Wenn ich mal groß bin, möchte ich Naturschutzhund werden!
von Franziska Baur
Was ist eigentlich ein Naturschutzhund? Dies ist ein speziell ausgebildeter Spürhund, welcher im Dienste des Natur- oder Artenschutzes arbeitet: z.B. die Suche nach Kadavern rund um Windenergieanlagen, das Aufspüren von Fledermausquartieren oder die Identifizierung von Borkenkäfer-geplagten Fichten. Oder in unserem Fall: das gezielte Aufspüren von Losung (Kot) bestimmter Wildtierarten: Wolf, Luchs und Goldschakal. Als Verhaltensbiologin und Ökologin begleiten mich diese Tiere seit deren Pfoten sie wieder in ihre Heimat tragen. Insbesondere Wölfe rufen auf tiefenpsychologischen Ebenen vielfältigste Emotionen hervor – positiv wie negativ. Daher ist nicht nur die auf Fakten basierende Diskussion, sondern auch die Erinnerung an die natürliche Verbindung von Mensch zur Wildnis essentiell für eine friedliche Koexistenz. Wölfe sind – wie wir – Teil unseres Ökosystems und besitzen ein unanfechtbares Existenzrecht. Lediglich einen Wimpernschlag lang waren sie hierzulande verschwunden, ausgerottet durch menschliche Zerstörungswut, basierend auf einer durch und durch anthropozentrischen Weltanschauung. Nur dank zahlreicher Schutzmaßnahmen und einem andauernden Bewusstseinswandel konnten sie zurückkehren. Damit Wolf, Luchs und Co. jedoch dauerhaft in Bayern „Pfote fassen“ können, benötigt es – neben einer breiten Akzeptanz – unbedingt flächendeckenden, professionellen Herdenschutz und intensive Unterstützung der WeidetierhalterInnen, weshalb das Projekt LIFEstockProtect (www.lifestockprotect.info) gegründet wurde.
Und hier kommt meine Hündin Murmel ins Spiel: die freche Mischlingsdame aus Labrador und Australian Shepherd wird im Rahmen dieses EU-Herdenschutzprojektes als Spürhund für Wolf, Goldschakal und Luchs ausgebildet. Dies geschieht durch den österreichischen Verein „Naturschutzhunde“ (www.naturschutzhunde.at) und zusätzlich viel Training in Eigenregie. Die erste Zertifizierung haben wir bereits erhalten: die A-Prüfung – die Flächensuche nach den entsprechenden Zielgerüchen. Auf einer 0,5 ha großen Fläche werden 5 Geruchsquellen ausgebracht. Neben den Proben des Zielgeruchs müssen auch Geruchsquellen von mindestens einer anderen Tierart ausgebracht werden. Kommt der Hund zur Anzeige, dann muss er die Geruchsquelle punktgenau anzeigen und darf diese nicht manipulieren. Als nächstes steht der B-Teil an: Entlang einer 2 km langen Strecke werden 7-10 Geruchsquellen der zum Auffinden trainierten Tierart ausgelegt. Kommt der Hund zur Anzeige, dann muss die Hundeführerin die Lage des Fundes mit Hilfe einer GPS-Position beschreiben. Die allgemeine Beurteilung beinhaltet die Umsetzung der gestellten Aufgabe und die Zusammenarbeit mit dem Hund. Beim Hund werden in der allgemeinen Beurteilung die Selbständigkeit in der Suche, das Suchverhalten und die Beweglichkeit beurteilt. Beurteilungskriterien dafür sind, wie schnell und exakt der Hund anzeigt. Ist diese Hürde geschafft, ist das Team fertig zertifiziert und darf offiziell in den Einsatz gehen. Durch die sehr effektive Arbeit der Spürhunde (bei jedem Wetter und Gelände) können so genetische Proben im Rahmen des Monitorings die Anwesenheit großer Beutegreifer bestätigen, sowie deren Herkunft und Geschlecht offenbaren. Dies hilft z.B. WeidetierhalterInnen, zeitnah Schutzmaßnahmen einzuleiten, Konflikten präventiv vorzubeugen oder kann – im Falle eines Risses – zur Klärung des Verursachers beitragen.
Das Ziel des länderübergreifenden Herdenschutzprojektes LIFEstockProtect ist, optimierte Herdenschutzmaßnahmen im deutschsprachigen Alpenraum umzusetzen. Das 5-jährige EU-Projekt (2020-2025) findet in Österreich, Deutschland und Italien statt. Im Fokus stehen Zusammenarbeit mit LandwirtInnen und Wissensvermittlung zum Thema Herdenschutz. Durch professionelle Aus- und Weiterbildung wird mit LandwirtInnen z.B. korrekter Zaunbau und der Einsatz von Herdenschutzhunden optimiert. Dazu werden 20 Herdenschutz-Kompetenzzentren in den drei Projektländern entstehen, in denen Schulungen und Workshops für LandwirtInnen, HirtInnen und HerdenschutzberaterInnen stattfinden. Intensive Öffentlichkeits- und Medienarbeit spielt eine zentrale Rolle bei der Reduktion von Konflikten zwischen Menschen und großen Beutegreifern. Die NATURSCHUTZHUNDE bilden für das Projekt mindestens 20 Spürhunde für den Nachweis von Wolfsvorkommen und anderen großen Beutegreifern aus. Durch den Nachweis von Kot-Spuren und Rissbegutachtungen werden wichtige Daten gesammelt und Nachweise ermöglicht, die in allen Regionen des Projekts präventives und frühzeitiges Handeln im Herdenschutz ermöglichen. Nutztierhalter, deren Flächen innerhalb einer Förderkulisse liegen, können hier Material- und Montagekosten für die Einrichtung wolfsabweisender Zäune zu 100 % gefördert bekommen. Anträge sind bei den zuständigen Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu stellen: Fördermöglichkeiten und Anträge. Schäden, die Nutztierhaltern durch Wolfsrisse entstehen, können durch den Freistaat Bayern ausgeglichen werden. Weitere Informationen dazu bietet das Bayerischen Landesamts für Umwelt: Ausgleichszahlungen und Schadensermittlung.
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