Herdenschutzförderung Bayern

Herdenschutzförderung Bayern – Gut ein Jahr nach der Veröffentlichung des Aktionsplans Wolf wurde nun die Förderung der Herdenschutzmaßnahmen in Bayern bekanntgegeben. Wir haben Wichtiges kurz zusammengefasst.

Was ist neu?

Bislang war die Förderung von Herdenschutzmaßnahmen nur im Rahmen eines Projektes möglich. Die Anschaffung und Zahlung erfolgte über das Landesamt für Umwelt, Materialien blieben damit auch im Eigentum der Behörde. Das ist nun anders. Die Abwicklung erfolgt über die Ämter Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). Die Materialien können direkt vom Nutzer bestellt werden. Wichtig ist, dass die Antragstellung und Zusage vorher erfolgt! Herdenschutzberatung hinsichtlich Zäunung über die zuständigen Ämter Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), Beratung zu Herdenschutzhunden über das Landesamt für Umwelt (LfU).

Herdenschutzförderung Bayern

Ausstellung Herdenschutz im Alpenraum. Tagung WWF, Salzburg 2020.

 

 

 

 

Herdenschutzförderung Bayern: Was wird gefördert?

Beschaffungs- und Materialkosten werden gezahlt, keine laufenden Unterhaltskosten. In der Förderkulisse der Wolfsgebiete, die über das Landesamt für Umwelt ausgewiesen werden, werden Zaunmaterialien und Herdenschutzhunde gefördert. Auch in darüber hinausgehenden Bereichen wird die Anschaffung von Herdenschutzhunden gefördert. Siehe Gebietskulissen in der Rhön, Veldensteiner Forst, Grafenwöhr, Bayerischer Wald. Für Herdenschutzhunde auch Teilbereich in den Allgäuer Alpen.
https://www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beutegreifer/praevention/herdenschutz_wolf/index.htm

Was muss erfüllt werden?

Gefördert werden Weidetierbetriebe/Gatterwildhaltung  (Betriebsnummer) unabhängig vom wirtschaftlichen Status und Größe. Sie müssen ihre Betriebe in Bayern haben (Ausnahme möglich) und die förderfähige Weideflächen innerhalb der Fördergebiete. Innerhalb eines Jahres müssen Schutzmaßnahmen durchgeführt werden. Danach erlischt der Anspruch auf Schadensausgleich im Fall eines Risses. In den nicht ausgewiesenen Gebieten bleibt dieser bestehen.

Schutzmaßnahmen – Mindestanforderungen

Die Mindestanforderung nach Aktionsplan Wolf müssen erfüllt werden. Grob zusammengefasst sind das 90cm Zaunhöhe, 4000V, 20cm max. Bodenabstand erste stromführende Litze, ggf. Untergrabeschutz. Aktionsplan Wolf

Herdenschutzförderung Bayern - Zaunbau für den Herdenschutz

Herdenschutzförderung Bayern: Herdenschutzhunde. Mindestens zwei Hunde müssen eingesetzt werden. Bild entstand im Rahmen unseres Zaunbauseminars 2019.

Förderung von:

Elektrozäunen von 90cm-140cm.
Litzenzäune 90-140; ggf Erhöhung bei Einsprungmöglichkeiten
Pfosten
Weidezaungerät und Zubehör
Mobile Ställe (max 3*12m) inkl Zubehör für Schafe und Ziegen
auch darüber hinausgehende Maßnahmen, wenn sie nach Prüfung zwingend geboten erscheinen
Unter bestimmten Voraussetzungen(*) auch Herdenschutzhunde, Kosten Eignungsprüfung und Sachkundenachweis. (*) Haltung von min. zwei Hunden, Herdengröße über 50 Muttertiere (Schaf Ziege, andere Tierarten im Verhältnis); ab 200 Muttertiere ist je weitere 100 Tiere ein Herdenschutzhund förderfähig. Weitere Voraussetzungen und Rassen siehe Merkblatt Förderung

Nicht gefördert werden:

Reparaturen, Ersatzinvestition und andere laufende Kosten (Herdenschutzhunde, Strom…)
Eigenleistungen (Arbeit Angehörige, Betriebsmitarbeiter, auch Holz aus eigenem Betrieb o.ä.)
Gebühren
Gebrauchte Material
Leistungen an Private

Fördersummen:
Ab 200€
Hunde max. 3.000€
Förderung im Rahmen der Haushaltsmittel. Kein Rechsanspruch.

