Auf den Spuren der Lausitzer Wölfe

Von Franziska Baur

Im kalten Monat Februar fanden sich Naturschutz-Aktive – insbesondere solch besonderen Vertreter der Spezies Homo sapiens, die sich beruflich mit Thema Wolf beschäftigen – im Spreetal in der Lausitz zu einem Wolfseminar zusammen. Veranstalter waren die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe e.V., das Ökobüro OPUS GmbH und wolfland tours. Das Seminar war Bestandteil eines größeren Projekts, das durch gezielte Aus- und Fortbildungen Multiplikator*innen zum Themenkomplex Wolf ausbildet. Dieses Projekt ist gefördert von der Umweltstiftung Greenpeace.

Eifrige Zwei- und Vierbeiner auf Wolfsexkursion in der Lausitz (Foto: Franziska Baur)

Im Rahmen eines mehrtägigen Seminars bildeten sich die Teilnehmenden inkl. eifriger Vierbeiner zum Thema “Wolf und seine Lebensweise” fort. Ein Großteil des Seminars bestand aus Exkursion und Geländearbeit. ReferentInnen waren Karsten Nitsch, Stephan Kaasche & Catriona Blum-Rérat vom LUPUS Institut für Wolfsmonitoring und -forschung.

Kein Wolf aber der nächste Verwandte: Canis familiaris – der Haushund, um genau zu sein die schöne Malinois-Hündin “Anima” (Foto: Franziska Baur)

Aussichtspunkt Bergener See

Auf dem Programm standen mehrfache Ansitze auf dem Aussichtspunkt Bergener See in Elsterheide mit Einführung in die Region Lausitz. Der Bergener See ist Teil des Naturschutzgroßprojektes Lausitzer Seenland und befindet sich im Sperrgebiet. Er entstand aus einem ehemaligen Tagebaurestloch und füllt sich durch das aufsteigende Grundwasser von selbst, wird jedoch regelmäßig künstlich abgesenkt. In der geschützten Bergbaufolgelandschaft wird dafür gesorgt, dass sich bestimmte Pflanzen- und Tierarten entwickeln. Aufgrund der zahlreichen Flachwasserzonen und Inseln ist er ein bedeutsames Rastgewässer für Zugvögel wie Kraniche, nordische Gänse und Watvögel. Ferner brüten dort seltene Vogelarten wie Brachpieper, Flußuferläufer, Kiebitz, Fluss-Regenpfeifer, Braun- sowie Blaukehlchen.

Sperrbereich am Bergener See (Foto: Franziska Baur)

Der Aussichtspunkt am Südufer des Bergener Sees gilt als das Beobachtungs-Eldorado für Wolfsfreunde. Er wird regelmäßig von Naturfilmern und Fotografen angesteuert. Hier befindet sich ein hölzerner Pavillon, mehrere Infotafeln und eine Terrasse mit Panoramablick über das rund 67 Hektar große Gewässer. Wir konnten Kraniche, Raubwürger, Rehe, Füchse und Wildschweine erblicken. Um einen Wolf zu sehen, ist Geduld gefragt. „Dies hat sich schmerzlich bewahrheitet: wir kamen zwar jeden Morgen und jeden Abend – dennoch kein Wolf weit und breit. Trotz aufwendigem Equipment (hochwertige Ferngläser, Kameras, Nachtsichtgeräte und Wärmebildkameras) und viel erwartungsvollem Warten bis in die Dunkelheit hinein. Es hieß, wer an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen kommt, hat gute Chancen“ einen Wolf zu sehen, zumindest in mehreren hundert Metern Entfernung… Im Frühsommer gibt es scheinbar die höchste Artenvielfalt. Es hilft nichts, wir müssen wohl nochmals kommen!

Wolfansitz am Südufer (Foto: Franziska Baur)
Halbschöne Aussicht mit der “Schwarzen Pumpe” (Braunkohlekraftwerk) am Horizont (Foto: Franziska Baur)

Ein Fuchs (Vulpes vulpes) in der Abenddämmerung (Foto: Franziska Baur)

Spurensuche

Bei weiteren Exkursionen ins karge, steppenartige Brandenburger Umland gaben Stephan und Catriona eine ausführliche Einführung zum Thema Wolf, Spurenkunde sowie Übungen zum Monitoring mit Sichtungsprotokollen (Tierspuren, Gangarten, Schrittlängen etc.). Hierbei entdeckten wir tatsächlich Wolfsspuren und möglicherweise wurden wir aus der Ferne sogar beobachtet, gut möglich. Blicken lassen hat sich allerdings auch hier kein Wolf.

Spürhund Murmel in Aktion (Foto: Franziska Baur)

Neben der Hundespur eine waschechte Wolfsspur mit perfektem Pfotenabdruck (Foto: Franziska Baur)

Fotofallen und Losungen

Am dritten Tag besuchten wir diverse Fotofallenstandorte und lasen die Film- und Fotoaufnahmen aus. Es wurden mehrfach Wölfe, sowie Füchse und Rehe abgelichtet. Bei unseren Wanderungen fanden wir auch zahlreiche Hinterlassenschaften von Wölfen, die wir Spürhundeführer*innen sogleich als Trainingsmaterial einsammelten. Tatsächlich hinterlassen Wölfe ihre “Losungen” häufig an Wegen, die vom Menschen künstlich angelegt wurden. Auch höher gelegene Ablageorte wie alte Baumstämme oder Felsen werden gerne genutzt. Aussagekräftig sind hierbei Länge (mind. 20 cm), Durchmesser (mind. 2,5-4 cm) und Inhalt (je nach Nahrung meist viele unverdaute Fell- und Knochenreste).

Biologe Stephan Kaasche beim Auslesen seiner Fotofalle (Foto: Franziska Baur)

Wolfslosung (Foto: Franziska Baur)

Wolfslosung wird vermessen und dokumentiert (Foto: Franziska Baur)

Verkehrsopfer

Kurz vor unserer Abreise sollten wir dann doch noch einen Wolf zu Gesicht bekommen. Ein trauriges Verkehrsopfer der letzten Nacht wurde dem LUPUS Institut gemeldet. Dort wurde das knapp einjährige Jungtier weiblichen Geschlechts ausführlich begutachtet, vermessen, gewogen und jede Einzelheit protokolliert, bevor der Kadaver weiter in die Pathologie am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin transportiert wurde.

Biologin Franziska Baur mit verunglücktem Jungwolf (Foto: Franziska Baur)
Eine markante Zahnfehlbildung wurde bei der Obduktion sichtbar (Foto: Franziska Baur)
Vermessung des Fang-/Eckzahnes (Canini) (Foto: Franziska Baur)
Schriftliche Dokumentation des Totfundes (Foto: Franziska Baur)
Pfotenlänge: 9 cm (Foto: Franziska Baur)
Gewicht: 25 kg (Foto: Franziska Baur)

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Neue Bildungsfilmreihe zum Thema Naturschutzkriminalität 

Projekt Tatort Natur: Videoclips zeigen Wissenswertes rund um die illegale Tötung von Wildtieren

Von Franziska Baur

Zu Beginn des neuen Jahres veröffentlichen die Gregor Louisoder Umweltstiftung (GLUS) und der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) im Rahmen des Projekts „Tatort Natur – Naturschutzkriminalität dokumentieren und stoppen!“ eine Bildungsfilmreihe rund um die illegale Verfolgung geschützter Wildtiere in Bayern. Die Clips von jeweils 5 bis 10 Minuten Länge dienen einerseits als Bildungsangebot für die allgemeine Bevölkerung, richten sich aber auch ganz spezifisch an Menschen in der Praxis, die bei der Polizei, in Behörden oder bei Staatsanwaltschaften, als Richterinnen und Richter arbeiten, in der Naturschutzwacht oder als Ranger*innen aktiv sind.  „Unser Ziel ist es, dass Bayern wieder eine sichere Heimat für unsere Wildtiere wird und auch wir Menschen und unsere Vierbeiner wieder sorglos die Natur genießen können. Unsere Filme sollen aufklären, sensibilisieren und nachhaltig abschrecken”, erklärt Franziska Baur, Filmemacherin und Projektmanagerin der Gregor Louisoder Umweltstiftung von Tatort Natur. Unter www.tatort-natur.de können Interessierte die drei Kurzvideos ansehen.

Die illegale Verfolgung von geschützten Wildtieren, wie zum Beispiel Luchsen oder Greifvögeln, stellt eine akute Bedrohung für Bayerns Natur dar. Mit dem Ziel, diese Problematik aufzuzeigen, hat Franziska Baur im Laufe des vergangenen Jahres verschiedene Protagonisten in ganz Bayern getroffen, die in ihrer Arbeit mit dem Thema konfrontiert sind. Gemeinsam mit ihnen machen sich die Zuschauer*innen auf zu einer emotionalen und inspirierenden Erkundungsreise und erleben Naturschutz in Aktion. Die Bildungsfilmreihe soll die Schönheit der heimischen Natur zeigen und deren akute Bedrohung durch diejenigen, die Wildtiere mit perfiden Methoden loswerden möchten: durch Giftköder, Fallen oder Beschuss. 

Erst kürzlich machten der LBV und die GLUS wieder auf drei Fälle von vergifteten Greif- beziehungsweise Eulenvögeln aufmerksam. Zwei Uhus und ein Mäusebussard waren durch das illegale Kontaktgift Carbofuran gestorben. Aktuelle Fälle wie diese zeigen, wie wichtig es ist, das Bewusstsein für Naturschutzkriminalität in der Bevölkerung weiter zu schärfen. „Öffentlichkeitsarbeit ist eine zentrale Säule unseres Projektes Tatort Natur. Mit den neuen Filmen wollen wir möglichst viele Leute erreichen, um so auch eine soziale Kontrolle auszuüben. Das ist wahrscheinlich die wirksamste Methode, um Naturschutzkriminalität einzudämmen“, sagt Projektmanager Dr. Andreas von Lindeiner vom LBV. 

 

Optimale Inhalte für Fortbildungsveranstaltungen

Die drei Clips sind ab sofort verfügbar unter www.tatort-natur.de/material/bildungsfilme/ sowie auf den Plattformen YouTube, Vimeo und Facebook. Die Bildungsfilme eigenen sich optimal für Weiterbildungen. Bei einer internen Fortbildungsveranstaltung zum Thema „Naturschutzkriminalität“ am Landratsamt Pfaffenhofen an der Ilm stießen die Filme bereits auf sehr positive Resonanz.

Verantwortlich für Redaktion und Moderation der Filme ist Franziska Baur. Kamera und Postproduktion hat Andreas Kastiunig von der Produktionsfirma stube 1 übernommen.

Im ersten Clip „Straftaten erkennen, melden, dokumentieren“ erklärt die Biologin und Projektmanagerin Franziska Baur gemeinsam mit Dr. Andreas von Lindeiner, LBV-Projektverantwortlicher, wie illegale Nachstellungen zu erkennen sind, welche Methoden verwendet werden und welche Strafen das Gesetz bei illegaler Tötung geschützter Wildtiere vorsieht.

Im Film „Den Tätern auf der Spur“ stellt Werner Sika, leitender Polizeidirektor des Polizeipräsidiums Niederbayern, anschaulich den Handlungsleitfaden für die Bayerische Polizei vor, der zum Einsatz kommt, wenn der Verdacht auf die illegale Tötung eines geschützten Wildtiers besteht. 

In „Toxikologische Spurensicherung“ erläutert Prof. Dr. med. vet. Hermann Ammer vom Lehrstuhl für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Ludwigs-Maximilian-Universität München, wie eine toxikologische Untersuchung bei Verdacht auf Vergiftung abläuft und was in diesem Zusammenhang zu beachten ist.

Gemeinsames Projekt: „Tatort Natur – Naturschutzkriminalität dokumentieren und stoppen!“

In den vergangenen Jahren gab es in Sachen Naturschutzkriminalität viele dramatische Ereignisse, wie die illegale Tötung geschützter Luchse oder majestätischer Greifvögel. Einige dieser Arten haben es weiterhin schwer und brauchen dringend Unterstützung. Ein Großteil der Fälle bleibt ungeklärt und für die Täter folgenlos. Das muss sich dringend ändern. Der LBV und GLUS haben deshalb das Projekt „Tatort Natur – Naturschutzkriminalität dokumentieren und stoppen!“ gestartet. In einer bayernweiten Datenbank sollen alle (Verdachts-)Fälle von Naturschutzkriminalität gespeichert werden. Als erste Anlaufstelle für betroffene Behörden und die Öffentlichkeit soll die Datenbank fachliche Unterstützung bieten und als Melde- und Informationsplattform dienen. Das Projekt leiten die Biologin Franziska Baur (GLUS) und der Biologe Dr. Andreas von Lindeiner (LBV). Mehr Informationen zum Projekt gibt es unter www.tatort-natur.de.

