Erster weiblicher Luchs im Nordschwarzwald ausgewildert

von Franziska Baur

Finja springt aus ihrer Transportbox ab in die neue Heimat Nordschwarzwald (Uli Deck/dpa)

Im Rahmen eines landesweiten Luchsprojekts ist Anfang Dezember 2023 im Nordschwarzwald zum ersten Mal ein weiblicher Luchs ausgewildert worden. Bislang waren es nur Kuder, die ihren Weg ins Land gefunden haben. Insgesamt 17 männliche Luchse sind seit 2005 immer wieder, vor allem aus der Schweiz, nach Baden-Württemberg eingewandert. Die weiblichen Tiere entfernen sich nicht weit von ihrem Geburtsort. Deshalb können sich die Luchspopulationen räumlich kaum ausdehnen und den eigentlich bestens geeigneten Lebensraum besetzen. Deshalb sollen in den nächsten 4 Jahren mit dem Luchsprojekt bis zu zehn weibliche Luchse ausgewildert werden. Die ursprünglich aus dem Thüringer Wildkatzendorf in Hütscheroda stammende, 2-jährige Finja und ihre Nachfolgerinnen sollen helfen, wieder eine feste, baden-württembergische Population aufzubauen.

Davon könnte sich Bayern eine Scheibe abschneiden: hier untersagt der völlig veraltete Managementplan von 2008 die aktive Wiederansiedlung von Luchsen und verhindert so die Entwicklung einer gesunden Luchspopulation sowie den von der EU geforderten Aufbau eines günstigen Erhaltungszustandes der Tierart.

Die große Hoffnung der Wildtierbiologen ist, dass Finja und der im Nordschwarzwald bereits ansässige Luchs Toni einander finden und für den ersten Luchsnachwuchs seit rund 200 Jahren sorgen. Und das ist die Idee hinter dem Auswilderungsprojekt: Studien zeigen, dass nur mit einer aktiven Ansiedlung von weiblichen Luchsen die Überlebenschancen für den Luchs in Baden-Württemberg, sowie für die angrenzenden Populationen im Schweizer Jura, Pfälzerwald und den Vogesen gesichert werden können.

Potentieller Paarungspartner “Toni” (FVA Freiburg)

Um die Wiederansiedlung in Baden-Württemberg bemüht sich seit rund 20 Jahren die AG Luchs: Sie wird geführt von Expert:innen der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg (FVA) (u.a. Micha Herdtfelder) im Auftrag des Stuttgarter Landwirtschaftsministeriums. Projektpartner sind der Landesjagdverband Baden-Württemberg, der WWF Deutschland, die HIT-Umweltstiftung und der Zoo Karlsruhe. sie unterstützen die Auswilderung fachlich und finanziell. Seit dem Jahr 2004 erhebt die FVA gemeinsam mit Jägern Daten darüber, wie die Luchse Fuß fassen und sich im neuen Lebensraum verhalten. 

In Finja wird große Hoffnung gesetzt (Uli Deck/dpa)

Im Nachbarland Schweiz werden bereits seit 1971 Luchse wiederangesiedelt, woraus sich zwei Populationen entwickelt haben – eine im Jura und eine in den Alpen. Leider besteht nun der Verdacht, dass sich aufgrund von Inzucht und daraus resultierender fehlender genetischer Diversität Herzprobleme entwickelt haben könnten. Nur wenige Luchse wurden damals in den slowakischen Karpaten gefangen und in der Schweiz frei gelassen. Heute steht fest, dass die gesamte Luchspopulation von diesen Gründertieren abstammt, welche unglücklicherweise miteinander verwandt waren. Das Wissen um die Bedeutung dieser Vielfalt sei in den 1970er-Jahren kaum vorhanden gewesen. Bei einem Kora-Projekt werden die gesundheitlichen Folgen der Inzucht erforscht. Es sind Herzgeräusche, die man bei gesunden Tieren nicht hört. Diese kommen zwar auch bei den Luchsen, die ihr Streifgebiet im Jura haben, vor, allerdings seltener als in den Alpen. Im französischen Jura gab es in den letzten Jahren ein paar Luchse ohne Ohren. Hier gilt es abzuklären, warum ob dies genetische Ursachen hat? Das Problem der genetischen Vielfalt der Luchse ist kein nationales. In einem länderübergreifenden Projekt versuchen Forschende, die häufig isolierten Populationen europaweit zu schützen und besser zu vernetzen. Dazu müssten aber neue Luchse ausgesetzt werden. Oder es bräuchte deutlich mehr Grünbrücken über Wanderhindernisse wie Autobahnen. Die Diskussionen über die Zukunft der europäischen Luchse stehen also weiterhin noch ganz am Anfang…


Posted in Allgemein, Botschafter, Luchs and tagged , , , , , , by with no comments yet.

