch tatsächlich reagiert werden muss, um gefangene Tiere schnellstmöglich zu überprüfen. Insbesondere müsste sichergestellt sein, dass säugende Weibchen nur kurze Zeit in der Falle gefangen gehalten werden (s.o.).

  1. Unzureichende Prüfung vorhandener Alternativen

Es ist nicht ausreichend dargelegt, weshalb die Vergrämung des Fischotters ausgeschlossen wird. Weitere wirksame umsetzbare Abwehrmaßnahmen wie Ultraschall, optische, akustische und olfaktorische Effekte werden nicht in Betracht gezogen. Es wird nicht dargelegt, warum die Untersuchung derartiger zumutbarer und realisierbarer nicht-letaler Methoden nicht Teil des Pilotprojektes sind. Insbesondere auch weil die Tötung des Fischotters keine dauerhafte Lösung sein kann, da nicht mit EU-Recht vereinbar. Wir weisen darauf hin, dass die EU-Kommission vor kurzem dargestellt hat, dass Wolfsfreie Zonen nicht mit EU-Recht vereinbar sind und daher ein Schwerpunkt auf den Abwehrmaßnahmen (hier Herdenschutzmaßnahmen) liegen muss. Analog ist auch für den Fischotter mit weiterer Präsenz an den Fischteichen zu rechnen und daher – auch im Interesse der Teichwirte – die Durchführung und Optimierung von Abwehrmaßnahmen zwingend.

Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb Zaunbaumaßnahmen an den Teichen pauschal „keinen Erfolg gezeigt haben bzw. an Ort und Stelle nicht erfolgversprechend oder durchführbar sind“ (z.B. Bescheid Stamsried, S. 4). nicht durchführbar sein sollen. Uns ist beispielsweise vom Teichgut in Stamsried nicht bekannt, dass eine Zäunung versucht wurde. Sie wäre zumindest für Teilbereiche (z.B. Winterhälterung) durchaus möglich. Somit ist nicht nachvollziehbar, weshalb sie nicht erfolgversprechend oder durchführbar sein sollte. Dass sie stellenweise mit erhöhtem Aufwand verbunden sein mag, ist kein Grund für ihre Ablehnung, sondern ein Grund für eine erhöhte Förderung der Präventions-Maßnahmen. Gerade für Pächter von Teichgebieten (wie in Stamsried) sind Investitionen in fischottersichere Zäune eine erhebliche Investition, hier muss der Staat andere Anreize setzen.

Genauso wenig ist nachvollziehbar und begründbar, weshalb Zaunbaumaßnahmen einen „immer gleichen Fischbesatz bestimmter Teiche quasi determinieren“ und „mittelfristige Reaktionsmöglichkeiten der Betrieben auf sich verändernde Marktbedingungen stark beeinträchtigen“ würden (Bescheid Stamsried S. 12). Dies wird ganz offenbar von zahlreichen anderen Teichbesitzern, die Zäunung durchführen und damit Erfolg haben, nicht so gesehen und kann keineswegs ein pauschales Argument gegen die Zäunung sein.

  1. Schadensbegründung

Es ist unbestreitbar, dass Schäden bei den Teichwirten anfallen. Die Ermittlung der Schäden ist aber zu beanstanden. Es existieren keine gesicherten Nachweise dafür, dass der Fischotter die einzige Ursache für die Schäden ist bzw. wie hoch der Anteil durch den Fischotter ist.

Die Darstellung der Schäden als Begründung für die Tötung des Fischotters ist nicht ausreichend:

  • Es fehlt eine kontinuierliche Auflistung, aus der nachvollziehbar Angaben über folgende Daten für jeden Teich enthalten sind:
    Jahr / Eingesetzte Fischmenge (kg) / Verkaufte Fischmenge (kg) / einzelne Schadensverursacher / Schadensgröße in Bezug auf die einzelnen Ursachen /
  • Es wird nicht erläutert, wie eine derart exakte Schadenshöhe und Umsatzeinbuße, wie in den Unterlagen auf Cent und Komma genau angegeben, ermittelbar ist. Insbesondere fehlt eine Differenzierung nach den verschiedenen Schadensursachen (andere Prädatoren) bzw. Berücksichtigung diverser Einflussfaktoren (Fischbesatz, Witterung, Temperatur, Fütterung, Wasserbedingungen etc.), der gesamt Schaden wird einfach dem Fischotter zugerechnet. Die Schäden, die ein Fischotter in einem Teichgebiet verursacht, sind aber schwer zu ermitteln, da diese von sehr unterschiedlichen Faktoren abhängig sind (vgl. LfL,Muster-Steckbrief Lodermühle S. 7).
  • Es fehlt eine Darstellung, mit welchen Förderprogrammen für Teiche (KULAP bzw. VNP) und Bewirtschaftungsänderungen für die Betriebe welche wirtschaftliche Entlastung möglich wäre. Dass dies im Bescheid nur als langfristige Maßnahme und daher kurzfristig nicht hilfreich ausgeschlossen wird (z.B. Stamsried S. 12), ist weder sachgemäß noch nachvollziehbar, da nicht einmal erkennbar ist, dass – trotz Schäden bereits seit mehreren Jahren – überhaupt irgendwelche Überlegungen/ Maßnahmen in diese Richtung unternommen werden. Wir verweisen hierzu auch auf die den Antragsunterlagen dargestellte Zunahme der VNP-Verträge von 2012-2018, die ein guter Beleg für die Alternative VNP ist, die offenbar für die Teichwirte eine zunehmende Alternative und Möglichkeit ist, ökologisch wertvolle Teiche und damit die Kulturlandschaft und Fischotter zusammen zu erhalten.
  • Es erfolgt keine Darstellung der gesamten wirtschaftlichen Situation. Es ist nicht dargestellt, welche Rolle die in den Bescheiden umfassten Teiche für die gesamte wirtschaftliche Situation des Teichbesitzers haben. Sind noch weitere Teiche in der Bewirtschaftung und damit eigentlich eine Risikostreuung gegeben?