Fristen:
Bewilligungszeitraum endet mit Ende des darauffolgenden Kalenderjahres.

Zweckbindungsfrist:
– mobile Zäune, Weidezaungeräte, Hunde 5 Jahre
– Festzäune 10 Jahre

Ansprechpartner sind die zuständigen AELFs.

Förderwegweiser Herdenschutzmaßnahmen


Posted in Herdenschutz and tagged , , by with no comments yet.

Herdenschutz – eine Aufgabe für alle

Herdenschutz - Wir können Nutztiere vor Übergriffen von Wölfen geschützt werden? Mit dem Thema müssen wir uns heute auseinandersetzen, bevor morgen der Wolf da ist. (Foto: S. Jaeger)

Wie können Nutztiere vor Übergriffen von Wölfen geschützt werden? Mit dem Thema müssen wir uns heute auseinandersetzen, bevor morgen der Wolf da ist. (Foto: S. Jaeger)

Herdenschutz wird auch in Bayern ein zunehmend drängendes Thema. Mit der Rückkehr der Wölfe müssen sich Nutztierhalter damit auseinandersetzen wie sie ihre Tiere vor Übergriffen weitgehend schützen können. Dass dies zunächst mit Umdenken, Arbeit und Geld verbunden ist, ist kein Geheimnis. Ebenso ist es aber auch kein Hexenwerk. Die Rückkehr großer Beutegreifer allein ist nicht der Grund für das Aussterben der Schafbetriebe. Hierfür gibt es seit Jahren wesentlich unmittelbarere Probleme – aber das ist ein anderes Thema.

Herdenschutz beginnt im Kopf

Mit der Ausrottung großer Beutegreifer, wie Bär, Wolf und Luchs mussten wir uns keine weiteren ernsthaften Gedanken zum Schutz unserer Nutztiere auf freien Fläche machen. Füchse und Kolkraben töten ab und an v.a. Lämmer, in manchen Gegenden sind freilaufende Hunde mit laizze-faire Hundebesitzern oder ganz ohne Begleitung eher das Problem. Nun steht der Wolf vor der Tür und stellt v.a. die Schafhaltung auf eine neue Probe. Begeistert hört man wohl kaum einen Schafhalter von der Rückkehr der Wölfe sprechen. Dennoch gibt es ein paar, die sich schon seit Jahren damit befassen, sich fortbilden und Systeme (von Zäunung bis Schutzhund) ausprobieren. Sie wollen gerüstet sein, wenn es eines Tages heißt: Wölfe sind dauerhaft zurück in Bayern. Eine Verweigerungshaltung löst das Problem nicht. Eine Nutztierhalterin, die sich mit dem Thema eingehend befasst, erzählte, dass sie von Kollegen als “Wolfsfreund” beschimpft wurde. “Ich bin nicht für den Wolf. Ich bin für meine Tiere” war ihre Antwort. Jetzt ist die Chance ohne akuten Druck durch dauerhafte Wolfspräsenz, zu lernen, wie sich Tiere schützen lassen, wie die Arbeit und der Umgang mit Herdenschutzhunden ist etc. Das sollten wir alle – Nutztierhalter, Behörden und Naturschutzverbände – nutzen!

Herdenschutz in Bayern – erste Hilfestellung  

Bereits vor Jahren veröffentlichte das Landesamt für Landwirtshaft den Leitfaden: Rückkehr von Luchs, Wolf und Bär – Was tun als Nutztierhalter? . Hier wird ausführlich auf die Schutzmaßnahmen von Bienen, Schafen und Dammwild eingegangen. Das Heft gibt eine gute Zusammenfassung der Situationen und Möglichkeiten. In der Praxis wird noch viel diskutiert und gefachsimpelt. Letztendlich müssen wir gestehen: keine Ahnung, wie es in Bayern sein wird, wenn es wieder Wolfsrudel gibt. Es gibt Erfahrungen aus Ländern in denen Bär, Wolf und Luchs nie ausgestorben waren (hier gibt es auch heute noch Schafhaltung!), wie z.B. Slowenien oder Rumänien. Es gibt Erfahrungen aus Ländern, in denen es wieder Wölfe gibt, wie z.B. Bundesländer Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern etc oder Frankreich. Und hier gehen die Meinungen dann schon auseinander. Die einen sagen: alles kein Problem. Die anderen: alles unmöglich. Die Wahrheit wird, wie so oft, dazwischen liegen. Landschaften und Haltungsformen unterscheiden sich, ebenso die gesellschaftlichen Voraussetzungen (Besiedlung, Lohn…). So helfen uns die Erfahrungen aus anderen Gebieten sicher ein Stück weit, letztendlich müssen wir alle aber so frei sein selbst zu lernen.