 

Franziska Baur, GLUS-Naturschutzreferentin, franziska.baur@umweltstiftung.com

 


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Giftgefahr in unseren Gärten: Schneckenkorn

Von Franziska Baur

 

Um Salat- und Blumenbeete vor Schnecken zu schützen, greifen noch immer viele Menschen zum giftigen Schneckenkorn, um den unerwünschten Besuchern den Garaus zu machen. Leider ist der giftige Wirkstoff nicht nur für die gefräßige Nacktschnecken (wie z.B. die spanische Wegschnecke Arion vulgaris) gefährlich, sondern auch zahlreiche andere Tiere fühlen sich von dem süßlichen Geruch angezogen und werden dadurch vergiftet. Darunter die nach Bundesartenschutzverordnung geschützte Weinbergschnecke (Helix pomatia), die – wie die meisten anderen Gehäuseschnecken – im Garten überhaupt keinen Schaden anrichten, da sie vorrangig totes Pflanzenmaterial fressen. Neben einer hohen Dunkelziffer weiterer vergifteter Wildtiere (v.a. Vögel und Säugetiere), werden außerdem immer wieder Vergiftungsfälle bei Hunden, Katzen oder sogar Kleinkindern gemeldet.

 

Wirkstoff Metaldehyd

Metaldehyd findet hauptsächlich als blaues Granulat in Schneckenkorn Anwendung. Es existieren jedoch auch andere, alternative Schneckenkornpräparate mit weniger toxischen Wirkstoffen auf dem Markt. Metaldehyd ist in der Europäischen Union als Pflanzenschutzmittel allgemein zugelassen. In Deutschland wurde die Zulassung dieses Wirkstoffs in Pflanzenschutzmitteln für die nicht-berufliche Verwendung zum 23. März 2022 jedoch widerrufen. Das Verbot für den Privatgebrauch unterstreicht die Gefährdungseinschätzung dieses Giftes, das in vielen Gärten leichtfertig ausgestreut wird. Die meisten Gartenbesitzenden wissen vermutlich nicht, welche Gefahr für sie selbst und andere Gartentiere, insbesondere für Igel, von dem Gift ausgeht.

 

Symptomatik Metaldehydvergiftung

Erste Anzeichen einer Metaldehydvergiftung entstehen meist innerhalb 0,5-3 Stunden nach oraler Aufnahme. Die Tiere zeigen häufig Speicheln, Erbrechen, Durchfall, erhöhte Temperatur und Schmerzen im Bauchraum. Blau oder blau-grüne Verfärbungen in Erbrochenem oder Durchfall können hinweisend für die Aufnahme von Schneckenkorn sein. Weitere Anzeichen sind neurologische Symptome wie Zittern und Gangbildstörungen. In schweren Fällen kann das Zittern zu anhaltenden Ganzkörperkrämpfen fortschreiten. Die Ausprägung der klinischen Symptomatik ist individuell unterschiedlich und hängt v.a. von der aufgenommenen Giftstoffmenge ab. Bei kleinen Tieren kann durch das geringe Körpergewicht schneller eine zu hohe Dosis im Körper erreicht werden.

 

 

Gegenmaßnahmen

Bei Verdacht oder beobachteter Giftaufnahme bzw. bei Auftreten der oben beschriebenen Symptome, sollte sofort eine Tierklinik oder ein Tierarzt aufgesucht werden. Für den Giftstoff existiert kein bekanntes direktes Gegenmittel. Sollte das Tier noch keine gravierenden Symptome aufweisen und ist die Aufnahme noch nicht allzu lange her, kann der Tierarzt Erbrechen auslösen. Damit soll der Giftstoff weitestmöglich aus dem Verdauungstrakt entfernt werden, und es kann einem potentiell drastischen Krankheitsverlauf entgegengewirkt werden. In keinem Fall sollten Sie selbst versuchen, das Tier mit Hausmittel erbrechen zu lassen! Sollte das Tier bereits deutliche neurologische Symptome zeigen, kann häufig kein Erbrechen mehr induziert werden, da das Komplikationsrisiko zu hoch wäre. Bei bestehenden Krampfanfällen, benötigt das Tier schnellstmöglich adäquate tierärztliche Versorgung. Es erfolgt eine Stabilisierung und Kontrolle der zum Teil lebensbedrohlichen Krampfanfälle (u.a. durch krampflösende Medikamente). Während eines solchen Anfalls sind die Tiere nicht bei vollem Bewusstsein und erkennen meist ihre Umgebung nicht, was mit unkontrolliertem Aggressionsverhalten verbunden sein kann. Daher ist unbedingt auf die eigene Sicherheit zu achten! Beim Anfassen der Tiere schützen Sie sich und das Tier beispielsweise durch eine Decke. Je nach Schweregrad der Vergiftung, müssen die Tiere nach der Erstversorgung in einer Klinik stationär aufgenommen, weiter behandelt (u.a. intravenöse Infusionsgabe) und überwacht werden.

 

Illegaler Einsatz in Fleischködern: Mehrere Hunde und Katzen vergiftet

Im Landkreis Eichstätt wurden Ende 2022 zahlreiche vergiftete Fleischköder gefunden. Sechs Hunde und zwei Katzen wurden durch das Gift schwer verletzt und zum Teil getötet. Der oder die Täter*in hat dabei das für Kinder, Katzen und Hunde besonders gefährliche und seit März 2022 für den Privatgebrauch verbotene Schneckenkorn mit dem Wirkstoff Metaldehyd verwendet. Die Aufnahme des Giftes führte mit einer gewissen Verzögerung zu zentralnervösen Ausfällen und Organversagen, vor allem der Nieren. Selbst wenn die Tiere die Vergiftung überleben, ist von bleibenden Organschäden auszugehen. Es ist davon auszugehen, dass die vergifteten Hunde nicht das Ziel der ausgelegten Köder waren. In der Gegend wurden aktuell streng geschützte Wölfe festgestellt. Es ist zu befürchten, dass diese durch solche Giftköder gefährdet werden könnten. Da das Ausbringen von Giftködern und die dadurch mögliche Tötung streng geschützter Wildtiere eine Straftat darstellt, haben Naturschützer Strafanzeige gestellt.

Zur Pressemitteilung


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Wozu brauchen wir den Wolf?

von Franziska Baur

Hierzu der verstorbene Wolfsexperte Ulrich Wotschikowsky: „Wir brauchen auch keine Mehlschwalbe, keinen Enzian und kein Edelweiß, keine Opern und keine Kunstwerke. Aber die Welt wäre doch viel ärmer ohne sie. Außerdem, wie können wir es uns erlauben, die Schöpfung in Frage zu stellen? Wir haben die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, sie zu erhalten.“

Ulrich Wotschikowsky

Ulrich Wotschikowsky

Diese Frage wird hierzulande immer wieder gestellt, je mehr sich der Rückkehrer Wolf wieder ausbreitet und kontrovers diskutiert wird. Die Krux ist hierbei, dass die Mehrheit der Bevölkerung grundsätzlich Biodiversität und Umweltschutz befürwortet (Forsa Umfrage vom NABU 2021: 77% der Befragten fanden es “erfreulich, dass Wölfe wieder hier leben”) – in der Theorie. Hierbei verfestigt sich jedoch – gerade unter den Wolfsgegnern – das Prinzip „NIMBY“: Not In My Backyard. Außerdem, so die Argumentation, kosten sie die Gesellschaft (zu) viel Geld: Nutztierhalter müssen investieren, um ihre Tiere zu schützen. Vor solchen Kosten-Nutzen-Fragen steht jedoch eine ganz andere Frage: Was gibt uns eigentlich das Recht, die Daseinsberechtigung einer bei uns seit Jahrtausenden natürlich vorkommenden Spezies in Frage zu stellen? Dahinter steht ein weit verbreiteter, anthropozentrischer Ansatz, Lebewesen in “nützlich” und “schädlich” zu unterteilen und dementsprechend zu selektieren, welche Tiere bei uns leben dürfen und welche nicht. Gleichzeitig offenbart sich die Natur des Menschen, der alles abwehren möchte, was das eigene Wohlbefinden vermeintlich gefährden könnte. Wozu der Wolf gut ist? Hierauf gibt es nicht die eine Antwort. Wir Menschen prägen unsere Umwelt derart stark, dass wir durch Landwirtschaft, Jagd, Freizeitaktivitäten und Fragmentierung einen größeren Einfluss auf natürliche Lebensräume haben, als Wölfe ihn jemals haben könnten. Unser heutiges – als normal empfundenes –Landschaftsbild kann sich aufgrund von Flurbereinigungen und massivem Pestizideinsatz nicht einmal mehr Kulturlandschaft schimpfen. Vielmehr ist die eine funktionsgerechte, artenentleerte und durch Agrochemikalien gesteuerte Agrarlandschaft. Eine erneute, flächendeckende Wolfsanwesenheit könnte sich hier tatsächlich positiv auswirken, wenn sie denn gesellschaftsfähig werden würde.

Abschuss von Wölfen

Foto: M. Krofel

 

Ökologische Aspekte

Je vollständiger und vielfältiger ein Ökosystem ist, desto stabiler und robuster ist es – in Zeiten von Klimawandel, Pandemien und Kriegen ein unersetzbares Gut und Basis unseres eigenen Überlebens: Stürme, Dürre, Parasitenbefall und andere Folgen des Klimawandels könnten merklich abgemildert werden. In der Land- und Forstwirtschaft ein nicht unerheblicher ökonomischer Wert. Wilmers et al. (2013) fanden heraus, dass die Ausbreitung neuer Infektionskrankheiten durch eine hohe Biodiversität geringer ist: Einzelne Arten und damit auch deren Viren haben es schwerer, sich durchzusetzen und übertragen sich seltener auf neue Wirte. Der Wolf spielt hierbei eine wichtige Rolle: Zuallererst für seine Beutetiere und mittelbar auch für weitere Arten wie Aasfresser, welche sich von den Überresten ernähren, sowie für den gemeinsamen Lebensraum. Wolfsrisse fördern zudem den Nährstoffreichtum, indem sie ganzjährig Mikroorganismen und Insekten einen Nährboden durch verwesende Kadaver bieten. Im Yellowstone Nationalpark der USA fanden Wissenschaftler heraus, dass Wölfe ihr Beute nicht vollständig auffressen und übrig gebliebenes Aas in sehr kurzer Zeit zu hochkonzentrierten Nährstoffinseln für Bodenbewohner wie Bakterien, Pilze und Insekten umgewandelt wird. Dort sind die Konzentrationen an Stickstoff, Phosphor, Kalium und Natrium deutlich höher als in ihrer Umgebung: Beispielsweise trägt ein 30 kg schwerer Kadaver 4 kg Stickstoff in 1 Quadratmeter Boden ein. Das entspricht in etwa einer landwirtschaftlichen Düngung über 100 Jahre hinweg. Auch dortige Untersuchungen unter Bison- und Wapitirissen zeigen diese Nährstoffkonzentration in der Vegetation, ebenso eine erhöhte Bodenatmung. In den Böden lebten zudem andere Artengesellschaften aus Bakterien und Pilzen als in den Kontrollfächen. Auch die großen tierischen Aasfresser (z.B. Kolkrabe oder Seeadler) profitieren von Wolfsrissen: Das regelmäßige Angebot an Kadavern durch die Wiederansiedlung von Wölfen ließ die Populationen von 13 Aasfresser-Tierarten ansteigen. Der Wolf ist als Lieferant großer Wildtierkadaverüberreste also ein entscheidendes Bindeglied im Ökosystem. So erhält und fördert der Ökosystemdienstleister Wolf pflanzliche, tierische und mikrobielle Diversität. Die Rückkehr der Wölfe nach Bayern ist folglich ein wichtiger Baustein zur Renaturierung heimischer Ökosystemen.

 

Waldverjüngung

„Wo der Wolf jagt, wächst der Wald.“ –  ganz so simpel ist es in der Realität leider nicht. Gemeint ist mit diesem alten russischen Sprichwort jedoch, dass Wölfe Rothirsche, Rehe und Wildschweine jagen, wodurch Verbissschäden kleiner werden. Die Beziehung zwischen Wolf, Wild und Wald ist in unserem Kulturraum aufgrund erwähnter zivilisatorischer Einflüsse deutlich komplexer als das Sprichwort vermitteln möchte. Eine Beobachtung ist jedoch allen wissenschaftlichen Untersuchungen zum Einfluss von Wölfen auf ihren Lebensraum gemein: Wo Wölfe leben, beeinflussen sie, wie lange und wo sich das Wild aufhält. Ihre Beutetiere müssen schlichtweg mobiler sein: Sie wechseln häufiger die Futterplätze und bilden teils kleinere Gruppen, was das Risiko verkleinert. Da die Tiere zwischendurch häufiger ihre Umgebung scannen, verkürzt sich außerdem die Äsungszeit. Und wo wenig Hirsche, Rehe und anderes Beutewild kürzer grasen und knabbern, wird Verbiss reduziert. Berühmte Studien aus dem Yellowstone Nationalpark konnten zeigen, dass es seit der Wiederansiedlung von Wölfen, wieder mehr Weiden und Espen gibt (Wilmers et al. 2013). Auch in anderen Wolfsgebieten wurde festgestellt, dass die Ökosysteme bessere Verjüngungschancen haben, was vielfältigere Lebensräume und mehr Artenreichtum nach sich zieht. Selbst wenn sich der Verbiss in unseren Breiten in einigen Fällen zunächst nur verlagert, dürfte er bei konstanter Wolfspräsenz auch hier zurückgehen, so eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft in der Schweiz. Durch die Jagd auf Beute helfen Wölfe zudem bei den Anstrengungen, einen angepassten Wildbestand zu erreichen, welcher der Kapazität des jeweiligen Lebensraumes entspricht. Auch das führt dazu, dass der Wald sich besser verjüngen kann. Das Angebot der Beutetiere bestimmt die Zahl der Beutegreifer und somit werden sich Schalenwildbestände und Wölfe langfristig gegenseitig beeinflussen.

