„Leben am Limit“ im Bärenland

Bärenland - Team "Leben am Limit" mit Fotografin und Autorin Christine Sonvilla.

Team „Leben am Limit“ mit Fotografin und Autorin Christine Sonvilla (links im Bild).

„Leben am Limit“ im Bärenland: Christine Sonvilla, österreichische Fotografin und Autorin, arbeitet seit Jahren in der Natur und für die Natur. Ihre Bilder und Texte bringen Tiere, Pflanzen und Landschaften näher und vermitteln ansprechend und anschaulich viel Interessantes aus dieser, oftmals auch verborgenen Welt.

Mit dem Projekt „Leben am Limit“ ziehen Christine Sonvilla und ihre Kollegen den Bären in Slowenien nach. Auch in Österreich sind wenige Bären unterwegs. Bayern hat seinen – seit Jahrhunderten ersten und letzten – Bären Bruno vor 10 Jahren wieder entfernen müssen. Hoffen wir auf einen besseren Ausgang für den nächsten Bären-Gast in Bayern! Dazu tragen sicher auch Bilder, Eindrücke und Erfahrungen aus anderen Ländern bei.

Wir freuen uns über diesen Gastbeitrag und über weitere Berichte aus dem Projekt!

 

„Leben am Limit“ im Bärenland (Gastbeitrag von C. Sonvilla)

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Bärenland: Auf der Suche nach dem Braunbären in Slowenien. (Foto: C. Sonvilla)

Bärenland:

Anfang Mai 2016. Drei Österreicher durchstreifen gemeinsam einen Wald in Südslowenien. Soweit nichts Besonderes, wäre da nicht ihre „Mission“. Sie sind nämlich auf der Suche nach einem der gefürchtetsten Raubtiere Mitteleuropas, dem Europäischen Braunbären.

In Österreich auf Braunbären zu stoßen, ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Sie führen in der Tat ein „Leben am Limit“. Wobei in den letzten Tagen haben sich die Chancen auf Bärensichtungen mächtig gesteigert, denn Rudolf – ja, er hat schon einen Namen – ist unterwegs. Zwischen Goldeck, Villacher Bahnhof und Dobratsch streift der Jungbär auf Reviersuche umher (http://kaernten.orf.at/news/stories/2774634/). Nur hier im südlichen Kärnten zeigen sich Braunbären auch in Österreich. Experten schätzen, dass sich im Dreiländereck von Österreich, Italien und Slowenien etwa acht bis zehn Bären tummeln. Und jedes Mal, wenn einer dieser Grenzgänger gesichtet wird, landet er zielsicher in den Schlagzeilen.

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In Ländern wie Österreich und Bayern ist jede einzelne Erscheinung eine Schlagzeile, in Slowenien gehört der Bär zum Alltag. (Foto: S. Sonvilla)

Würden die slowenischen Zeitungen auch über jede Braunbärensichtung berichten, müssten sie jeden Tag eine Extra-Beilage einschieben. Bären sind hier eine Alltagserscheinung, 500 bis 600 halten sich in ganz Slowenien auf. Und irgendwie scheint das dort einfach zu funktionieren, dieses Zusammen- oder nennen wir es lieber Nebeneinanderleben von Bär und Mensch. Irgendetwas läuft jenseits der Karawanken offenbar anders ab und genau das wollen die drei Naturfotografen, Filmer und Autoren Marc Graf (http://www.grafmarc.at/), Christine Sonvilla (http://www.sonvilla.at/) und Robert Haasmann (http://www.roberthaasmann.com/) herausfinden. Sie haben sich zur Plattform „Leben am Limit“ (http://lebenamlimit.at/) zusammengeschlossen, um die Limits der wilden Natur aufzuzeigen und um Wege des besseren Miteinanders ausfindig zu machen.

Deswegen zieht es sie seit letztem Jahr immer wieder nach Slowenien. Sie wollen mehr über die vielerorts wenig beliebten Raubtiere herausfinden, sie in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten und auf spannende Weise fotografisch wie filmisch dokumentieren.

Der Foto-Film-&-Recherche-Plan für 2016 ist auf jeden Fall randvoll und beinhaltet u. a.: Fotofallen aufstellen, Erlebnisse und Meinungen sammeln, Wissenschaftler, Jäger, Touristiker und Schafhirten treffen, fotografieren, filmen, schreiben.

