Der Wolf im Spannungsfeld von Land- und Forstwirtschaft, Jagd, Tourismus und Artenschutz von Klaus Hackländer (Herausgeber) – Teil 4
Eine etwas andere Rezension.
Im digitalen Zeitalter und herausgefordert durch eine Ausgangsbeschränkung beschäftigt sich der Mensch gerne mit „Challanges“. Wir nehmen unsere selbst auferlegte Herausforderung an und … lesen ein Buch. Jeden Tag ein Stückchen weiter und parallel dazu lassen wir Euch an unseren Eindrücken, Gedanken und Ergänzungen dazu teilhaben. Wer Fragen hat, darf fragen. Wer sich auch äußern mag oder ergänzen, darf das auch gerne.
Teil 4 Wolfsvorkommen in Österreich und seinen Nachbarländern von Georg Rauer
Dr. Georg Rauer ist Wolfsbeauftragter der Koordinierungsstelle für Braunbär, Wolf und Luchs am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie an der Vet.med Uni in Wien.
Quellen der Wolfsausbreitung
Die Entwicklung der Wolfpopulationen in neuen Gebieten erfolgt rasch: 20 Jahre nach Bestätigung des ersten Wolfspaares in Deutschland sind 75 Rudel (2017/2018) in Deutschland ansässsig. Anmerkung: 2018/2019 sind es 105 Rudel. Auch in Italien und Slowenien steigen die Zahlen an, wenn auch weniger stark. In Italien leben Wölfe in den Westalpen. Sie wanderten aus dem Apennin ein. Auch in den Ostalpen leben Wolfsrudel. In Slowenien lebten 2016/2017 10-14 Rudel (dinarisches Gebirge). Die Angaben aus der Slowakei sind unterschiedlich. Rauer nennt die Spanne aus der Jagdstatistik mit bis zu 2200 Wölfen und den Schätzungen der Naturschutzbehörde von bis zu 600 Tieren. Wolfsvorkommen und „Quellen“ für Bayern
Der Wolf im Spannungsfeld: Zielland Österreich
Jungtiere verlassen mit Erreichen der Geschlechtsreife ihre Rudel und können weite Strecken zurücklegen. Wölfe sind im Neubesiedeln von Gebieten sehr gut. Gute „Kolonisatoren“, nennt Rauer das. Damit liegt Österreich für Wölfe aus diversen Regionen gut. Anmerkung: Ebenso Bayern!
Genetische Analysen lassen Rückschlüsse auf Herkunft, manchmal sogar auf das Ursprungsrudel zu. (Siehe weiter unten im Text „Genetische Herkunftsbestimmung“)
Der Wolf im Spannungsfeld: Die Situation in Deutschland
Wölfe wurden vereinzelt schon zu DDR Zeiten geschossen. Vollkommen wolfsleer war das Gebiet damit nicht. Nur dauerhafte Ansiedlung und Reproduktion wurde nie nachgewiesen. Wölfe sind sehr anpassungsfähig. Mit dem Sesshaftwerden des ersten Paares (aus Ostpolen), nahm eine schnelle Entwicklung ihren Lauf, im Durchschnitt um 30% jährlicher Zuwachs. Wölfe nutzen, trotz Anpassungsfähigkeit an unsere Kulturlandschaft, gerne ruhige Rückzugsräume wie bspw. auf den Truppenübungsplätzen. Rauer sieht das Populationswachstum gekoppelt an die Möglichkeiten der Ausbreitung, die bislang in Deutschland ausreichend bestehen. Die Ausbreitung erfolgte v.a. ist Richtung Nord-West. Mittlerweise gibt es auch vereinzelt Wandungen in südliche Gebiete. Das ist für die hier angrenzenden Länder wichtig.
Der Wolf im Spannungsfeld: Situation in der Schweiz
1995 kam es zu ersten Wolfsbeobachtungen in der Schweiz. Die Tiere kamen aus dem Apennin. Dennoch dauerte es 15 Jahre bis eine Reproduktion nachgewiesen wurde. Jan2017/Dez 2018 wurden 48 Wölfe genetisch bestätigt. Im Calanda bildete sich das erste Wolfsrudel. Weitere siedeln im Tessin und im Wallis. Von Mehreren Regionen können Wölfe in die Schweiz gelangen. Eine Verpaarung scheint es noch nicht gegeben zu haben.