Wolf im Schafspelz ? Naturschutz und bayerische Staatsforste

Wolf im Schafspelz ? Naturschutz und bayerische Staatsforste

Naturschädigende Holzernte im Buchenwald / Forstbetrieb Ebrach. c Freundeskreis Nationalpark Steigerwald.

Naturschutz und bayerische Staatsforste: Die bayerischen Staatsforste als Verwalter der allen bayerischen Bürgern gehörenden Landeswälder geben sich in zahlreichen Veröffentlichungen als Pionier im Waldnaturschutz aus. Einzelne Vorzeigeprojekte können in der Tat als sehr gelungen bezeichnet werden. Zahlreiche Dokumentationen von Bund Naturschutz in Bayern, Greenpeace, örtlichen Bürgerinitiativen und der Süddeutschen Zeitung belegen allerdings umfangreiche Waldzerstörungen, rücksichtslose profitorientierte Holzernte und großflächige Verstösse gegen Naturschutzziele. Im Vorfeld unserer Winterkampagne dokumentieren wir hier einige Fälle als Diskussionsgrundlage.

Steigerwald / Forstbetrieb Ebrach: Der BUND Naturschutz in Bayern (BN) kritisiert das von den Staatsforsten für Ebrach nach der Abschaffung des Schutzgebietes angekündigte Trittsteinkonzept als reines Marketingkonzept. Damit sollen auf einhundert Prozent der Fläche kommerzielle Holznutzung gesichert und größere Naturwaldschutzgebiete verhindert werden. Weitere Infos…

Steigerwald / Forstbetrieb Ebrach: Der Verein Nationalpark Nordsteigerwald kritisiert umfassende Naturschäden bei der profitorientierten Holzernte. Weitere Infos…

Wolf im Schafspelz ? Naturschutz und bayerische Staatsforste

Holzernte im Buchenwald / Forstbetrieb Ebrach. c Freundeskreis Nationalpark Steigerwald.

Spessart / Forstbetrieb Rothenbuch: Greenpeace und Bund Naturschutz dokumentieren und kritisieren seit Jahren eine naturfeindliche Bewirtschaftung der Wälder durch die Staatsforste. Weitere Infos…

Spessart: Der Bund Naturschutz dokumentiert auf einer eigenen Internetseite die Bewirtschaftungsmethoden der Staatsforste. Weitere Infos…

Bayerischer Wald / Forstbetrieb Bodenmais: Anwohner, Lokalpolitiker und Naturschützer beklagen exzessiven Rückegassenbau im Auerhuhnrevier – die Süddeutsche Zeitung berichtet in einem Hintergrundbeitrag mit Fotos. Weitere Infos…

Alpen / Forstbetrieb Oberammergau: Der Forstbetrieb Oberammergau plant einen bestehenden Wanderweg zu einer Forststraße im Naturschutzgebiet „Ammertal im Bereich der Ammerleite und Talbachhänge“ auszubauen. Hierzu wurde eine naturschutzrechtliche Befreiung bei der Regierung von Oberbayern beantragt. Weitere Infos…

Claus Obermeier

 

 

 


Posted in Botschafter, Schutzgebiete and tagged , , , by with 2 comments.

Befugnisse von Jägern / Jagdaufsehern

Für alle Projektmitarbeiter ist es wichtig, über die Befugnisse von Jägern, Jagdaufsehern etc. Bescheid zu wissen, da wir mit ihnen oft sehr gut zusammenarbeiten, aber es vereinzelt auch zu Konflikten kommen kann.

Jäger an sich haben keine Befugnisse.

Oft sind sie aber zusätzlich vom Landratsamt bestellte Jagdaufseher (Dienstausweis, Dienstabzeichen müssen getragen und vorgezeigt werden), dann gelten Art 41 / Art. 42 des Bayerischen Jagdgesetzes (siehe unten). Insbesondere offiziell bestellte Jagdaufseher mit forstlicher Ausbildung (Dienstabzeichen mit Wappen Bayern und Aufschrift Forst bzw. Jagdschutz)  haben in ihrem  Gebiet die umfassende Befugnisse der Naturschutzwacht und dürfen in diesem Rahmen bei Verstössen auch Personen anhalten und Personalien feststellen. .

 

Art. 41

Jagdschutzberechtigte

(1) Der Revierinhaber kann zum Schutz der Jagd volljährige, zuverlässige Personen als Jagdaufseher anstellen.