Bärenland - Selbstauslösende Fotofallen gehören zur Ausrüstung des Teams. Damit können professionelle Fotos von Bären in freier Wildbahn aufgenommen werden. (Foto: S, Sonvilla)

Selbstauslösende Fotofallen gehören zur Ausrüstung des Teams. Damit können professionelle Fotos von Bären in freier Wildbahn aufgenommen werden. (Foto: S, Sonvilla)

Und wofür? – Um es letztlich mit möglichst vielen Menschen zu teilen, um ihnen persönliche Erlebnisse zu schildern, fundierte Erkenntnisse zu liefern und packende Foto-Einblicke in eine Welt zu gewähren, die nur die wenigsten zu sehen bekommen. Denn ihrem gefährlichen Image werden die Bären selber nicht gerecht. Kaum erblicken sie einen Menschen, ergreifen sie auch schon die Flucht. Das gilt übrigens auch für Wölfe und Luchse, mit dem Zusatz, dass Wölfe und Luchse von Haus aus so gut wie unsichtbar bleiben.

Vielleicht gibt es ja auch im Herzen Mitteleuropas wieder einmal mehr Platz für große Beutegreifer. Marc, Christine und Robert möchten ihren Teil dazu beitragen, deswegen kooperieren sie nicht nur mit Partnern in Slowenien, sondern auch in ihrer Heimat. Einige österreichische Nationalparks, Wildnisschutzgebiete und Naturschutzorganisationen unterstützen ihre Bemühungen. Gemeinsam lässt sich eben mehr bewegen.

Noch aber gibt es viel Arbeit zu tun! Wer über das Projekt am Laufenden bleiben möchte, kann sich in die Facebook-Seiten der drei Fotografen reinklicken bzw. die gemeinsame Projekt-Webseite im Auge behalten: http://lebenamlimit.at/

Momentan ist die Webseite noch etwas ruhig, aber ab Sommer soll sie regelmäßig aktualisiert werden.

 


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Herdenschutz – eine Aufgabe für alle

Herdenschutz - Wir können Nutztiere vor Übergriffen von Wölfen geschützt werden? Mit dem Thema müssen wir uns heute auseinandersetzen, bevor morgen der Wolf da ist. (Foto: S. Jaeger)

Wie können Nutztiere vor Übergriffen von Wölfen geschützt werden? Mit dem Thema müssen wir uns heute auseinandersetzen, bevor morgen der Wolf da ist. (Foto: S. Jaeger)

Herdenschutz wird auch in Bayern ein zunehmend drängendes Thema. Mit der Rückkehr der Wölfe müssen sich Nutztierhalter damit auseinandersetzen wie sie ihre Tiere vor Übergriffen weitgehend schützen können. Dass dies zunächst mit Umdenken, Arbeit und Geld verbunden ist, ist kein Geheimnis. Ebenso ist es aber auch kein Hexenwerk. Die Rückkehr großer Beutegreifer allein ist nicht der Grund für das Aussterben der Schafbetriebe. Hierfür gibt es seit Jahren wesentlich unmittelbarere Probleme – aber das ist ein anderes Thema.

Herdenschutz beginnt im Kopf

Mit der Ausrottung großer Beutegreifer, wie Bär, Wolf und Luchs mussten wir uns keine weiteren ernsthaften Gedanken zum Schutz unserer Nutztiere auf freien Fläche machen. Füchse und Kolkraben töten ab und an v.a. Lämmer, in manchen Gegenden sind freilaufende Hunde mit laizze-faire Hundebesitzern oder ganz ohne Begleitung eher das Problem. Nun steht der Wolf vor der Tür und stellt v.a. die Schafhaltung auf eine neue Probe. Begeistert hört man wohl kaum einen Schafhalter von der Rückkehr der Wölfe sprechen. Dennoch gibt es ein paar, die sich schon seit Jahren damit befassen, sich fortbilden und Systeme (von Zäunung bis Schutzhund) ausprobieren. Sie wollen gerüstet sein, wenn es eines Tages heißt: Wölfe sind dauerhaft zurück in Bayern. Eine Verweigerungshaltung löst das Problem nicht. Eine Nutztierhalterin, die sich mit dem Thema eingehend befasst, erzählte, dass sie von Kollegen als „Wolfsfreund“ beschimpft wurde. „Ich bin nicht für den Wolf. Ich bin für meine Tiere“ war ihre Antwort. Jetzt ist die Chance ohne akuten Druck durch dauerhafte Wolfspräsenz, zu lernen, wie sich Tiere schützen lassen, wie die Arbeit und der Umgang mit Herdenschutzhunden ist etc. Das sollten wir alle – Nutztierhalter, Behörden und Naturschutzverbände – nutzen!