Im Bayerischen Wald gründeten eine Wölfin aus den Westalpen und ein Rüde aus Sachsen das erste Rudel. Bei Verona verpaarten sich einen Wölfin aus den Westalpen mit einem Wolfsrüden aus Slowenien. Weitere „Mischehen“ sind nicht bekannt.
Der Wolf im Spannungsfeld: Situation Südtirol
Im Trentino gab es das erst Rudel 2013, mittlerweile gibt es 6-7 Rudel. Seit 2017 gibt es in Südtirol ein Rudel. In Italien gibt es Rudel die Rinder attackieren. Das Südtiroler Rudel tut das bislang nicht.
Genetische Herkunftsbestimmung
Genetische Proben kann man aus Blut, Speichel oder Gewebe entnehmen und untersuchen. Untersucht wird die mitochondriale DNA (mtDNA). Diese wird nur über die Mütter vererbt. Aus dieser DANN werden bestimmte Bereiche analysiert.
Anmerkung und Exkurs: mtDNA. Lange her, aber man hebt so manches auf und kann dann auch Wissen wieder auffrischen. Danke „Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie“ (B. Alberts et al; Verlag Wiley-VCH) Mitochondrien sind sogenannte Kraftwerke der tierischen Zellen. Sie haben eine eigene DNA, was daher kommt, dass sie in einer früheren Form mal eigenständig waren und im Laufe der Entwicklung dann in tierische Zellen aufgenommen wurden. Mitochondrien oxidieren (vereinfacht heißt das sie brauchen dazu Sauerstoff) Nährstoffmoleküle und produzieren Adenosintrophosphat, einen wichtigen Stoff für viele Vorgänge in der Zelle. Im Regelfall (Es gibt wohl auch seltene Ausnahmen) wird diese DNA von den Muttertieren auf den Nachwuchs übertragen (also bei allen mit tierischen Zellen, uns eingeschlossen). Warum? Im Kopf der Samenzellen wird nur die Zellkern-DNA transportiert, Eizellen beinhalten zusätzlich noch die mtDNA. Es verschmelzen nur der Kopf der Samenzelle und die Eizelle.
Innerhalb einer Art kann es Varianten auf den zur Bestimmung herangezogenen DNA Abschnitten geben. Diese werden dann in verschiedene Haplotypen aufgeteilt. Daran kann man Tiere z.B. aus den Westalpen und der Tierflandpopulation unterscheiden.
Die Wanderfreudigkeit von Wölfen ist nicht neu. Rauer begründet die vermehrte Ausbreitung und Wanderung der Wölfe heutzutage damit, dass in früheren Zeiten der Nachwuchs Verluste in den Ursprungsgebieten ausgeglichen hat, damit das Fortgehen nicht notwendig war.
Der Wolf wird alltäglich/Erste Rudel in Österreich
Ab 2009 wurden in Österreich jährlich mehrere Wölfe nachgewiesen. Rauer führt das auch darauf zurück, dass ab diesem Jahr ein geregeltes Monitoring stattfand und Wolfmeldungen systematisch überprüft wurden. Anmerkung: Das ist natürlich immer die Frage: gibt es mehr Tiere oder schaut man nur besser hin? Vermutlich bedingt sich das auch gegenseitig. Auch in Bayern wird besser hingesehen und Nachweisen nachgegangen. Dafür mussten sich erst Strukturen bilden. Diese sind aber gerade in der Anfangszeit der Wiederbesiedlung dringend notwendig, um einen guten Umgang mit der Tierart zu finden. In Bayern gibt es regelmäßig Wolfsnachweise, auch außerhalb der bekannten Wolfsterritorien. Das Landesamt für Umwelt listet die Nachweise hier auf. https://www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beutegreifer/wolf/monitoring/index.htm
2016 gründete sich das erste österreichische Rudel auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig. Rauer geht davon aus, dass die nicht nur ein guter (Rückzug, Nahrung) Lebensraum ist, sondern die Elterntiere auch auf Truppenübungsplätzen aufgewachsen sind, sich also ähnliche Strukturen wieder gesucht haben. 2018 kam es zu zwei neuen Rudelbildung im Waldviertel. Anmerkung: 2019 scheint es in Österreich nur mehr ein Rudel gegeben zu haben.
WEITER ZU TEIL 5
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