(2) 1Für die Bestätigung von Jagdaufsehern (§ 25 Abs. 1 Satz 1 des Bundesjagdgesetzes1)) ist die Jagdbehörde zuständig. 2 Die Bestätigung darf nur versagt werden, wenn der Jagdaufseher nicht Inhaber eines gültigen Jahresjagdscheins ist oder Bedenken gegen seine persönliche Zuverlässigkeit oder fachliche Eignung bestehen.3 (aufgehoben)

(3) Neben dem Revierinhaber und dem bestätigten Jagdaufseher übt den Jagdschutz auch die Bayerische Staatliche Polizei aus, soweit er die Sorge für die Einhaltung der zum Schutz des Wildes erlassenen Vorschriften und den Schutz vor Wilderern umfaßt.

(4) 1Der Revierinhaber kann auch einem Jagdgast die Ausübung des Jagdschutzes erlauben, soweit er den Schutz des Wildes vor Tieren im Sinn des Art. 40 Abs. 1, vor Futternot und Wildseuchen umfaßt. 2  Art. 17 Abs. 3 gilt sinngemäß.

(5) 1Die Jagdbehörde kann die Anstellung eines oder mehrerer bestätigter Jagdaufseher verlangen, wenn es zumutbar und zum Jagdschutz notwendig ist oder der Revierinhaber seinen Verpflichtungen zur Hege oder Regulierung des Wildbestands trotz schriftlicher Aufforderung nicht nachkommt. 2 Soweit es Reviergröße, Revierbeschaffenheit oder Wildbestand erfordern, kann die Jagdbehörde auch die Anstellung eines oder mehrerer hauptberuflich angestellter bestätigter Jagdaufseher verlangen. 3 Bei Hochwildrevieren über 1000 ha soll der bestätigte Jagdaufseher Berufsjäger oder forstlich ausgebildet sein. 4 Wer Berufsjäger oder forstlich ausgebildet im Sinn von § 25 Abs. 1 Satz 2 des Bundesjagdgesetzes ist, wird durch Rechtsverordnung des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten bestimmt.

(6) 1Der Revierinhaber und der bestätigte Jagdaufseher sind verpflichtet, bei Ausübung des Jagdschutzes auf Verlangen des Betroffenen sich auszuweisen, und zwar der Revierinhaber durch Vorzeigen seines Jagdscheins, der Jagdaufseher durch Vorzeigen des Ausweises über seine Bestätigung; dies gilt nicht, wenn die Ausweisung aus Sicherheitsgründen nicht zugemutet werden kann. 2 Die bestätigten Jagdaufseher müssen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit außerdem ein Dienstabzeichen tragen. 3 Das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erläßt im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr durch Rechtsverordnung Vorschriften über die Dienstabzeichen.

Fußnoten

1)

BGBl. FN 792-1

Art. 42

Aufgaben und Befugnisse der Jagdschutzberechtigten

(1) Die zur Ausübung des Jagdschutzes berechtigten Personen sind befugt,

1.

Personen, die in einem Jagdrevier unberechtigt jagen oder eine sonstige Zuwiderhandlung gegen jagdrechtliche Vorschriften begehen oder außerhalb der zum allgemeinen Gebrauch bestimmten Wege ohne Berechtigung hierzu zur Jagd ausgerüstet angetroffen werden, zur Feststellung ihrer Personalien anzuhalten und ihnen gefangenes oder erlegtes Wild, Waffen, Jagd- und Fanggeräte, Hunde und Frettchen sowie Beizvögel abzunehmen,

2.

wildernde Hunde und Katzen zu töten. Hunde gelten als wildernd, wenn sie im Jagdrevier erkennbar dem Wild nachstellen und dieses gefährden können. Katzen gelten als wildernd, wenn sie im Jagdrevier in einer Entfernung von mehr als 300 Meter vom nächsten bewohnten Gebäude angetroffen werden. Diese Befugnis erstreckt sich auch auf solche Katzen, die sich in Fallen gefangen haben, die in einer Entfernung von mehr als 300 Meter vom nächsten bewohnten Gebäude aufgestellt worden sind. Sie gilt nicht gegenüber Jagd-, Dienst-, Blinden- und Hirtenhunden, soweit sie als solche kenntlich sind und solange sie von der führenden Person zu ihrem Dienst verwendet werden oder sich aus Anlaß des Dienstes ihrer Einwirkung entzogen haben sowie gegenüber in Fallen gefangenen Katzen, deren Besitzer eindeutig und für den Jagdschutzberechtigten in zumutbarer Weise festgestellt werden können.

(2) Soweit der Revierinhaber einem Jagdgast nach Art. 41 Abs. 4 die Ausübung des Jagdschutzes übertragen hat, stehen diesem die Befugnisse nach Absatz 1 Nr. 2 ebenfalls zu.

(3) Die bestätigten Jagdaufseher, die Berufsjäger oder forstlich ausgebildet sind, haben die Aufgaben und Befugnisse der Naturschutzwacht.


Posted in Botschafter and tagged , , by with 1 comment.