 

Natürliche Selektion

Einen unmittelbaren Einfluss haben Wölfe auf ihre Beutetiere: Sie jagen bevorzugt junge und unerfahrene, alte oder kranke Tiere. Erwachsene, kraftvolle Tiere, die wichtig für die Fortpflanzung sind, haben bessere Chancen, den Nachstellungen der Wölfe nicht zum Opfer zu fallen. Damit verbessert sich ganz natürlich die Fitness des Beutewilds, denn anders als der menschliche Jäger erkennen Wölfe Erkrankungen bereits in sehr frühen Stadien und können so die Verbreitung von Infektionskrankheiten eindämmen.

Im Folgenden einige Ergebnisse aus einer Studie zum Thema „Welche Effekte haben große Beutegreifer auf Huftierpopulationen und Ökosysteme?“ (Heurich et al.):

  • Infolge der Rückkehr der großen Beutegreifer (GB) in Europa und Nordamerika in den letzten Jahren wurden zahlreiche Forschungsarbeiten über ihren Einfluss auf Huftiere und Ökosysteme veröffentlicht.
  • Diese zeigen, dass Wolf, Luchs, Bär und Co. das Potential haben, die Bestände von Huftieren und Mesoprädatoren unter die Lebensraumkapazität zu senken und auch deren Verhalten signifikant zu beeinflussen.
  • Über diese Effekte hinaus können sie eine Vielzahl von Prozessen im Ökosystem beeinflussen, die sich über mehrere trophische Ebenen (Nahrungsketten-Stufen) auswirken. Damit sind sie Schlüsselarten, die einen weit größeren Einfluss haben, als es aufgrund ihrer schieren Biomasse (Gesamtheit der Masse organischer Stoffe GB innerhalb eines bestimmten Gebiets) zu erwarten wäre.
  • Die meisten Studien zu diesem Themenkomplex stammen aus wenig vom Menschen beeinflussten, naturnahen Ökosystemen und weisen oft methodische Schwächen auf, sodass unklar ist, in wie weit sie auf mitteleuropäische Verhältnisse, mit stark anthropogen überprägten Ökosystemen, übertragen werden können.
  • Die Rückkehr von GB stellt einen wichtigen Ansatz zur Renaturierung von Ökosystemen dar. Insbesondere in Großschutzgebieten sollte es das Ziel sein, die natürliche Artenausstattung an Prädatoren wieder herzustellen, um einen sinnvollen Prozessschutz (Naturschutzstrategie, die auf dem Nicht-Eingreifen in natürliche Prozesse beruht) zu gewährleisten.
  • In welchem Ausmaß Wölfe ihre Beutetierpopulationen damit die Ökosysteme in Mitteleuropa beeinflussen und welchen konkreten Beitrag sie zur Lösung des Wald-Wild-Konflikts leisten, muss noch gründlicher erforscht werden.

 

Ökonomische Aspekte

Seit der Wolf wieder durch unsere Breiten streift, verstärken Nutztierhalter den Schutz ihrer Tiere. Das bedeutet z.B. für die schweizerischen Bergregionen, dass Schäfer zwar in Schutzmaßnahmen investieren müssen – wofür sie von der Gesellschaft über öffentliche Gelder ausreichend unterstützt werden müssen. Sie sehen aber auch häufiger nach ihren Tieren, um die Wirksamkeit des Herdenschutzes durch Elektrozäune zu prüfen oder die Herdenschutzhunde zu versorgen. So sind die Schafe nicht mehr über längere Zeiträume sich selbst überlassen, wie das zuvor der Fall war. Unfälle oder Krankheiten der Tiere führten deshalb oft unweigerlich zu deren Tod – neben der emotionalen Komponente war das auch immer ein wirtschaftlicher Verlust. Dem Züricher Ethnologen B. Tschofen zufolge, sind vor der Rückkehr der Wölfe auf den Schweizer Bergalmen jährlich rund 10.000 Schafe durch Unfälle oder Krankheiten verstorben. Heute seien die Verluste um die Hälfte geringer – Risse durch Wölfe eingerechnet. Und auch in ebeneren Regionen könnte Herdenschutz den Geldbeutel entlasten, indem es in den geschützten Bereichen weniger Schäden durch Wildschweine, wildernde Hunde oder auch Menschen gibt. Von den Millionen, die aktuell in Maßnahmen wie z.B. Schutzzäune gegen Wildschweinschäden und Verbiss durch Schalenwild gehen, dürften wir durch den Wolf ebenso einiges einsparen. Immerhin ist er bei uns einziger natürlicher Feind der Wildschweine. In einigen Gebieten konnte sogar schon die Anpflanzung von Aufforstungen ohne Wildschutzzäune durchgeführt werden.

 

Potential Tourismus

Trotz aller Kontroversen: Wölfe faszinieren seit jeher. Und die Mehrheit der Deutschen freut sich, dass sie wieder bei uns heimisch sind. Für touristische Angebote zum Wolf gibt es damit Potenzial, wie auch schon bestehende Angebote zum Wolfwatching, Wolftracking etc. zeigen. Besonders strukturschwache Regionen können Besucherzahlen und Übernachtungen mit solchen Angeboten steigern. Doch das Potenzial hat Grenzen: Zum einen gibt es keine Garantie, auf einer solchen Tour auch wirklich einen Wolf zu Gesicht zu bekommen. Wölfe nehmen uns Menschen schon lange wahr, bevor wir sie im Fernglas- oder Kamerasucher haben und machen dann üblicherweise einen großen Bogen um uns. Zum anderen ist die Anwesenheit von Wölfen schon bald Normalität hierzulande. Als wirklicher Tourismusfaktor würde der Wolf dann wohl nicht mehr ziehen. Eher als charismatisches Symboltier, mit dem sich im Naturtourismus werben lässt.

 

Herdenschutz: unumgänglich

Auffällig ist, dass intensive Forschungsarbeiten zur ökologischen Bedeutung des Wolfes auf das Schalenwild laufen oder noch dringend notwendig sind. Klar ist aber schon jetzt: Nur wenn wir ihm die Rückkehr in seinen natürlichen Lebensraum gestatten und gleichzeitig die Tierhalter ausreichend beim Schutz ihrer Tiere unterstützen, so dass der wichtige Beitrag von Weidetierhaltung erhalten bleibt, gewinnen wir einen essentiellen Baustein für ein zukunftsfähiges Ökosystem. Hier soll nicht unerwähnt bleiben, dass weder Bejagung noch eine Obergrenze etwas an der Notwendigkeit eines wirksamen und flächendeckenden Herdenschutzes ändern, da dies nicht von der Zahl der Wölfe abhängt, sondern schlichtweg von deren generellen Präsenz. Wenn sich erst einmal eine Selbstverständlichkeit hinsichtlich Herdenschutzmaßnahmen durchgesetzt hat, wird sich die Lage entspannen und der Wolf zum Alltag gehören. Es wird immer wieder Risse geben. Aber Wölfe, die ordnungsgemäß geschützte Herden immer wieder angreifen und für große Verunsicherung in der Bevölkerung sorgen, dürfen bereits jetzt nach strenger Einzelfallprüfung geschossen werden. Die Rechtsgrundlage dafür gibt das Bundesnaturschutzgesetz her.

Herdenschutzhunde...

… schützen die ihnen anvertrauten Herde gegen Übergriffe von zwei- und vierbeinigen Räubern. Die Methode ist uralt und hat sich weltweit bewährt.

… sind immer bei ihrer Herde – egal zu welcher Jahreszeit und bei welchem Wetter.

… binden sich sowohl an das Territorium als auch an die Herdentiere.

… zeigen durch Bellen und körperliches Imponiergehabe an, dass sich der Tierherde etwas Unbekanntes (Mensch oder Tier) nähert.

… sprechen die gleiche Sprache wie Wölfe. Die Wölfe verstehen das Bellen als Machtdemonstration und riskieren lieber keinen Angriff.

… werden nicht nur zum Schutz von Schafen eingesetzt, sondern auch bei Rindern, Pferden, Gatterwild oder Geflügel.

… sind keine Hütehunde. Deren Aufgabe ist es, die Herde zusammen zu treiben.

… sehen nicht alle gleich aus – es gibt weltweit über 50 verschiedene Rassen.

… stellen keine Gefahr für Touristen und Haushunde dar, sofern diese außerhalb des Zaunes bleiben.

Annäherung und Kontakt zwischen Herdenschutzhund und Rind (Foto: C. Homburg)

 

Wolfsmanagement – Prävention

Um Konflikte mit Menschen zu verhindern, sollten unbedingt zugängliche Nahrungsquellen entfernt werden: Wölfe dürfen keinen Zugang zu potentiellen Nahrungsquellen haben, da diese direkt mit dem Menschen assoziiert werden könnten. Das bezieht sich auf offene Mülldeponien, wie auch die Aufbewahrung oder Entsorgung von Nahrungsresten in ländlichen Regionen oder bei Freizeitaktivitäten. Lebensmittel und Abfälle müssen sicher aufbewahrt werden, wie es etwa in Nationalparks der USA schon üblich ist, um große Beutegreifer wie Bären, Wölfe oder Luchse nicht anzuziehen. In Deutschland ist die gezielte Anfütterung von Wölfen nach §45a BNaSchG verboten. Unter keinen Umständen darf es eine aktive Anfütterung etwa für Fototourismus etc. geben.

 

Monitoring

Wichtig bleibt das aktive Monitoring, um potentiell gefährliches Verhalten frühzeitig zu erkennen und eine Eskalation der Situation zu verhindern. Hierbei sind Behörden u.a. auf Meldungen aus der Bevölkerung angewiesen. Deshalb müssen zuständige Stellen leicht zu finden und deren Ansprechpartner*innen erreichbar sein. Die Besenderung von (auffälligen) Wölfen mit GPS-Halsbändern kann neben wissenschaftlichen Erkenntnissen über Lebensraum und Wanderverhalten ein Eingreifen erleichtern, wenn nötig.

Fotofalle (Foto: F. Baur)

Die Wahrscheinlichkeit eines Wolfsangriffs ist auch trotz gestiegener Wolfsbestände äußerst gering (NINA Studie 2021, Linell et al.). Wir fordern deshalb eine sachliche Debatte von der Politik, anstatt Wolf-Populismus. Sorgen und Ängste müssen trotz Allem ohne jeglichen Zweifel ernst genommen werden.

 

Rechtlicher Rahmen

Um das ganze Thema final in einen rechtlich geltenden Rahmen zu gießen, darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Tierart Wolf durch den EU-weiten Artenschutz, konkret durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, streng geschützt ist und das voraussichtlich auch bleibt. Die korrekte deutsche Bezeichnung der FFH-Richtlinie lautet: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Die FFH-Richtlinie hat zum Ziel, wildlebende Arten, deren Lebensräume und die europaweite Vernetzung dieser Lebensräume zu sichern und zu schützen. Die Vernetzung dient der Bewahrung, (Wieder-)herstellung und Entwicklung ökologischer Wechselbeziehungen sowie der Förderung natürlicher Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozesse. Sie basiert auf der von den EU-Mitgliedstaaten 1992 eingegangenen Verpflichtungen zum Schutz der biologischen Vielfalt (Biodiversitätskonvention, CBD, Rio 1992).

 

Ethischer Ansatz

Zur eingehenden Frage „Wozu wir den Wolf überhaupt brauchen?“ soll noch eine kulturanthropologische Sichtweise zum Denken anregen. Zu allererst sollte man bedenken, dass diese Frage in einem gewissen Kontext nur rhetorisch gemeint sein kann und daher keine ernsthafte Antwort benötigt. Die Meinung derjenigen, die diese Frage stellen, ist grundsätzlich contra-Wolf und basiert auf folgenden Annahmen: Wölfe gehören nicht hierher und passen auch nicht uns unsere Kulturlandschaft Schrägstrich Heimat. Diese Meinung tritt am häufigsten unter Jägern und Weidetierhaltern auf, die verständlicherweise auch die meisten Berührungspunkte und potentielle Konflikte mit dem Rückkehrer haben. Die meistern derer, sehen sich durchaus als naturverbunden, jedoch ist ihr Verständnis eher anthropozentrisch geprägt, stellt also den Menschen und die vom Menschen gestaltete, geordnete und kontrollierte Natur in den Mittelpunkt. Für diese Art von Natur scheinen Wölfe zu „wild und unkontrolliert“, denn sie gefährden die gewohnte Ordnung.

