Naturschutzkriminalität in Bayern – was tun Behörden und Verbände?
Obwohl das Thema „illegale Jagd auf geschützte Wildtiere“ bzw. Naturschutzkriminalität in Bayern nicht neu ist haben sich gerade in den letzten Wochen und Monaten viele Disziplinen intensiv damit auseinandergesetzt.
In Bayern lud die Gregor Louisoder Umweltstiftung Mitte September zur Tagung „Naturschutzkriminalität stoppen“. Experten referierten über Hintergründe zur Bereitschaft Luchse zu töten, über konkrete Ermittlungsarbeit bei Artenschutzkriminalität an Beispielen aus Frankreich, über Bärenverfolgung und deren Bekämpfung in Spanien und über Methoden der Pathologie Aussagen über Todesursache und Täter machen zu können. In einer Resolution forderten die teilnehmenden Fachleute unter anderem eine sorgfältige, kompetente Spurensicherung und eine enge Zusammenarbeit von Wildtierbiologen und Behörden. Dass und wie dies möglich ist wurde im Vortrag „Naturschutzkriminalität stoppen“ deutlich. Mit vehementem Einsatz, teils unter Lebensgefahr, gehen andere Länder gegen illegales Töten der heimischen Tierarten vor. Vertreter aus Behörden, Naturschutz, Jagd, Wildtierbiologie, Polizei und Jagd besprachen das Thema unter vielerlei Aspekten. Die Tagung wurde unter Ausschluß der Öffentlichkeit abgehalten, um eine offene Diskussion zu ermöglichen. Das Meinungsbild und die Forderungen wurden in einer Resolution zusammengefasst. Darin kommt zum Ausdruck, dass nur eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zum Erfolg bei Prävention und Strafverfolgung führen kann.
Anfang Oktober kamen auf Einladung des Polizeipräsidiums Oberpfalz, das mit dem aktuellen Fall der abgetrennt aufgefundenen Luchspfoten befasst ist, Vertreter aus Naturschutzverbänden und Behörden zusammen, um sich zu informieren und weitere Schritte bei zukünftigen Fällen zu besprechen. Der Forderung nach einer interdisziplinären Zusammenarbeit wird damit in einem ersten Schritt Rechnung getragen. Nach Aussage des Staatssekretärs im Bayerischen Innenministerium, Herrn Eck, soll eine Ermittlungskonzeption erarbeitet werden, die bei weiteren Fällen die Arbeiten am Tatort koordiniert und eine schnelle und effiziente Strafverfolgung ermöglicht.
Der Bayerische Jagdverband verabschiedete auf einer Sitzung anlässlich der Messe Jagd, Fisch und Natur ebenfalls Anfang Oktober eine Resolution in der er sich klar gegen Naturschutzvergehen ausspricht. Bereits zuvor hatte der Landesverband seine Mitglieder zu aktiven Mithilfe bei der Aufklärung der Fälle aufgerufen.
Am 06.Oktober 2015 moderierte Angela Braun vom Bayerischen Rundfunk die Podiumsdiskussion „Luchstötungen: Ein Ausdruck von Willkür und Angst vor Mensch und Natur?“ Klaus Kumutat (Bayer. Landesamt für Umwelt), Wildtierbiologe Ulrich Wotschikowsky, Thomas Schreder (Bayerischer Jagdverband), Claus Obermeier (Gregor Louisoder Umweltstiftung), Olaf Schmidt (Bayer. Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft) und Manfred Jahn (Polizeipräsidium Oberpfalz) sprachen über Gründe für illegales Töten geschützter Wildtiere und die Möglichkeiten dies zu verhindern. „Lasst den Luchs wiederkommen!“ forderte Ulrich Wotschikowsky in seiner Ansprache zu Beginn der Diskussionsrunde. Ist es die Konkurrenz um Jagdbeute, die den Luchs unbeliebt macht? Ist es das Unverständnis gegenüber der Natur, die Furcht vor einem Raubtier oder die Intoleranz dem Lebewesen gegenüber? Als „Stellvertreterkrieg“ wurde das Töten der Luchse von Ulrich Wotschikowsky bezeichnet. Damit wäre der Luchs nur ein Kollateralschaden, der entsteht weil die eine Seite (Landbesitzer/-bewohner, Landwirt, Jäger etc.) unzufrieden über das Handeln der anderen Seite (Stadtbevölkerung, Behörden, Naturschutzverbände etc.) ist. Ein weites Feld, das im Rahmen der Podiumsdiskussion nur angerissen werden konnte. Zur Bekämpfung von illegaler Nachstellung auf geschützte Wildtiere sind zwei Felder zu bearbeiten: die Prävention durch Gespräche, Herauskristallisieren der Probleme und deren Lösung einerseits und im Fall der Fälle eine straffe Strafverfolgung. Denn: der Bestand der Luchse im Bayerischen Wald ist gefährdet. Noch schließt der Managementplan für Luchse in Bayern eine Wiederansiedlung aus. Herauszuhören war, dass dies nicht in Stein gemeißelt ist und die Abänderung des Managementplanes durchaus eine Möglichkeit für eine Bestandesstützung der Luchse in Bayern. Doch hier ist die Grundvoraussetzung die Akzeptanz und der Wille Wildtieren einen Lebensraum zuzugestehen.
Es hat sich gezeigt, dass sich einiges tut. Für den Luchs, für den Uhu und viele weitere geschützte Wildtiere die jährlich illegal in Deutschland getötet werden. Behörden, Jagd- und Naturschutzverbände müssen enger zusammenarbeiten. Das grundsätzliche Interesse ist da nun gilt es diesen Weg weiter zu beschreiten.