Völlig ungeeignet als Begründung für die Tötung ist auch die Heranziehung einer Gefahr von Ausfällen „langfristiger Lieferbeziehungen“ und Auswirkung auf „größere Satzfischerzeuger“, da deren Kunden immer weniger werden, „wodurch in der Folge auch die regionale Fischerzeugung insgesamt leidet“ (z.B. Bescheid stamsried S. 9/19). Angesichts der zahlreichen grundlegenden strukturellen Veränderungen in der Teichwirtschaft und der zahlreichen multikausalen Zusammenhänge ist dies als pauschale, überhaupt nicht in Bezug auf die einzelnen Teichgebiete begründete Annahme für die Tötung von Fischotter hanebüchen. Den in den Antragsunterlagen enthaltenen Angaben zur Aquakultur in der Oberpfalz fehlen auch sämtlich Angaben über die Entwicklung der Teichwirtschaft vor 2015 und den anderen Ursachen als dem Fischotter. Wir verweisen dabei auch auf Teichgebiete in anderen Ländern/ Bundesländern, wo zusammen mit dem Fischotter die regionale Fischerzeugung aufrechterhalten wird.

  1. Daten-Defizite

Die Ausnahmegenehmigung und saP enthält keine Darstellungen, wie groß die lokale Population ist und wie sie abgegrenzt wird. Insofern sind auch die Aussagen, dass die Entnahme von max. 2 männlichen Fischottern keine negative Auswirkung auf die lokale Population hat, nicht fundiert und nicht geeignet als Grundlage für eine Ausnahmegenhmigung.

  1. Fehlendes Monitoring

Es fehlt eine Vorgabe, wie das Monitoring der Bestände und die Auswirkung der Entnahme auf die lokale Population erfolgen soll.

 


Posted in Fischotter and tagged , , , by with 1 comment.

Herdenschutz im Alpenraum

Die internationale Konferenz in Salzburg bot im Januar Informations- und Austauschmöglichkeiten: Mit Erfahrungen aus Herdenschutz in der Schweiz und Österreich, Slowakei und Slowenien, Input zu Regelungen auf EU Ebene, Umgang in Frankreich, Regelungen der Behörden und Unterstützungsprogrammen. Hier unser Eindruck davon:

Herdenschutz im Alpenraum

Im Zusammenhang mit der Rückkehr von großen Beutegreifern, den Raubtieren unserer Gefilde, ist zwangsweise der Schutz von Herden ein wichtiges und heiß diskutiertes Thema. Auch wir greifen dies immer wieder auf. Gerade wenn es um den Wolf geht, muss dies ein Schwerpunkt sein.
Im Januar wurde zu einer internationalen Tagung Herdenschutz im Alpenraum geladen. Drei Tage waren gefüllt mit Praxisbeispielen, Forschungsberichten, Erfahrungen aus den teilnehmenden Ländern und Input aus der Zuhörerschaft.

Wolfsrückkehr zeigt die Fehlstände in der Landwirtschaft, maßgeblich der bestimmenden Politik, ganz deutlich und schmerzhaft auf. Die Weidetierhaltung ist in der Mehrheit der Fälle eine extensive Haltungsform mit vielen positiven Einflüssen von Tierhaltung bis Naturschutz. Sie ist aber auch eine intensive und zeitaufwändige Landbewirtschaftung, die nicht ausreichend monetär vergütet wird. Kommt zu vielen unsicheren Faktoren noch ein unliebsamer hinzu, gerät das Kartenhaus ins Wanken.
Die Tagung stand jeder/m frei. Simultanübersetzer gaben ihr Bestes, um englische Vorträge zu übersetzen. Auf die Einzelnen Vorträge wird hier nicht weiter eingegangen. Es waren deren viele!