Konträr hierzu sind Wolfsbefürworter zu sehen, die sich ebenfalls als naturverbunden bezeichnen würden. Viele verspüren eine regelrechte Sehnsucht nach einer „wilderen“ Natur, die eben nicht geordnet, kontrolliert oder gar dominiert wird. Hatte „Wildnis“ bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch negative Konnotationen, haben wir seit einiger Zeit eine Umkehrung zu einer positiv empfundenen, ursprünglicheren Wildnis, in der die Kräfte der Natur ihren eigenen Rhythmus im Gleichgewicht finden können. Wolfsfreunde suchen oft eine Verbindung zu einer solchen Natur. Dabei kann es auch um eine Resonanzerfahrung gehen, also dass man in der Verbindung mit den Wölfen auch ein Stück weit „wilder“ werden kann. Beide Ansätze haben im Grunde mit der Realität von Wölfen wenig zu tun. Wild lebende Wölfe sind schlichtweg Kleinfamilien, innerhalb derer sie sehr sozial und fürsorglich ihr Überleben sichern. Auch hat sich zwischen Menschen und Wölfen seit vielen Jahrtausenden eine Koevolution ergeben. Unsere Hunde entstanden in verschiedenen Erdteilen aus der Domestizierung der dort lebenden Wölfe. Um eine nüchterne Perspektive auf die Tierart Wolf und deren Rückkehr in ihren ursprünglichen Lebensraum zu bekommen, empfiehlt sich das Ansehen der Dokumentation „Die Wolfssaga – 20 Jahre Wölfe in Deutschland“ vom Ökologen und Tierfilmer Sebastian Koerner (www.lupovision.de): https://www.facebook.com/watch/?v=179015297198608

 

Abschließend lässt sich feststellen, dass keine Tierart in Bayern so polarisiert wie der Wolf – von den einen romantisiert, von den anderen verhasst. Könnte der Wolf daher Anlass sein, unser grundsätzliches Verhältnis zur Natur zu überprüfen?

 


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Der Biber in Bayern – Ein Nager auf Abwegen?

von Franziska Baur

…wohl eher endlich wieder “on track”!

Biber wurden nach ihrer Ausrottung durch den Menschen im 19. Jahrhundert wieder aktiv angesiedelt, da sie für unser Ökosystem essentiell sind. Die Naturingenieure renaturieren gratis Flusslandschaften – Hochwasserschutz inklusive – und schaffen als Schlüsselart Habitate für viele seltene Flora- und Fauna-Arten. Legale Entnahmen sind mittlerweile gängige Praxis, jedoch aus ökologischer Sicht meist sinnfrei: denn stellt sich ein Gebiet als passendes Biberrevier heraus, wird dieses zeitnah durch den nächsten Baumeister besetzt. Über eine Wiederansiedlung in den 1960er und bis in die 1980er Jahre ist er hierzulande wieder heimisch geworden. Derzeit wird der bayerische Biberbestand auf mindestens  22.000 Tiere in ca. 6.000 Revieren geschätzt. Bayern ist zwischenzeitlich fast flächendeckend besiedelt.

Das Bayerische Umweltministerium hat das bayerische Bibermanagement etabliert, dessen Ziel es ist, schadensbedingte Konflikte möglichst zu verhindern oder zu minimieren und gleichzeitig einen günstigen Erhaltungszustand der bayerischen Biberpopulation sicherzustellen. Die Zuständigkeit für das Bibermanagement liegt bei den unteren Naturschutzbehörden an den Kreisverwaltungsbehörden. Eine Unterstützung dazu bieten vor Ort rund 400 lokale ehrenamtliche und fachlich geschulte Biberberater. Diese werden von zwei Bibermanagern unterstützt:

 

Südbayern:

Herr Gerhard Schwab, Tel. 0172 / 6826653

GerhardSchwab@online.de

 

Nordbayern:

Frau Berit Arendt, Tel. 0160 / 5675302

Berit.Arendt@bund-naturschutz.de

 

Für die durch Biber entstandenen Schäden im Bereich der Land-, Teich- und Forstwirtschaft leistet der Freistaat Bayern freiwillige finanzielle Ausgleichszahlungen. Statt bisher 450.000 stehen nun jährlich nun 550.000 Euro Verfügung, um Biberschäden in Bayern auszugleichen. Der Schadensausgleich ist ein wichtiges Element im bayerischen Bibermanagement und wird vor allem den heimischen Erzeugern zu Gute kommen. Je nach Schadensaufkommen wird eine Ausgleichsquote berechnet und in der ersten Hälfte des Folgejahres ausgezahlt. Falls die gängigen Lösungen nicht wirksam oder nicht zumutbar sind, sind Entnahmen von Bibern möglich. Über den Arbeitskreis des Obersten Naturschutzbeirats werden Lösungen schwieriger Fallkonstellationen gesucht und die Weiterentwicklung des Bibermanagements fortgeführt.

 

 

Biologie

 

Biber (Castoridae) sind eine Familie in der Ordnung der Nagetiere (Rodentia). Sie sind die zweitgrößten lebenden Nagetiere der Erde – nach den südamerikanischen Wasserschweinen (Capybaras). Die Familie besteht heute aus einer einzigen Gattung, Castor, der zwei Arten angehören: der Europäische oder Eurasische Biber (Castor fiber) und der Kanadische Biber (Castor canadensis).

Foto: Fotolia

 

Schutzstatus

Der Europäische Biber ist in Europa durch die FFH-Richtlinie (Anhänge II und IV) besonders geschützt. Er unterliegt in Deutschland nicht dem Jagdrecht nach dem Bundesjagdgesetz. Trotz des strengen Schutzstatus wurden innerhalb des Managements knapp 2000 Individuen 2019/2020 legal entnommen.

 

Illegale Tötungen

Neben den legalen Entnahmen haben wir es jedoch auch immer wieder mit illegalen Tötungen und Nachstellungen zu tun. In Bayern wurden fünf Fälle illegaler Verfolgung zwischen 2019-2020 (Illegaler Abschüsse und Zerstörung des Biberdammes) gemeldet. Davon wurden zumindest zwei der tot aufgefundenen Biber nachweislich illegal geschossen. Drei wurden tot aufgefunden mit dem Verdacht auf eine unnatürliche Todesursache. Im November 2019 wurde ein Jagdpächter in Oberbayern wegen der illegalen Tötung eines Bibers mit Schlagfalle (siehe Foto), vor Gericht gestellt und schuldig gesprochen – allein basierend auf dem wachen und hartnäckigen Auge eines engagierten Zeugen. Dies war 2019-2020 der einzige Naturschutzkriminalitätsfall Bayerns mit rechtskräftiger Verurteilung.

Download des Bayerischen Naturschutzreports von Tatort Natur über illegale Tötung heimischer Wildtiere.

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Foto: Kutschenreiter

 

Im November 2021 wurde vor dem Amtsgericht Landau a. d. Isar (Lkr. Dingolfing-Landau) ein Jäger wegen einer illegalen Reusenfalle, in welcher ein geschützter Biber gefangen wurde, nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG schuldig gesprochen und zu 30 Tagessätzen à 100€ verurteilt. Der Richter sah es als erwiesen an, dass der 73-Jährige im April 2021 in seinem Jagdrevier bei Tunzenberg eine illegale Lebendfalle unmittelbar neben einen Biberbau aufgestellt und ein Tier damit gefangen hatte. Aufgeflogen war die Tat, nachdem Mitarbeiter des Komitee gegen den Vogelmord e.V. das Revier nach einem Hinweis durchsucht und die Falle entdeckt hatten. Bei der anschließenden Überwachung des Fangplatzes durch Mitglieder der LBV-Kreisgruppe Straubing-Bogen konnte der Jagdpächter als Verdächtiger ermittelt und ein gefangener Biber glücklicherweise unversehrt befreit werden. 

 

Zu Guter Letzt empfiehlt sich die folgende Seite, um sich über aktuelle Entwicklungen zu informieren: www.biber-info.de


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In Bayern steppt der (Braun-)Bär!

von Franziska Baur

 

Bären gehören zu den heimischen großen Raubtieren in Bayern. Im Fachjargon spricht man von großen Beutegreifern. Einzelne Tiere streifen ab und an durch den bayerischen Alpenraum. Wie auch  am ersten Mai-Wochenende 2022. Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen ist ein Braunbär in eine Fotofalle getappt – laut Landrat im Gemeindegebiet von Mittenwald. Die Behörden rätseln, ob der Bär derselbe ist, der vor zwei Jahren im Murnauer Moos fotografiert wurde.

Offenbar gibt es wohl einen Bären, der zwischen Tirol und Bayern wandert. Vor zwei Wochen wurde ein Braunbär im Pitztal fotografiert. Mittlerweile gehen dort die Behörden von zwei Bären aus, die in Tirol umherstreifen. Die nächste größere Bärenpopulation befindet sich im italienischen Trentino, etwa 120 Kilometer von Bayern entfernt.

Die letzten Bären Mitteleuropas hatten sich in die unzugänglichen Wälder der Alpen und Grenzgebirge zurück gezogen, bevor sie vor fast 180 Jahren auch dort ausgerottet wurden. Nur in den zerklüfteten Bergwäldern der Brenta westlich des Gardasees überlebten noch eine Handvoll Alpenbären. Vor rund 10 Jahren wurden dort Bären aus Slowenien ausgesetzt. Heute liegen in Norditalien und in Slowenien die Keimzellen für die Rückkehr der Bären in die Alpen. Obwohl Fachleute schon seit Jahren damit gerechnet hatten – Bruno, welcher 2006 durch Bayern wanderte, versetzte Öffentlichkeit und Entscheidungsträger in helle Aufregung.

Heute sollten wir besser vorbereitet sein. Zumindest wissen wir, dass die Jungbären gerne weite Gebiete durchwandern, bevor sie sich niederlassen bzw. eine Paarungspartnerin finden. Einige von ihnen sind dabei so heimlich, dass sie kaum bemerkt werden. Auffällig werden sie meist, wenn es zu Rissen an Weidetiere oder Plünderungen von Bienenstöcken kommt. Eine Bärenpopulation breitet sich generell nur sehr langsam aus. Es wird derzeit nicht davon ausgegangen, dass Bären sich in Bayern dauerhaft ansiedeln.  

2019 wurde bereits ein Bär in Tirol gesichtet. Auch auf bayerischer Seite wurden Spuren (Kot) im Sommer 2019 entdeckt (die Bestätigung erfolgte im Oktober). Es folgten einige Nachweise durch Trittsiegel und eine Fotofallenaufnahme (März 2020). Ansonsten blieb der Bär unbemerkt und unauffällig.

 

Trittsiegel Bär (Quelle: LfU)

Trittsiegel Bär (Quelle: LfU 2020)

 

 

Was bedeutet die erneute Anwesenheit nun für uns Menschen?

Bei Aufenthalten in der Natur ist es wichtig, sehr genau darauf zu achten, keine Essensreste und keinen Müll zurückzulassen – das würde die Tiere an bewohnte Gebiete gewöhnen (“habituieren”). Grundsätzlich sind die großen Beutegreifer scheue Tiere, die man kaum zu Gesicht bekommt.

Verhaltensregeln und FAQs: https://www.lfu.bayern.de/…/wil…/baer/faq_baer/index.htm

Zum Monitoring: https://www.lfu.bayern.de/…/baer/monitoring/index.htm
 
 

Aussehen

Der Europäische Braunbär (Ursus arctos) ist die größte Wildart bei uns und entsprechend furchtlos. Er kann bis zu 300 kg (weibliche Tiere ca. 25% weniger) auf die Waage bringen, aber ist immer noch deutlich kleiner als der Amerikanische Grizzly – und weniger aggressiv. Trotz seines stämmigen Körpers und den kurzen Beinen, ist er ein echter Triathlet: Er kann schnell rennen, klettern und schwimmen.

Ursus arctos

Ursus arctos

Verhalten

Von Mai bis Juli ist Paarungszeit. Männchen wandern dazu manchmal Hunderte von Kilometern. Den Rest des Jahres gehen Bär und Bärin getrennte Wege. Nach einer Keimruhe (die befruchtete Eizelle entwickelt sich zunächst nicht weiter) kommen im Januar und Februar die Jungen (2-3) zur Welt. Jetzt liegen die Bären meist in der Winterhöhle. Jungtiere bleiben 1 ½ bis 2 ½ Jahre bei ihren Müttern. Eine führende Bärenmutter hält sich von unbekannten Bärenmännern fern. Zu groß ist die Gefahr, dass er ihre Jungen tötet, damit sie paarungsbereit wird. Die jungen Weibchen siedeln sich gerne in der Nachbarschaft ihrer Mütter an. So entstehen richtige „Familiennachbarschaften“.

Bärenmama mit Nachwuchs

Bärenmama mit Nachwuchs

Streifgebiete von männlichen Bären können 130 km² bis 1600 km² erreichen. Die Gebiete der weiblichen Tiere sind kleiner: 60 km² bis 225 km². Wie auch bei Luchsen und Wölfen ist dies v.a. abhängig vom Nahrungsangebot. Braunbären sind nicht besonders territorial, Artgenossen werden geduldet. 

 

Nahrung

In unseren Breiten ist der Bär nur zum Teil Fleischfresser. Beeren, Bucheckern, Würmer, Insektenlarven und Fallwild sind fester Bestandteil seines Speiseplans in den Alpen: Hauptsache nahrhaft und ohne Anstrengung zu erreichen. Honig und Bienenbrut gehören zur Leibspeise aller Bären weltweit. Doch aufgrund seiner Größe kann der Braunbär auch jede andere Beute schlagen, von der Maus bis zum ausgewachsenen Hirsch. Meist lernt ein Bär schon in seiner Jugend, wie er sich gefahrlos und bequem versorgen kann. Wenn die Baummast üppig ausfällt, frisst sich der Bär seinen Winterspeck mit Buckeckern und Eicheln an.

Braunbär an Bienenstock - Bären in Bayern

Braunbär an Bienenstock

Schutzstatus

Der Bär ist nach einigen internationalen und nationalen Abkommen und Gesetzen geschützt, u.a.: die Berner Konvention, das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES), die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU (92/43/EWG, 22.7.92) mit Umsetzung im Bundesnaturschutzgesetz.