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Naturschutzkriminalität an wildlebenden Tieren in Deutschland – ein Überblick in den Medien
Ein Wolf am Straßenrand – tot, erschossen. Abgetrennte Luchspfoten im Bayerischen Wald. Ein vergifteter Uhu. Ein ausgebranntes Nest. Die Liste der Taten ist lang. Das mediale Interesse an der im Verborgenen stattfindenden Kriminalität ist derzeit sehr groß. Das Ausmaß wurde bislang unterschätzt. Stephan Börnecke fasste in der Frankfurter Rundschau das „Morden mitten in Deutschland“ zusammen. Dabei zeigt er nicht nur einige der spektakulärsten Fälle der letzten Zeit auf, sondern auch die Defizite, die es bei Erstattung einer Anzeige und der Strafverfolgung gibt. In vielen Fällen, so scheint es, fühlen sich die Behörden nicht zuständig. Die Ermittlungen verlaufen, wenn überhaupt, schleppend und nach kurzer Zeit im Sande. So kommt nur ein Bruchteil der Straftaten an wildlebenden, geschützten Tierarten zur Anzeige. Wenige Fälle werden ernsthaft verfolgt, eine Überführung und Verurteilung der Täter bleibt meist aus. Den Gesamtartikel finden Sie hier.
Umweltverbrechen auf der Spur war der Bayerische Rundfunk und berichtet ausführlich über die Ausmaße der kriminellen Machenschaften.
Welches Ausmaß Wilderei in Deutschland haben kann zeigt die ARD. Illegaler Handel ist kein exotisches Thema aus dem fernen Afrika und Asien. Das Thema ist wichtig. Und Naturschutzkriminalität nun auch präsent in der Öffentlichkeit.
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Welche Dimensionen hat der illegale Tierhandel in Deutschland?
von Bastian Schlange, CORRECT!V
„Kriminalität findet immer im Verborgenen statt. Man kann ihr Ausmaß nur erahnen“, sagt Jörg Lippert vom Landesumweltamt in Brandenburg, „Aber wir wissen aus Angeboten, dass das große Mengen sein müssen.“ Lippert ist seit über 25 Jahren im Artenschutz tätig und geht von zehntausenden Tieren aus, die jedes Jahr illegal in ganz Deutschland der Natur entnommen werden. Millionenbeträge werden dabei umgesetzt.
Axel Hirschfeld vom Komitee gegen Vogelmord sagt: „Stellenweise hat der illegale Handel mafiöse Strukturen. Wenn man sich allein die Gewinnspannen anguckt, die im Handel mit geschützten Tieren in Deutschland möglich sind. Die sind teilweise so hoch wie im Drogenhandel. Dennoch ist die Chance erwischt und bestraft zu werden, für einen solchen Händler in Deutschland sehr sehr gering.“
2014 erfasste das BKA insgesamt 6.719 Straftaten gegen das Tierschutzgesetz. Verstöße gegen den Artenschutz fallen da genauso in die Statistik wie der getretene Schäferhund oder die Zuchtpute, die in ihren eigenen Exkrementen erstickt. Lippert sagt: „Viele Staatsanwälte und Richter scheuen sich, härter gegen Artenschutzkriminalität vorzugehen. Es ist für sie in der Regel eine sehr fremde Materie, da fehlt die entsprechende Einordnung.“ Bei Verbrechen nach §§ 71 und 71 a des Bundesnaturschutzgestzes kann eine Höchststrafe von bis zu 5 Jahren verhängt werden. Das sei in den letzten drei Jahrzehnten in Deutschland kein einziges Mal passiert.
Wer sind die Käufer?
Heimische Tiere – Buchfinken, Teichfrösche, Rotkelchen – wer interessiert sich für so etwas? Sicherlich ein anderer Menschenschlag als die Käufer von Exoten. Eine Schlingnatter ist keine Boa Constrictor, ein Zeisig keine Grünwangenamazone. Heimische Tierarten gehören nicht zum grellen Mainstream, dennoch existiert eine treue und traditionsbewusste Anhängerschaft. Wir boten – neben der eigentlichen Recherche – auf einer Verkaufsplattform zum Schein Äskulapnattern und Laubfrösche an. Innerhalb eines Tages gingen bei uns zwei Dutzend Mails ein. Die Nachfrage ist größer als das Angebot – so werden heimische Arten zum teuren Gut und interessant für die Schwarzmärkte.
Hinzu kommt der Sammler-Aspekt: Ob man nun Comics, Briefmarken oder eben Echsen sammelt. Das, was selten und ungewöhnlich ist, ist begehrt. „Alle Tiere, die Raritäten darstellen, die kurz vor dem Aussterben stehen, bei denen man annehmen kann, dass es sie bald nicht mehr geben wird – das will ein Sammler haben. Das sind die blauen Mauritius“, erklärt Detlef Knuth, Direktor des Naturkundemuseums in Potsdam.
Unter seinen Exponaten landen auch immer wieder beschlagnahmte Opfer von Wilderei, so wie 7200 Eier zum Teil seltenster und mittlerweile ausgestorbener Vögel, die ein Lehrer aus Potsdam aus der Natur geraubt hatte. Der Schwarzmarktwert einzelner dieser Eier liegt bei rund Zehntausend Euro.
Dieser Beitrag stammt von „Bastian Schlange, CORRECT!V„. Der illegale Tierhandel in Deutschland wurde von CORRECT!V recherchiert.
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