Herdenschutz in Bayern – erste Hilfestellung  

Bereits vor Jahren veröffentlichte das Landesamt für Landwirtshaft den Leitfaden: Rückkehr von Luchs, Wolf und Bär – Was tun als Nutztierhalter? . Hier wird ausführlich auf die Schutzmaßnahmen von Bienen, Schafen und Dammwild eingegangen. Das Heft gibt eine gute Zusammenfassung der Situationen und Möglichkeiten. In der Praxis wird noch viel diskutiert und gefachsimpelt. Letztendlich müssen wir gestehen: keine Ahnung, wie es in Bayern sein wird, wenn es wieder Wolfsrudel gibt. Es gibt Erfahrungen aus Ländern in denen Bär, Wolf und Luchs nie ausgestorben waren (hier gibt es auch heute noch Schafhaltung!), wie z.B. Slowenien oder Rumänien. Es gibt Erfahrungen aus Ländern, in denen es wieder Wölfe gibt, wie z.B. Bundesländer Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern etc oder Frankreich. Und hier gehen die Meinungen dann schon auseinander. Die einen sagen: alles kein Problem. Die anderen: alles unmöglich. Die Wahrheit wird, wie so oft, dazwischen liegen. Landschaften und Haltungsformen unterscheiden sich, ebenso die gesellschaftlichen Voraussetzungen (Besiedlung, Lohn…). So helfen uns die Erfahrungen aus anderen Gebieten sicher ein Stück weit, letztendlich müssen wir alle aber so frei sein selbst zu lernen.

Finanziell unterstützt werden Herdenschutzmaßnahmen in Bayern bislang nur in geringem Umfang. Beispielsweise muss der Nutztierhalter die Anschaffung und die Haltung von Herdenschutzhunden selbst leisten, ebenso Kosten für evtl. Umbau des Zaunes.  Unterstützung erfährt man von Seiten des Landesamt für Umwelt über Beratung, Informationsveranstaltungen oder Exkursionen. Ebenso werden Elektrozäune bereitgehalten, die bei  Übergriffen durch den Wolf angefordert werden können und so ein erster Schutz vor weiteren Angriffen sein können.

Eine Förderrichtlinie Herdenschutz gibt es in Bayern, anders als bspw. Sachsen oder Niedersachen, noch nicht. Mit der Beratungsstelle ist ein erster Schritt gemacht, der hier aber nicht enden kann. Von staatlicher Seite muss weiterhin daran gearbeitet werden, wie die Rückkehr von Wölfen und die Nutztierhaltung zusammengebracht werden können.

Herdenschutz in Bayern – praktische Umsetzung

Ein paar Nutztierhalter in Bayern testen bereits Formen der Schutzmaßnahmen. Neben Zäunen, die entsprechende Standards erfüllen, finden Herdenschutzhunde Einsatz bei Schafen, Rindern und Pferden. Sie bringen bereits Erfolge gegen Übergriffe von Füchsen und Kolkraben und lehren ihre Besitzer, was es bedeutet einen Herdenschutzhund als Mitarbeiter zu führen. Auswahl des geeigneten Tieres und Umgang will gelernt sein. Auch als Spaziergänger und Wanderer dürfen wir uns darauf einstellen, dass ein Herdenschutzhund seinem Namen alle Ehre macht und seine Herde beschützt. Das müssen wir verstehen und akzeptieren.

Herdenschutz - Freiwilligen-Einsatz in Mecklenburg-Vormpommern. Hier werden Zäune Wolfssicher gemacht.

Freiwilligen-Einsatz in Mecklenburg-Vorpommern. Hier werden Zäune Wolfssicher gemacht.

Eine Initiative, die ihren Ursprung in Mecklenburg-Vorpommern nahm, breitet sich nun in mehrere Bundesländer aus: WikiWolves. Hier helfen Freiwillige mit ihrem Engagement und ihrer Arbeitskraft Nutztierhaltern bei Zaunbau und weiteren Arbeiten, die zum erfolgreichen Herdenschutz beitragen. Neben der praktischen Hilfe ermöglicht dieser Einsatz ein gegenseitiges Kennenlernen und Verstehen. Eine prima Initiative, die wir weiterhin verfolgen werden und der wir bald einen eigenen Blogeintrag widmen!

In Deutschland unterstützen zwei Vereine die Arbeit mit Herdenschutzhunden: Die AG Herdenschutzhunde und der Verein für arbeitende Herdenschutzhunde. Hier finden Interessierte kompetente Ansprechpartner, Erfahrung und Beratung.

Herdschutz ist eine Aufgabe für alle

Herdenschutz ist eine Aufgabe für Nutztierhalter, die sich konkret mit der Fragestellung auseinandersetzen und praktische, praktikable Lösungen finden müssen. Naturschutzverbände, die ihren eigenen Forderungen nach Rückkehr von heimischen Wildtieren und Erhalt von angepassten Tierhaltungsformen/Pflege von Naturschutzflächen zusammenbringen müssen und letztendlich die politische Instanz, die die Voraussetzungen und Unterstützung dafür schaffen muss.

 

 


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