Der Bär unterliegt bei uns nicht dem Jagdrecht. Ausnahmen der Schutzverordnungen kann es auf Grund erheblicher Schäden oder unmittelbarer Gefahr geben. Dies ist in Bayern im Managementplan Bär geregelt.


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Ist die Fuchsjagd noch zeitgemäß?

oder auch: war sie das überhaupt einmal?

 

Seit 2015 ist in Luxemburg die Fuchsjagd verboten. Die Horrorszenarien, die seitens des lokalen Jagdverbands FSHCL, aber auch von den deutschen Kollegen seinerzeit projiziert wurden, sind nicht ansatzweise eingetreten: Umweltministerin Carole Dieschbourg bestätigte erst im vergangenen Jahr auf eine parlamentarische Anfrage der Opposition hin, dass es nach Jahren keine Indizien für eine Zunahme der Population der Füchse in Luxemburg gebe. Kontrollen und Zählungen mit Wildkameras würden eher auf einen stabilen, gleichbleibenden Bestand hindeuten. 

 

Fuchsjagd

Rotfuchs (Vulpes vulpes)

 

Ist die Fuchsjagd ein Auslaufsmodell?

 

Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als eine halbe Millionen Füchse erschossen oder mit der Falle gefangen. Ist das noch zeitgemäß?

 

Baujagd

Bei der Baujagd werden teilweise ganze Fuchsfamilien mit Hilfe von Jagdhunden aus ihrem Rückzugsrefugium und Ort der Jungenaufzucht – dem Bau – getrieben. Mutige Füchse lassen es auf einen Kampf ankommen, der im schlimmsten Fall für beide tödlich endet. Aus der Sicht des Schweizer Tierschutzrechts erfüllt die Ausübung der Baujagd gleich mehrfach den Tatbestand der Tierquälerei von Art. 26 TSchG. Im Kanton Thurgau wurde die Baujagd daher verboten. Hinzu kommt, dass die Abrichtung „raubwildscharfer“ Hunde für die Baujagd an lebenden Füchsen erfolgt: im Training kommen in sog. „Schliefanlagen“ bevorzugt junge, unerfahrene Füchse zum Einsatz, die zuvor per Lebendfallen gefangen wurden.

 

Fallenjagd: Schlagfallen und Fangbunker

Auch die Jagd mit Schlagfallen ist in Deutschland noch in nahezu allen Bundesländern zulässig. Hier wird das Opfer meist durch den Schlag eines Metallbügels auf Hals oder Brustkorb getötet – aber nur, wenn das Tier den Köder aus der richtigen Position mit dem richtigen Körperteil berührt. Wenn einer dieser Parameter nicht stimmt, resultiert dies in Quetschungen und blutigen Verletzungen bis hin zur Verstümmelung. Die gesetzlich vorgeschriebenen „Fangbunker“ können dabei weder die Selektivität noch die rasche Tötung des gefangenen Tieres gewährleisten. Häufig endet die Fallenjagd mit schwersten Laufverletzungen oder anderen Verstümmelungen.

 

Jagdgesetz: Schonzeiten fehl am Platz

Für Fuchswelpen bestehen in Deutschland nur in 4 Bundesländern Schonzeiten: Baden-Württemberg, Saarland, Berlin sowie Teilen Hessens. Überall sonst – wie auch in Bayern – dürfen sie das ganze Jahr über gejagt werden. Daher werden viele Jungfüchse bereits am Bau mit Schrot erschossen oder in speziellen Fallentypen wie der „Eberswalder Jungfuchsfalle“ gefangen, die auf den Bau aufgesetzt werden. Die in diesen Drahtgitterfallen gefangenen Jungfüchse werden daraufhin erschossen oder erschlagen. Selbst bei einer so statischen Jagdart wie der Ansitz- oder Lockjagd – bei der Füchse mit Nahrung oder auch dem Harn getöteter Fähen zum Hochsitz gelockt werden – ist dem Tier nicht immer ein schneller Tod gewährt. Studien aus England zeigten, dass auf jeden erschossenen Fuchs mindestens ein weiterer kommt, welcher nur verletzt wird. Von diesen angeschossenen Tieren wird lediglich ein kleiner Teil gefunden; die übrigen sterben nicht selten einen langsamen und qualvollen Tod.

 

Fuchswochen

Januar-Februar werden Füchse während den „Fuchswochen“ besonders intensiv verfolgt. Die Jagd ist dann einfacher, da sie sich in der sehr aktiven Paarungszeit befinden. Zudem sind die Tiere im Schnee besser zu sehen und Wechsel leichter zu finden. Am Ende werden oftmals mehrere Dutzend Füchse „zur Strecke gelegt“. Wenn Fuchsrüden nach erfolgreicher Paarung erlegt werden, ist die Fähe zur Zeit der Welpenaufzucht auf sich alleine gestellt. Würde sie ansonsten nach der Geburt bis zu 2 Wochen lang bei ihren hilflosen Welpen im Bau bleiben, während der Rüde sie mit Nahrung versorgt, muss sie nun selbst auf Nahrungssuche gehen. Zusatzbelastung und Nahrungsmangel können so die Konstitution von Mutter und Welpen erheblich beeinträchtigen und infolgedessen zu einer erhöhten Anfälligkeit für Erkrankungen wie z.B. Räude führen. Die stärkere Aktivität der Fähe erhöht zudem das Risiko, in dieser sensiblen Phase im Straßenverkehr umzukommen, was in der Regel den Tod des gesamten Wurfs nach sich zieht.

 

Jagd auf Füchse aus verhaltensökologischer Sicht

Intensive Bejagung wirkt sich nachhaltig auf das Verhalten von Füchsen aus. Sie erhöht die Fluchtdistanz und die generelle Scheu der Tiere. Biologe Darius Weber berichtet, dass in Revieren mit intensiver Baujagd Füchse nur noch selten ihren Bau aufsuchen würden.Die intensivierte Bejagung der Füchse zur Winterzeit hat auch unmittelbare negative Effekte für andere Tierarten: Während Jäger oft Spaziergänger im Wald ermahnen, dass das Wild gemäß §19a BJagdG nicht zu stören sei, da es gerade in der “Notzeit“ sonst zu einem unnötigen Energieverlust beim Wild käme, tragen Jäger selbst durch die intensive winterliche Jagd dazu bei, dass das Wild aufgeschreckt wird und flüchten muss. Für die Jagd auf Füchse gibt es aus ökologischer Sicht keinen vernünftigen Grund. Im Gegenteil: der Fuchs ist ein sehr nützliches Tier, denn er frisst jedes Jahr mehr als tausend Mäuse und dient als Gesundheitspolizei des Waldes.

Die gängigen Rechtfertigungen für die Fuchsjagd sind:  

  1. Regulation, Begrenzung oder Dezimierung der Fuchspopulation
  2. Schutz gefährdeter Tierarten, die zum Beutespektrum des Fuchses gehören
  3. Eindämmung von Wildkrankheiten
  4. Nutzung der erlegten Tiere

Aus biologischer Sicht sind diese Begründungen auf sehr wackeligem Fundament erbaut, was eine fundierte wissenschaftliche Analyse (Wildtierschutz Deutschland) deutlich zeigt:

  1. Generell hat die Jagd auf Füchse keine nachhaltig regulierende Wirkung auf den Bestand, da sich die Population nachgewiesenermaßen durch Territorialverhalten und natürliche Geburtenkontrolle selbst reguliert. Dies bewiesen Studien in Ländern, in welchen die Fuchsjagd eingestellt wurde (z.B. Luxemburg 2015) und die dortige Populationsdichte seither konstant blieb.
  2. Die Jagd auf Füchse ist kein geeignetes Mittel, um bedrohte Arten zu schützen. Im Gegenteil: Füchse und andere Beutegreifer erfüllen wichtige Aufgaben im heimischen Ökosystem. Sie schützen durch die Erbeutung kranker Tiere und die Beseitigung von Aas u.a. bedrohte Arten (wie z.B. Bodenbrüter) vor der Ausbreitung gefährlicher Seuchen. Sie leisten damit einen Beitrag zur Gesunderhaltung des gesamten Wildbestands. Die wahren Ursachen für den Rückgang vieler seltener Arten ist an anderer Stelle zu suchen, wie z.B. Klimawandel, Pestizideinsatz und dem damit verbundenen Insektensterben.

  3. Die Jagd ist kein geeignetes Mittel, um die Befallsrate mit Wildkrankheiten (z. B. Fuchsbandwurm) zu reduzieren, sondern begünstigt sogar deren Verbreitung (u.a. durch das erhöhte Fluktuationsverhalten einwandernder Füchse). Durch den Einfluss auf das Verhalten von Mäusepopulationen (Hauptreservoir für von Zecken übertragene Krankheiten wie z.B. Lyme-Borreliose) können Füchse die Infektionswahrscheinlichkeit von Menschen und Haustieren deutlich reduzieren. Eine Dezimierung von Füchsen ist vor diesem Hintergrund kontraproduktiv.

  4. Die Nutzung (z. B. Verwertung des Pelzes) stellt keinen vernünftigen Grund für die Tötung von Füchsen dar. Echtpelzprodukte sind unweigerlich mit Leid verbunden und es besteht hierzulande keinerlei Notwendigkeit für die Nutzung von Pelzprodukten als Modeaccessoire. Zudem ist nur ein kleiner Teil der Felle aus der Jagd für die Verwertung geeignet.

Im Folgenden werden die einzelnen Argumente näher erläutert:

  1. Bestandsregulierung

Oft wird als Begründung für die intensive Fuchsbejagung angegeben, dass der Fuchs ein Gewinner der Kulturlandschaft sei und daherzu zahlreich vorkäme. Die Fuchspopulation sei daher aktuell um ein Vielfaches höher als vor 40 Jahren. Diese Bestandsendwicklung ist jedoch nicht belegbar, da es damals noch weniger als heute möglich war, verlässliche Bestandszahlen zu ermitteln. Zweifelsohne hat es der Rotfuchs aufgrund seiner enormen Anpassungsfähigkeit, seiner flexiblen Sozialstruktur und seiner Intelligenz geschafft, in unserer modernen Kulturlandschaft zu bestehen. Aussagen über die Größe und Entwicklung einer Population heimlich lebender Tiere sind jedoch grundsätzlich fehlerbehaftet – v.a. dann, wenn zwischen den Erhebungen viel Zeit liegt und die Methodik variiert: In den 1970er und -80er Jahren grassierte die Tollwut, die die Fuchspopulation zumindest lokal deutlich dezimierte. Eine vorübergehend erhöhte Wachstumsrate in den ersten Jahren nach der Immunisierung ging bereits nach weniger als zehn Jahren zurück. Experten vermuten, dass sich die Bestände inzwischen auf dem natürlichen Niveau stabilisiert haben. Zudem können heutzutage technische Hilfsmittel wie z. B. Wildkameras eingesetzt werden. Generell muss man aber feststellen, dass eine Abschätzung der Fuchspopulation schwierig ist, da Zählungen von vielen Störfaktoren beeinflusst werden können (Wetter, natürliche Schwankungen der Population, Mehrfachzählungen etc.).

 

Schonung des Fuchses: Ein Erfolgsmodell

Oft wird behauptet, eine intensive Bejagung von Füchsen sei zur Regulation der Population notwendig, weil man in der Kulturlandschaft nicht von einer Selbstregulation sprechen könne. Dies konnte vielfach durch wissenschaftliche Studien und großflächige Feldversuche widerlegt werden. Tatsächlich funktioniert die Selbstregulation der Fuchspopulation hervorragend. Selbstregulation bedeutet dabei nicht, dass sich der Bestand selbstständig auf ein unnatürlich niedriges Niveau reduziert, sondern dass er sich auf einem den Umweltbedingungen angepassten und daher ökologisch verträglichen Niveau einpendelt. Jagd reguliert die Fuchspopulation nicht, denn sie wird durch Zuwanderung aus angrenzenden Gebieten, sowie durch steigende Geburtenraten kompensiert. Unter den aktuellen Umweltbedingungen in unserer mitteleuropäischen Kulturlandschaft ist die Jagd auf den Rotfuchs weder notwendig noch sinnvoll. Es gibt keine wissenschaftlichen Indizien dafür, dass die Bejagung in Fläche eine reduzierende oder „regulierende“ Wirkung auf Fuchsbestände hat; vielmehr zeigen Studien konsistent, dass Jagd die Fuchsdichte nicht reduziert. Inzwischen gibt es einige Gebiete, in denen die Jagd auf Füchse eingestellt wurde (z.B. Luxemburg, der Schweizer Kanton Genf, die Nationalparks Bayerischer Wald und Berchtesgaden, sowie in fuchsjagdfreien Großrevieren in ganz Europa). Nirgendwo ist es zu der stets von Jagdverbänden prognostizierten Bestandsexplosion oder einer Zunahme von Wildtierseuchen gekommen. In Luxemburg wurde Anfang 2015 die Fuchsjagd eingestellt – ohne negative Folgen, im Gegenteil: Die Geburtenrate ist relativ gering und die Populationsdichte bleibt konstant. Eine drastische Beschränkung der gesamten Jagd auf ein professionelles Wildmanagement hat im Schweizer Kanton Genf maßgeblich zu einer Erholung der Artenvielfalt beigetragen. Die Füchse im Nationalpark Bayerischer Wald werden schon seit Jahrzehnten nicht mehr bejagt und bekommen, wie weniger Nachkommen als in den angrenzenden Landkreisen. Es kommt ohne Bejagung also nicht zu einer massiven Bestandszunahme – das Gegenteil der Fall. Regulation ist somit keine Rechtfertigung für das Töten von Füchsen.