Zwischen Kaffee und Kuchen

Unfassbar wichtig ist immer der Austausch in den Pausen. Mit Behörden, mit Verbandsvertretern, mit „alten Bekannten“, mit neuen Gesichtern und aus anderen Sparten mit anderen Ansichten. Wir bemühen uns um ein breites Bild. Und so waren Gespräche mit Weidetierhaltern, Praktikern und Behörden Vertretern wieder größtenteils bereichernd und motivierend.
Tatsächlich ist es wichtig zu sehen, mit welchen Zusatzthemen sich die Einzelnen herumschlagen; in welchem Netz von Vorgaben und Regelungen die öffentlichen Stellen stecken, welchen Alltag die Weidetierhalter bewältigen müssen. Das alles mach den Umgang mit der Rückkehr von Wölfen und Regelungen zum Herdenschutz nicht leicht.

Vorträge und Tagungsaufbau

Viele der Referenten kamen aus der Praxis (hier der Link zum Programm). In Sachen Herdenschutz sprachen Vertreter von Agridea Schweiz, Büro Alpe-Österreich, Netzwerk Herdenschutz Baden-Württemberg. Lean Jabali berichtete von ihren Jahrzehnten als Hirtin mit Herdenschutzhunden.
Wichtige Tierschutzaspekte griffen Albert Good (Wildhut Schweiz) und Dr. Ursula Domes (Tiergesundheitsdienst Bayern) auf. Zum einen ging es um Gefahren bei Zäunung für Wildtiere und den Blick dafür diese weitestgehend zu verhindern. Dr. Domes ging auf Besonderheiten und vermehrte Risiken bei der Umsetzung von Herdenschutzmaßnahmen ein, z.B. Krankheits- und Parasitendruck oder Übertragung zwischen Tierarten.
Das Wolfsverhalten wurde von Jean Marc Landry (IPRA Frankreich), aber auch Julia Ujfalussy und Dora Ujvary (Budapest)beleuchtet. Landry zeigte Aufnahmen von erwarteten und unerwarteten Interaktionen zwischen Wölfen, Schafen, Herdenschutzhunden. Ujfalussy und Ujvary gingen auf Lernverhalten von Wölfen ein. Dies ist bei einem Auszäunen (aber auch Vergrämen) eine wichtige Hintergrundinformation, um zu verstehen, wie Wölfe “ ticken“.


Eher trockene, aber nicht weniger wichtige Informationen bekamen die Zuhörer von Vertretern der EU-Komission zu Regelungen und Subventionsmöglichkeiten der Prävention. Diese steht allen Ländern frei, wird aber nicht überall gelichermaßen eingefordert.
Vertreter Andrea Schenk (Bundesverband Berufsschäfer) ging auf die wirtschaftliche Situation der Berufsschäfer und Regelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik auf EU Ebene.
Und so gab es noch viele weitere Beiträge, die die Schwierigkeit, aber auch Notwendigkeit einer (besseren) Verzahnung der Mitspieler aufzeigte.

Herdenschutz im Alpenraum

Sprecht miteinand!

Herdenschutz im Alpenraum: Die vielen Beiträge machten eine gute Moderation notwendig. Aufgelockert wurden reine Frontalvorträge durch Gesprächsrunden einiger Referenten.
Nimmer müde wurde die Moderatorin nach nahezu jedem Vortrag die Zuhörerschaft aufzufordern sich 2 Minuten mit Sitznachbarn über Gehörtes auszutauschen. Dies war beim Kennenlernen zunächst hilfreich und motivierend. Gegen Ende der Konferenz ließ die Bereitschaft dazu (verständlicher Weise) nach. Dennoch konnte in Kaffeepausen und beim gemeinsamen Mittag- und Abendessen weiteren Austausch erfolgen. Ebenso bei einem abendlichen „Weltkaffee“ bei dem mit einer Fragestellung mit nicht bekannten Teilnehmern an Kleintischen diskutiert werden sollte. Ein guter Ansatz, den ich persönlich bei einer Tagung für zu viel gehalten habe, zumal die Ergebnisse nicht weiter aufgegriffen werden konnten. Dazu hätte es einen eigenen Workshop geben müssen. Die Veranstalter waren aber sehr bemüht die Teilnehmer in Gespräche zu bringen.

Ausstellung

Projekte und Initiativen hatten die Möglichkeit sich in Nebenräumen zu präsentieren. U.a. Herdenschutzhilfe in Italien und der Schweiz. Interessant v.a. der Beitrag zum Zäunen und weiteren Herdenschutzmaßnehmen und dazugehörigem Aufwand im alpinen Raum (siehe Foto).
Gerne stellen wir Kontakte zu den Referenten und/oder Veranstaltern her, damit das Thema Wolf, Weidetier und Herdenschutz sich weiterentwickeln kann. Denn das muss es dringend.
Download Tagungsprogramm Herdenschutz im Alpenraum

Über unsere Autoren…


Posted in Herdenschutz and tagged , by with no comments yet.