Finanziell unterstützt werden Herdenschutzmaßnahmen in Bayern bislang nur in geringem Umfang. Beispielsweise muss der Nutztierhalter die Anschaffung und die Haltung von Herdenschutzhunden selbst leisten, ebenso Kosten für evtl. Umbau des Zaunes.  Unterstützung erfährt man von Seiten des Landesamt für Umwelt über Beratung, Informationsveranstaltungen oder Exkursionen. Ebenso werden Elektrozäune bereitgehalten, die bei  Übergriffen durch den Wolf angefordert werden können und so ein erster Schutz vor weiteren Angriffen sein können.

Eine Förderrichtlinie Herdenschutz gibt es in Bayern, anders als bspw. Sachsen oder Niedersachen, noch nicht. Mit der Beratungsstelle ist ein erster Schritt gemacht, der hier aber nicht enden kann. Von staatlicher Seite muss weiterhin daran gearbeitet werden, wie die Rückkehr von Wölfen und die Nutztierhaltung zusammengebracht werden können.

Herdenschutz in Bayern – praktische Umsetzung

Ein paar Nutztierhalter in Bayern testen bereits Formen der Schutzmaßnahmen. Neben Zäunen, die entsprechende Standards erfüllen, finden Herdenschutzhunde Einsatz bei Schafen, Rindern und Pferden. Sie bringen bereits Erfolge gegen Übergriffe von Füchsen und Kolkraben und lehren ihre Besitzer, was es bedeutet einen Herdenschutzhund als Mitarbeiter zu führen. Auswahl des geeigneten Tieres und Umgang will gelernt sein. Auch als Spaziergänger und Wanderer dürfen wir uns darauf einstellen, dass ein Herdenschutzhund seinem Namen alle Ehre macht und seine Herde beschützt. Das müssen wir verstehen und akzeptieren.

Herdenschutz - Freiwilligen-Einsatz in Mecklenburg-Vormpommern. Hier werden Zäune Wolfssicher gemacht.

Freiwilligen-Einsatz in Mecklenburg-Vorpommern. Hier werden Zäune Wolfssicher gemacht.

Eine Initiative, die ihren Ursprung in Mecklenburg-Vorpommern nahm, breitet sich nun in mehrere Bundesländer aus: WikiWolves. Hier helfen Freiwillige mit ihrem Engagement und ihrer Arbeitskraft Nutztierhaltern bei Zaunbau und weiteren Arbeiten, die zum erfolgreichen Herdenschutz beitragen. Neben der praktischen Hilfe ermöglicht dieser Einsatz ein gegenseitiges Kennenlernen und Verstehen. Eine prima Initiative, die wir weiterhin verfolgen werden und der wir bald einen eigenen Blogeintrag widmen!

In Deutschland unterstützen zwei Vereine die Arbeit mit Herdenschutzhunden: Die AG Herdenschutzhunde und der Verein für arbeitende Herdenschutzhunde. Hier finden Interessierte kompetente Ansprechpartner, Erfahrung und Beratung.

Herdschutz ist eine Aufgabe für alle

Herdenschutz ist eine Aufgabe für Nutztierhalter, die sich konkret mit der Fragestellung auseinandersetzen und praktische, praktikable Lösungen finden müssen. Naturschutzverbände, die ihren eigenen Forderungen nach Rückkehr von heimischen Wildtieren und Erhalt von angepassten Tierhaltungsformen/Pflege von Naturschutzflächen zusammenbringen müssen und letztendlich die politische Instanz, die die Voraussetzungen und Unterstützung dafür schaffen muss.

 

 


Posted in Allgemein, Luchs, Wolf and tagged , , by with no comments yet.