 

Sozialverhalten und natürliche Geburtenkontrolle

Füchse sind als Mitglieder der Familie der Hundeartigen ausgesprochen soziale Tiere. Ein Familienverband besetzt ein Revier und verteidigt es gemeinsam gegen andere Füchse. In einer stabilen Population paaren sich bei intaktem Sozialsystem nur die beiden Elterntiere, die übrigen Fähen werden durch sozialen Druck an der Paarung gehindert. Bei manchen kommt es gar nicht erst zum Östrus; Studien zeigen zudem, dass in-utero-Verluste nach einer Befruchtung subdominanter Füchsinnen auftreten. Die Wurfgrößenvariieren von 4-6 Welpen, je nach individuellen Verhältnissen im Revier: bei geringer Nahrungsverfügbarkeit oder hoher Dichte sind sieniedriger; bei intensiv bejagten Populationen sind sie deutlich höher ist als in unbejagten. Dadurch besteht eine effektive soziale Geburtenkontrolle, die eine Überpopulation verhindert. „Geburtenbeschränkung statt Massenelend“, ist ein berühmtes Zitat von dem Biologen Erik Zimen. Ein Abschuss der jüngeren Fähen ändert nichts an der Zahl der gebärenden Fähen im Familienverband und führt ggf. durch die erhöhte Nahrungsverfügbarkeit zu einem Anstieg der Wurfgröße. Der Abschuss einer dominanten Fähe eröffnet sogar allen übrigen Fähen die Möglichkeit zur Paarung. Dadurch kann es zu einem starken Zuwachs kommen. Somit ist klar, dass die Jagd auf Füchse deren Bestand nicht reguliert oder begrenzt, sondern durch die Außerkraftsetzung der natürlichen sozialen Geburtenkontrolle die Reproduktionsrate erhöht. Besonders intensiv werden Füchse während der „Fuchswochen“ mitten in der Ranzvon Dezember-Februar bejagt – eine Zeit, in der sie unvorsichtig und besonders aktiv sind. Doch gerade die Bejagung während der Paarungszeit verhindert, dass sich ein stabiles Sozialsystem, ein stabiles Reviersystem, eine etablierte Rangordnung und eine beständige Paarbindung herausbilden kann. Die Fortpflanzung bleibt dadurch nicht auf das dominante Paar beschränkt, sondern alle Füchse nehmen am Reproduktionsgeschehen teil. Die sich unter stabilen Bedingungen einstellende Populationsdichte wird maßgeblich von den Umweltbedingungen ihrer Reviere (insb. Nahrungsverfügbarkeit) vorgegeben. Die beschriebenen sozialen Regelmechanismen regulieren die Geburtenrate entsprechend. Sie sind im Sozialverhalten der Füchse verankert und funktionieren völlig unabhängig vom Lebensraum, also sowohl in völlig naturbelassenen Gebieten, sowie im Kulturland. Dabei unterscheidet sich lediglich die Kapazität der jeweiligen Lebensräume: Kann z. B. die Stadt vielen Füchsen eine ausreichende Lebensgrundlage bieten, sind die Familienverbände größer und die Fuchsdichten höher. Der prozentuale Anteil der gebärenden Fähen sinkt dabei. In kargeren Gegenden wie etwa in mitteleuropäischen Wäldern sind Fuchsreviere größer und die Fuchsdichten geringer.

Rotfuchswelpen am Tollen (AdobeStock)

 

  1. Bedrohte Arten

Der Einbruch der Bestände in den vergangenen Jahrzehnten seltener Arten (z.B. Rebhühner) hat seine Ursache nicht in einer vermeintlich stärkeren Prädation durch Beutegreifer. Studien zeigen, dass eine Vielzahl von Einflussfaktoren die Situation verschärft und damit zum Artenrückgang geführt haben:

 

  • Klimatische Veränderungen
  • Zerstörung natürlicher Lebensräume (z. B. Straßen- & Siedlungsbau)
  • Intensive landwirtschaftliche Nutzung und der Einsatz von Pestiziden
  • Schwindendes Nahrungsangebot (z. B. Insektensterben)
  • Illegale Jagd auf Zug- & Singvögel

 

Studien zeigen, dass Füchse einen vergleichsweise geringen Einfluss auf den Rückgang seltener Arten haben. Erfahrungsgemäßtäuscht die Schuldzuweisung an Prädatoren darüber hinweg, wo die tatsächlichen Probleme liegen. Sie verhindern, überfällige und wirklich effektive Maßnahmen anzugehen. Z.B. eine grundlegende Reformierung der Jagd hin zu einem professionellen Wildmanagement, ein Richtungswechsel bei der Gestaltung landwirtschaftlicher Flächen sowie großangelegte Renaturierungsprojekte, welche die Wiederherstellung ursprünglicher Naturflächen und die Wiedervernetzung von Lebensräumen zum Ziel haben müssten und nicht die Bevorteilung einzelner als schützenswert oder jagdlich interessant erachteter Tierarten. Artenvielfalt und natürliches Gleichgewicht können sich am besten entwickeln, wenn der Mensch nicht versucht, sie nach seinen Vorstellungen zu manipulieren. Abgesehen davon, dass Füchse mit üblichen jagdlichen Mitteln nicht zu dezimieren sind, zeigt eine Vielzahl an Studien aus dem In- und Ausland, dass die Bejagung von Füchsen bedrohten Tierarten auch nicht hilft. Einige Untersuchungen kommen zwar zu dem Ergebnis, dass man unter bestimmten Lebensraumbedingungen und einer intensiven Bejagung des Fuchses eine größere Anzahl an Rebhühnern oder Feldhasen abschießen kann, ohne deren Bestand zu dezimieren. Füchse sind Nahrungsopportunisten und bedienen sich stets der Beute, die am leichtesten verfügbar ist. Während der Fuchs als ausgesprochener Nützling für Land- und Forstwirtschaft in der Rolle als Mäusevertilger aktiv ist und in der Kulturlandschaft einen reich gedeckten Tisch vorfindet, ist die Suche nach Nistplätzen bedrohter Arten demgegenüber wenig erfolgversprechend. Dieser Mechanismus, der in der Natur das Seltene zuungunsten des Häufigen schützt, wird „Schwelleneffekt“ genannt. Ein bemerkenswerter Beleg für das Fehlen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Fuchspopulation und Rückgang der Hasenpopulation ist die Situation auf der Nordseeinsel Pellworm. Dort gibt es keine Füchse und dennoch verzeichnet man dort denselben Rückgang der Hasenpopulation wie auf dem Festland. Als Ursache wurde auch dort primär die intensive Landwirtschaft identifiziert. Damit soll nicht in Abrede gestellt werden, dass bei besonders ungünstigen Lebensraumbedingungen Beutegreifer durchaus einen negativen Effekt auf bedrohte Beutetierpopulationen besitzen können. Wo ausgeräumte, deckungs- und nahrungsarme Landschaften schlechte Voraussetzungen für bodenbrütende Vögel schaffen und diese dazu gezwungen sind, bei der Partnerwahl, Nahrungs- und Nistplatzsuche erhebliche Risiken einzugehen, ist die Gefahr naturgemäß größer, einem Beutegreifer zum Opfer zu fallen. Will man diese Populationen fördern, muss man jedoch an der Renaturierung ihres Lebensraums ansetzen; mit dem Töten von Füchsen ist ihnen nicht geholfen. Dieses stellt letztlich, wie belegt wurde, nicht nur keine sinnvolle Maßnahme im Sinne des Artenschutzes dar, sondern birgt sogar Gefahren – gerade für bedrohte Arten: Beutegreifer tragen nämlich maßgeblich zu einem gesunden Bestand ihrer Beutetiere bei, indem sie insbesondere kranke Tiere erbeuten und Aas beseitigen. Zu Zeiten von Geflügelpest (“Vogelgrippe“), Myxomatose (bei Kaninchen) und Hasenpest (Tularämie) ist es kontraproduktiv, sie zu bejagen. Der Tod eines kranken Tieres durch einen Beutegreifer kann dazu beitragen, das Leiden des betroffenen Individuums zuminimieren, die mögliche Ansteckungsphase für andere Tiere zu verkürzen und die Ausbreitung von Parasiten, Krankheiten und Seuchen zu erschweren. Füchse tragen also zu einem gesunden Bestand ihrer Beutearten bei, indem sie Krankheitsherde soforteliminieren, und sichern diesen somit als Art paradoxerweise das Überleben; ein unersetzlicher Mechanismus, der durch menschliche Eingriffe unmöglich nachzubilden ist und schon seit Millionen von Jahren funktioniert. Darüber hinaus stellt die Jagd in den Lebensräumen bedrohter Arten einen zusätzlichen Störfaktor dar, der etwa das Brutgeschehen von Bodenbrütern negativ beeinflussen kann. Auch der Prädationsdruck kann verstärkt werden: Wird ein territorialer Fuchs getötet, so besitzt das freigewordene Fuchsrevier eine regelrechte Sogwirkung auf reviersuchende Jungfüchse.

 

  1. Wildkrankheiten: Jagd ist Teil des Problems

Insgesamt ist die Fuchsjagd nicht dazu geeignet, die Verbreitung von Krankheiten zu verhindern, sondern begünstigt eher eine Ansteckung von Füchsen untereinander: Durch die Zerstörung etablierter Sozialstrukturen und stabiler Fuchsreviere kommt es zwangsweise zu mehr Kontakten. Durch die jagdlich bedingt unnatürlich hohe Sterberate, die daraus resultierende Lebenserwartung von weniger als zwei Jahren, sowie die gesteigerte Geburtenrate wird die Altersstruktur der Fuchspopulation drastisch verändert. Der Anteil an Jungfüchsen steigt an und viele von ihnen müssen im Herbst auf der Suche nach einem eigenen Revier oft über weite Strecken abwandern und sich dabei mit Konkurrenten körperlich auseinandersetzen. Dadurch steigt letztendlich die Gefahr von Ansteckung und Verschleppung von Krankheiten in andere Gebiete. Zusätzlich können Jagddruck, Stress und andere Faktoren bewirken, dass die allgemeine Kondition der Tiere sinkt und die Anfälligkeit für Krankheiten und Parasiten steigt. Deshalb ist die Jagd auf Füchse auch im Hinblick auf die Eindämmung von Wildkrankheiten kontraproduktiv. Ebenso wenig sinkt das Infektionsrisiko von Menschen mit Erkrankungen, die durch Wildtiere übertragen werden. Im Gegenteil: Es ist sogar davon auszugehen, dass die Fuchsjagd die Ausbreitung diverser Wildtierkrankheiten fördert und damit Tiere sowie Menschen nicht schützt, sondern unnötig gefährdet.

Fuchsbandwurm

Immer wieder wird behauptet, Füchse müssten wegen des Fuchsbandwurms zum Schutz der Bevölkerung bejagt werden. Tatsächlich ist der Fuchsbandwurm zur Rechtfertigung vollkommen ungeeignet, denn die Bejagung kann die Befallsrate von Füchsen nicht senken, jedoch sogar nachweislich erhöhen. Zudem wird die Gefahr häufig dramatisiert, wofür es bei sachlicher Betrachtung der Faktenlage keinerlei Anlass gibt. Der bekannte Begriff „Fuchsbandwurm“ (Echinococcus multilocularis) ist irreführend und hat das Image des Fuchses negativ beeinflusst. Während der Name suggeriert, dass nur Füchse den Parasiten als Endwirt tragen und verbreiten können, können ebenso gut Hunde oder Katzen betroffen sein. Die Tiere infizieren sich, wenn sie befallene Mäuse fressen, die den Parasiten als Zwischenwirte dienen. Die Mäusepopulation spielt im Lebenszyklus des Fuchsbandwurms eine wesentliche Rolle. Diese nehmen die Eier mit der Nahrung auf, tragen den Parasiten dann als Zwischenwirte in sich und werden wiederum von Beutegreifern (z. B. Hund, Katze, Fuchs) gefressen. Im Endwirt bildet der Parasit dann neue Eier aus, die wiederum über den Kot ausgeschieden werden. Durch ihren engen Kontakt zum Menschen geht von Haustieren daher ein wesentlich größeres Risiko aus als von wildlebenden Füchsen. Der Abschuss von Füchsen verringert somit nicht die Wahrscheinlichkeit, dass sich Tiere über den Verzehr befallener Mäuse mit dem Bandwurm infizieren. Eine Ansteckung mit dem Parasiten ist für einen Menschen dennoch extrem unwahrscheinlich. Der Mensch stellt für den Parasiten einen Fehlwirt dar und kann bei einem Befall (alveolären Echinokokkose) nach vielen Jahren dennochlebensbedrohliche Schäden an der Leber erleiden. Wie Prof. Kern vom Uniklinikum Ulm klarstellt, gibt es keinerlei Belege für eine Fuchsbandwurminfektion durch den Verzehr von Obst oder Waldbeeren. Das Erhitzen auf über 60°C tötet den Fuchsbandwurm zuverlässig ab; in aller Regel genügt bereits gründliches Abwaschen. Als primärer Infektionsweg wird heute vielmehr die Aufnahme von Bandwurmeiern durch den Umgang mit nicht entwurmten Haustieren angesehen. Daher sollte man auf eine gute Hand- und Lebensmittelhygiene achten und die Haustiere konsequent entwurmen. Als besondere Risikogruppen gelten zudem Landwirte, Waldarbeiter, Förster und Jäger. Bei Risikogruppen oder bei Verdacht kann mittels Bluttest der Befall frühzeitig erkannt und behandelt werden. Laut infektionsepidemiologischem Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten des RKI gibt es pro Jahr deutschlandweit 30-40 Neuinfektionen mit der alveolären Echinokokkose. Da die Tötung vermeintlich befallener Füchse nicht selektiv erfolgt, kann sie die Befallsrate auch nicht reduzieren. In einer im Oktober 2017 veröffentlichten Studie aus Frankreich wurde nachgewiesen, dass eine Intensivierung der Fuchsjagd zu einem Anstieg der Befallsrate von Füchsen mit dem Fuchsbandwurm geführt hat. Die Studie bezeichnet die Bejagung als ungeeignete Methode zur Bekämpfung des Fuchsbandwurms und empfiehlt stattdessen, den Einsatz von Entwurmungsködern. Da Bejagung die Geburtenraten in die Höhe treibt, führt sie zu einer größeren Anzahl junger Tiere. Allerdings zeigen diese jungen Tiere Studien zufolge einen stärkeren Befall des Darmtraktes mit ausgewachsenen Exemplaren des Fuchsbandwurms als Alttiere. Wie bei vielen anderen Erkrankungen, entwickeln Füchse im Laufe ihres Lebens Abwehrmechanismen gegen Echinococcus multilocularis. Insofern kann man schlussfolgern, dass bei bejagten und daher künstlich verjüngten Fuchspopulationen mehr Eier des Fuchsbandwurms in die Umwelt gelangen, als dies bei einem Bestand mit natürlicher Lebenserwartung der Fall wäre. Das bedeutet, dass durch die Jagd auch aus diesem Grund das Risiko für den Befall des Menschen mit dem Fuchsbandwurm ansteigen kann. Will man den Fuchsbandwurm bekämpfen, so muss man vielmehr an seinem Verbreitungsmechanismus ansetzen. Im Rahmen einer Studie der TU München im Landkreis Starnberg konnte die Befallsrate der Füchse durch das Auslegen von Entwurmungsködern von 51% im Jahr 2003 auf nur noch 0,8% im Jahr 2007 reduziert werden. Um nachhaltigen Erfolg bei Entwurmungsaktionen zu erreichen, ist allerdings eine Minimierung von Wanderbewegungen in der Fuchspopulation wichtig, da einwandernde Füchse den Bandwurm ansonsten erneut einschleppen.

 

Räude (Grasmilben)

Häufig wird angenommen, Räude führt unausweichlich zu einem langsamen Tod, Haustiere würden sich bei Füchsen mit Räude infizieren und Jagd beuge jener Ausbreitung vor. Jedoch wurden Fälle beobachtet, in denen Räude bei Füchsen ohne jegliche Behandlung ausgeheilt ist. Verantwortungsvolle Hundehalter beugen vor, insbesondere wenn der Verdacht besteht. Beim Menschen führt ein Kontakt schlimmstenfalls zu einer vorübergehenden Hautreaktion. Räude befällt vor allem Wildtiere, deren Immunsystem geschwächt ist. Der hohe Jagddruck auf Füchse und der damit verbundene Stress kann durchaus das Immunsystem der Füchse schwächen und damit erst den Weg für einen Befall mit der sog. „Sarkoptesräude“ frei machen. Hier hat sich gezeigt, dass Füchse nach durchlebtem Befall eine erhöhte Resistenz gegen die Milben ausbilden können. Bei der Bejagung kommen auch Füchse um, die bereits eine Resistenz ausgebildet haben. Die genetische Ausstattung, die diesen Tieren das Überleben der Räude ermöglicht oder sie vor einer Ansteckung bewahrt hätte, wird dabei mit ausgelöscht (Fehlselektion). Weiterhin wird der Fuchsbestand durch die intensive Bejagung sehr jung gehalten. Alte Füchse, die im Laufe ihres Lebens ein starkes Immunsystem aufbauen konnten, gibt es kaum. In Deutschland sterben die meisten Füchse bereits vor ihrem ersten Geburtstag (hauptsächlich durch Straßenverkehr oder Jagd), und die durchschnittliche Lebenserwartung liegt deutlich unter 2 Jahren, während ein Rotfuchs eine Lebenserwartung von bis zu 15 Jahren hat. Da es durch Bejagung zu steigenden Geburtenraten und damit einem größeren Anteil reviersuchender Jungfüchse kommt, erhöht sich darüber hinaus das Risiko, dass die Räudemilben im Rahmen von Revierkämpfen übertragen und in neue Gebiete eingeschleppt werden. Während es also keinen Grund zu der Annahme gibt, dass Bejagung die Räude eindämmt, legen Erkenntnisse über diePopulationsdynamik nahe, dass genau das Gegenteil der Fall ist: intensive Bejagung erhöht womöglich die Wahrscheinlichkeit, dass Füchse sich mit Räude infizieren.

 

Tollwut

Der letzte Fall von Tollwut bei einem Fuchs in Deutschland wurde 2006 dokumentiert. Seit 2008 gilt Deutschland offiziell nach den Kriterien der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) als frei von klassischer/terrestrischer Tollwut. Die noch immer verbreitete Fledermaustollwut wird nicht von Füchsen verbreitet. In den 1970ern versuchte man in Europa, die Tollwut durch die intensive Bekämpfung von Füchsen mithilfe von Giftgas einzudämmen. Allerdings gab es nach mehr als 20 Jahren mehr Füchse als zuvor, und die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Tollwut nahm zu, statt zu sinken. Gegen Ende der 1980er Jahre setzte sich schließlich die Erkenntnis durch, dass die Tötung ein völlig ungeeignetes Mittel darstellte: Einerseits vermochte man damit die Fuchsdichte nicht zu reduzieren, andererseits wurde der Tollwuterreger durch die verstärkte Migration reviersuchender Jungfüchse noch schneller verbreitet. Erst durch den großflächigen Abwurf von Impfködern aus Flugzeugen konnte die Tollwut besiegt werden. Experten gehen davon aus, dass es im Rahmen einer Bejagung zu einer höheren Kontaktrate kommt (Zerstörung der sozialen Strukturen mit daraus resultierenden vermehrten Revier- und Rangordnungsstreitigkeiten) und die Kontakte zudem aggressiver verlaufen, als es ohne Störung der Fall ist. Da so eine Übertragung von Erkrankungen stattfinden kann, geht man davon aus, dass die Jagd die Ausbreitung von Erkrankungen eher beschleunigt. Zudem zeigten wirtschaftliche Analysen, dass die Kosten für die Bekämpfung der Füchse jene für die Tollwutimmunisierung um das 13-fache überstiegen.

 

Staupe

Die Staupe ist eine Viruserkrankung, die insbesondere Hunde- und Katzenartige befällt. Eine Infektionsgefahr für Menschen besteht nicht; durch Impfung können Haushunde zuverlässig vor einer Erkrankung geschützt werden. Unter wild lebenden Füchsen ist die Staupe jedoch eine häufig auftretende und meist tödliche Erkrankung. Da die Übertragungswege von Tollwut und Staupe ähnlich sind, ist auch hier davon auszugehen, dass die Bejagung von Füchsen die Infektionsausbreitung eher fördert als hemmt. Die meist fehlmotivierten Eingriffe durch Menschen können grundsätzlich kein Ersatz für die komplexen natürlichen Selektionsmechanismen sein, zu denen eben auch Krankheiten zählen.

 

Borreliose und Hanta-Virus

Viel zu selten wird berücksichtigt, dass Füchse eigentlich wichtige Verbündete von uns Menschen sind: in der Land- und Forstwirtschaft, aber auch bei der Krankheitsbekämpfung. Füchse ernähren sich zu einem Großteil von Mäusen und jeder einzelne vertilgt im Laufe eines Jahres ca. 4.000 Mäuse. Damit werden hohe wirtschaftliche Schäden in der Land- und Forstwirtschaft verhindert. Der Fuchs arbeitet kostenlos und ökologisch verträglich, ganz im Gegensatz zu dem Einsatz von Giften. Diese kommen in der Landwirtschaft zum Einsatz und können auch für viele andere Beutegreifer (z. B. für Greifvögel, im Rahmen einer Sekundärvergiftung), Haustiere und letztendlich auch für uns Menschen eine Gefahr darstellen. Desweiteren können Rötelmäuse das Hanta-Virus übertragen. Aktuell ist ein deutlicher Anstieg von Infektionen beim Menschen festzustellen, die schwere Erkrankungen auslösen und sogar zum Tod führen können. In Anbetracht dieser Tatsache erscheint es fahrlässig, einen der eifrigsten Mäusejäger intensiv zu bejagen. Eine aktuelle Studie aus den Niederlanden zeigt außerdem, dass Füchse das Risiko für eine Ansteckung des Menschen mit der Lyme-Borreliose reduzieren können. Zecken infizieren sich bei Mäusen u.a. mit dem Borreliose-Erreger. Die Nachstellung durch Füchsen führt offenbar dazu, dass Mäuse sich häufiger innerhalb statt außerhalb ihrer Baue aufhalten und dadurch seltener von Zecken gebissen werden. Infolgedessen sinkt die Häufigkeit von Borrelioseinfektionen bei Mäusen, ebenso wie der Anteil an Zecken, die den Erreger übertragen können. Dadurch sinkt dort, wo Füchse und andere kleine Beutegreifer zahlreich sind, das Borreliose-Infektionsrisiko für den Menschen. Auch aus diesem Grund wäre eine Reduktion von Füchsen keineswegs wünschenswert.

 

  1. Verwertung oder Nutzung der erlegten Füchse

Ein zu beobachtender Trend ist es, die Tötung der Füchse durch Verwertung zu rechtfertigen. Das kann beispielsweise die Nutzung des “Balges“ sein oder auch die Untersuchung der toten Tiere zu Forschungszwecken bzw. zum Monitoring von Wildkrankheiten. Damit soll ein laut §17 Tierschutzgesetz geforderter „vernünftiger Grund“ für das Töten eines Tieres konstruiert werden. Der Tierschutz ist seit 2002 als Staatsziel im Grundgesetz verankert und hat im Gegensatz zur Jagd Grundrechtsstatus. Da sich die Jagd in vielen Bereichen nicht mit den Regelungen im Tierschutzgesetz vereinbaren lässt, wurde sie dort z. T. explizit von Regelungen ausgenommen. So sind unter dem Deckmantel der „Waidgerechtigkeit“ Handlungen an Tieren legal, die unter anderen Umständen strafbar wären. Jedenfalls ist die gelegentliche Verwertung von Fuchspelzen kein vernünftiger Grund, der den Tod von bundesweit jährlich bis zu 550.000 Füchsen rechtfertigen könnte. Aufgrund von großflächigen Verletzungen durch Schusswunden, Hundebissen, Krankheiten, oder auch jahreszeitlich bedingt durch den Fellwechsel, eignen sich jedoch bei weitem nicht alle Felle für eine Verwertung. Das wird besonders deutlich, wenn man sich Bilder von Jagdstrecken z. B. nach den Fuchswochen ansieht. Weiterhin wird dazu beigetragen, dass Pelz generell wieder salonfähiger wird, wodurch indirekt auch die klassische Pelztierzucht gefördert wird. Auch die jährlich an einigen wenigen Opfern der Fuchsjagd durchgeführten Untersuchungen zu wissenschaftlichen Zwecken rechtfertigen den Tod der vielen Füchse nicht. Diese Untersuchungen kann man genauso gut an Fallwild durchführen (z. B. Straßenverkehr).

 

 

Fazit: Die Fuchsjagd hat keine Berechtigung im 21. Jahrhundert!

 

Wie wir sehen konnten, sind die häufigen Argumente zur Rechtfertigung der Fuchsjagd wenig plausibel. Es sind Thesen, die nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, sondern aus Unwissenheit geäußert werden. Umwelt-, Natur-, Arten- und Wildtierschutz bewegen sich im Spannungsfeld vieler Interessengemeinschaften. Ohne weitreichende Maßnahmen zum Schutz und zur Schaffung von ursprünglichen Naturflächen, die einen reichhaltigen Lebensraum für alle Wildtiere bieten, wird sich die ernste Situation für viele Tierarten in Deutschland nicht verbessern. Die Jagd auf Füchse leistet hierzu keinen sinnvollen Beitrag, sondern schadet der Tierweltund letztendlich auch uns Menschen. Anstatt über die tatsächlichen Missstände in unserer Kulturlandschaft hinwegzutäuschen, müssen sinnvolle Konzepte erarbeitet und durchgesetzt werden. Dass es auch ohne Fuchsjagd nicht zu einem unnatürlichen Anstieg im Fuchsbestand kommt, zeigen die oben erwähnten Beispiele von Gebieten, in denen die Fuchsjagd eingestellt wurde. Tatsächlich zeigen zahlreiche Studien sowie die jahrzehntelange Erfahrung etwa bei der Tollwutbekämpfung, dass Füchse mit jagdlichen Maßnahmen nicht nachhaltig dezimiert werden können. Die soziale Geburten- bzw. Dichtekontrolle reguliert auf natürliche Weise die Bestände, und zwar auch in der Kulturlandschaft. Mittlerweile ist bei kaum einem anderen Tier wie beim Fuchs so gut erforscht, dass eine Bejagung weder zum Zweck der Regulation, noch zum Schutz von gefährdeten Tierarten oder aus sonst einem Grund nötig ist. Immer mehr Wissenschaftler, Naturschützer und progressive Jäger verweisen auf die Vielzahl an wissenschaftlichen Arbeiten, die die Sinnlosigkeit der Fuchsbejagung belegen. Dennoch findet dies bislang kaum Niederschlag in der Gesetzgebung. Während andere Ländern wie Luxemburg und Schweiz Vorbildfunktion haben könnten, weigert man sich in Deutschland weiterhin, die nötigen Konsequenzen aus der wissenschaftlichen Erkenntnislage einerseits und dem gewachsenen Bewusstsein der Menschen für den Naturschutz zu ziehen.

 

Wir fordern daher eine Novellierung des deutschen Jagdrechts hinsichtlich:

  • Verbot der Fallenjagd
  • Verbot der Baujagd
  • Schonzeiten in allen Bundesländern: sofortige Einstellung der „Fuchswochen“

Zuguter Letzt noch eine Podcast Empfehlung zum Thema Füchse.

Zu Gast bei Peter Wohlleben ist Sophia Kimmig. Sie ist Autorin und Wildbiologin und erforscht, wie sich Wildtiere an die sich verändernden Lebensumfelder anpassen – aktuell am Beispiel des Fuchses in Berlin. Beide unterhalten sich darüber, warum man einen Fuchs 10-15 mal öfter in der Stadt als auf dem Land treffen kann, wieso er sich trotz seiner Flauschigkeit nicht als Haustier eignen würde und wie die gegenseitige Neugier von Mensch und Tier beim Zusammenleben helfen kann. Darüber hinaus erfahren wir, warum man Beeren im Wald problemlos naschen darf!

Für alle Hörer des Podcasts gibt es eine Gratis Ausgabe von Peter Wohllebens Magazin “Wohllebens Welt”. Einfach hier klicken: www.geo.de/wohlleben-gratis



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Buchtipp: Deutschlands Wilder Osten

Im Land von Kranich, Wolf und Adler

Axel Gomille

Das Ende der DDR war auch für die Natur ein Glücksfall. In der Übergangsphase nach dem Mauerfall wurden große Naturräume unter Schutz gestellt und es traten einige neue Gesetze in Kraft. Bedrohte Tiere begannen sich zu erholen, verschwundene Arten kehrten zurück. Heute bevölkern wieder Kraniche, Wölfe, Seeadler und viele andere seltene Wildtiere Deutschlands Natur zwischen Ostseeküste und Sächsischer Schweiz. Es sind einzigartige Erfolgsgeschichten, wie man sie hierzulande im Naturschutz nur selten erlebt. Der Bildband DEUTSCHLANDS WILDER OSTEN begibt sich auf Spurensuche nach unseren beeindruckendsten Wildtieren und zeigt zudem die historischen Ereignisse auf, die die Grundlage für die Schaffung der Nationalparks und weiterer Schutzgebiete im Osten Deutschlands waren. Der renommierte Naturfotograf und Zoologe Axel Gomille hat diese Entwicklung vor und nach der Wende bis heute miterlebt. Seine außergewöhnlichen Fotos aus freier Natur und kenntnisreichen Texte präsentieren eine faszinierende Wildnis mitten in Deutschland.


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Wenn ich mal groß bin, möchte ich Naturschutzhund werden!

von Franziska Baur

 

Hundeschnauze Naturschutzhund

Naturschutzhund: Hocheffektive Spürnase (Foto: Baur)

 

Was ist eigentlich ein Naturschutzhund? Dies ist ein speziell ausgebildeter Spürhund, welcher im Dienste des Natur- oder Artenschutzes arbeitet: z.B. die Suche nach Kadavern rund um Windenergieanlagen, das Aufspüren von Fledermausquartieren oder die Identifizierung von Borkenkäfer-geplagten Fichten. Oder in unserem Fall: das gezielte Aufspüren von Losung (Kot) bestimmter Wildtierarten: Wolf, Luchs und Goldschakal. Als Verhaltensbiologin und Ökologin begleiten mich diese Tiere seit deren Pfoten sie wieder in ihre Heimat tragen. Insbesondere Wölfe rufen auf tiefenpsychologischen Ebenen vielfältigste Emotionen hervor – positiv wie negativ. Daher ist nicht nur die auf Fakten basierende Diskussion, sondern auch die Erinnerung an die natürliche Verbindung von Mensch zur Wildnis essentiell für eine friedliche Koexistenz. Wölfe sind – wie wir – Teil unseres Ökosystems und besitzen ein unanfechtbares Existenzrecht. Lediglich einen Wimpernschlag lang waren sie hierzulande verschwunden, ausgerottet durch menschliche Zerstörungswut, basierend auf einer durch und durch anthropozentrischen Weltanschauung. Nur dank zahlreicher Schutzmaßnahmen und einem andauernden Bewusstseinswandel konnten sie zurückkehren. Damit Wolf, Luchs und Co. jedoch dauerhaft in Bayern “Pfote fassen” können, benötigt es – neben einer breiten Akzeptanz – unbedingt flächendeckenden, professionellen Herdenschutz und intensive Unterstützung der WeidetierhalterInnen, weshalb das Projekt LIFEstockProtect (www.lifestockprotect.info) gegründet wurde.

(Foto: Morbach)

Und hier kommt meine Hündin Murmel ins Spiel: die freche Mischlingsdame aus Labrador und Australian Shepherd wird im Rahmen dieses EU-Herdenschutzprojektes als Spürhund für Wolf, Goldschakal und Luchs ausgebildet. Dies geschieht durch den österreichischen Verein „Naturschutzhunde“ (www.naturschutzhunde.at) und zusätzlich viel Training in Eigenregie. Die erste Zertifizierung haben wir bereits erhalten: die A-Prüfung – die Flächensuche nach den entsprechenden Zielgerüchen. Auf einer 0,5 ha großen Fläche werden 5 Geruchsquellen ausgebracht. Neben den Proben des Zielgeruchs müssen auch Geruchsquellen von mindestens einer anderen Tierart ausgebracht werden. Kommt der Hund zur Anzeige, dann muss er die Geruchsquelle punktgenau anzeigen und darf diese nicht manipulieren. Als nächstes steht der B-Teil an: Entlang einer 2 km langen Strecke werden 7-10 Geruchsquellen der zum Auffinden trainierten Tierart ausgelegt. Kommt der Hund zur Anzeige, dann muss die Hundeführerin die Lage des Fundes mit Hilfe einer GPS-Position beschreiben. Die allgemeine Beurteilung beinhaltet die Umsetzung der gestellten Aufgabe und die Zusammenarbeit mit dem Hund. Beim Hund werden in der allgemeinen Beurteilung die Selbständigkeit in der Suche, das Suchverhalten und die Beweglichkeit beurteilt. Beurteilungskriterien dafür sind, wie schnell und exakt der Hund anzeigt. Ist diese Hürde geschafft, ist das Team fertig zertifiziert und darf offiziell in den Einsatz gehen. Durch die sehr effektive Arbeit der Spürhunde (bei jedem Wetter und Gelände) können so genetische Proben im Rahmen des Monitorings die Anwesenheit großer Beutegreifer bestätigen, sowie deren Herkunft und Geschlecht offenbaren. Dies hilft z.B. WeidetierhalterInnen, zeitnah Schutzmaßnahmen einzuleiten, Konflikten präventiv vorzubeugen oder kann – im Falle eines Risses – zur Klärung des Verursachers beitragen.

Spürhunde-Team Naturschutzhund

Naturschutzhund: Frisch zertifiziertes Spürhundeteam (Foto: Baur)

 

Das Ziel des länderübergreifenden Herdenschutzprojektes LIFEstockProtect ist, optimierte Herdenschutzmaßnahmen im deutschsprachigen Alpenraum umzusetzen. Das 5-jährige EU-Projekt (2020-2025) findet in Österreich, Deutschland und Italien statt. Im Fokus stehen Zusammenarbeit mit LandwirtInnen und Wissensvermittlung zum Thema Herdenschutz. Durch professionelle Aus- und Weiterbildung wird mit LandwirtInnen z.B. korrekter Zaunbau und der Einsatz von Herdenschutzhunden optimiert. Dazu werden 20 Herdenschutz-Kompetenzzentren in den drei Projektländern entstehen, in denen Schulungen und Workshops für LandwirtInnen, HirtInnen und HerdenschutzberaterInnen stattfinden. Intensive Öffentlichkeits- und Medienarbeit spielt eine zentrale Rolle bei der Reduktion von Konflikten zwischen Menschen und großen Beutegreifern. Die NATURSCHUTZHUNDE bilden für das Projekt mindestens 20 Spürhunde für den Nachweis von Wolfsvorkommen und anderen großen Beutegreifern aus. Durch den Nachweis von Kot-Spuren und Rissbegutachtungen werden wichtige Daten gesammelt und Nachweise ermöglicht, die in allen Regionen des Projekts präventives und frühzeitiges Handeln im Herdenschutz ermöglichen. Nutztierhalter, deren Flächen innerhalb einer Förderkulisse liegen, können hier Material- und Montagekosten für die Einrichtung wolfsabweisender Zäune zu 100 % gefördert bekommen. Anträge sind bei den zuständigen Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu stellen: Fördermöglichkeiten und Anträge. Schäden, die Nutztierhaltern durch Wolfsrisse entstehen, können durch den Freistaat Bayern ausgeglichen werden. Weitere Informationen dazu bietet das Bayerischen Landesamts für Umwelt: Ausgleichszahlungen und Schadensermittlung.

Scat Dog Team Bayern (Foto: Gomringer)


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Newcomer Goldschakal in Bayern!

von Franziska Baur

 

Canis aureus ist zwar nicht ganz neu in Bayern, denn er wurde in der Vergangenheit immer wieder gesichtet (u.a. bei Freising oder im Nationalpark Bayerischer Wald). Er gehört dennoch zu den „Zugroasten“: von manchen fälschlicherweise als invasive Art („Neobiota“: gebietsfremde Arten, vom Menschen nach dem Kolumbus-Stichjahr 1492 eingeführt) bezeichnet, betreibt er tatsächlich eine Habitat-Erweiterung ausgehend von Südosteuropa, vermutlich ausgelöst durch die menschengemachte Klimaerwärmung. Hierzulande bleibt die Spezies derzeit noch unbemerkt, auch wenn sie häufiger ist, als die meisten von Euch vermuten würden. Der Bestand in Europa wird von der Large Carnivore Initiative for Europe (LCIE) auf 97.000-117.000 Tiere geschätzt. Das entspricht einer deutlich größeren Population als die der Wölfe. Während diese jedoch Bewohner der Nordhalbkugel sind, sind Schakale auch auf der südlichen Hemisphäre zuhause. Bis nach Asien und Afrika kommen sie in Form verschiedener Unterarten vor, wie z.B. die Schabrackenschakale in Namibia (Foto: Franziska Baur).

Schabrackenschakal

Scharbrackenschakal im Norden Namibias (Foto: Franziska Baur)

 

Die ursprünglichen Lebensräume sind offene und halboffene Landschaften, dichte Wälder werden eher gemieden. Goldschakale leben gesellig in Familienterritorien, welche gegenüber anderen Familien verteidigt werden. Ihr Nahrungsspektrum ist breit: neben Insekten, Reptilien und Kleinsäugern werden auch schwache, alte oder junge Huftiere erbeutet. Bei der Jagd auf Kleinlebewesen ähnelt das Jagdverhalten demjenigen des Fuchses (Anschleichen, in hohem Bogen Anspringen), größere Tiere werden durch Hetzjagd im Rudel erbeutet – ähnlich wie bei ihrem „großen Bruder“ Wolf. Wie diese verständigen sie sich ebenfalls durch gemeinsames Heulen, auch wenn dieses deutlich schwächer tönt.

 

In Deutschland ist der Goldschakal nicht in der Liste der jagdbaren Arten in Bundesjagdgesetz § 2 aufgeführt und stellt somit kein jagdbares Wild dar. In Österreich hingegen ist er nicht geschützt und darf außerhalb der Schonzeit bejagt werden. Die Sinnhaftigkeit dessen darf bezweifelt werden, denn er könnte – als natürlicher Antagonist der Füchse – durchaus ökologisch hilfreich sein.

 

Körperlänge

80-95 cm  

Gewicht

8-12 kg

Paarungszeit (Ranz)

Oktober

Wurfzeit

Januar

Anzahl Jungtiere

5-10

Rechtlicher Status

 FFH-Richtlinie Anhang V

Im Herbst 2021 kam es bei den Goldschakalen zu Liebeleien: In Baden-Württemberg ist nach Angaben des Landesumweltministeriums erstmals Nachwuchs in Deutschland nachgewiesen worden. Eine genetische Untersuchung von Kotproben hat ergeben, dass es eine Familiengruppe mit mindestens zwei Welpen gibt.

Mehr Infos hier!


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