Wolf – Änderung Bundesnaturschutzgesetz
Und da kochen sie wieder die Emotionen! Am 21.5. 2019 wurde der „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes“ im Bundeskabinett beschlossen. …und zack hatte jeder einen Kommentar. Wir halten uns zurück und versuchen den Inhalt zusammenzufassen – mit ein paar Hinweisen. Und natürlich den offiziellen Gesetzesentwurf.
Änderung Bundesnaturschutzgesetz… doch…
Was steht drin?
- Das Füttern von Wölfen soll verboten werden
- Auch wenn unklar ist welches Individuum einen Nutztierriss verursacht hat, sollen künftig Entscheidungen zum Abschuss erleichtert werden.
- Freiwillige Mitwirkung von Jagdausübungsberechtigten bei der Entnahme soll geregelt sein.
- Entnahme von Hybriden durch zuständige Naturschutzbehörde
Fütterungsverbot
Leider ist es dem gesunden Menschenverstand nicht zumutbar, dass selbstverständlich KEINE Wildtiere – schon gar keine Beutegreifer angefüttert werden sollten. Tauben und Enten tut es bekanntlich nicht gut, Wildschweine werden durch diese Gewöhnung an Futter in Menschennähe eine Plage und Gefahr und ebenso auch die Wölfe. Warum neigt der Mensch dazu alles füttern zu müssen…? Man weiß es nicht. Wenn also die Vernunft das nicht klärt, muss es wohl ein Gesetz tun.
Somit wird die Fütterung zur Ordnungswidrigkeit und kann verfolgt werden.
Anmerkung: Allerdings sollte man auch die nicht gezielten Fütterungen – allen voran beispielsweise Luderplätze – überdenken. Zumindest deren Standort sollte so gewählt sein, dass möglicherweise vorbeikommende Wölfe diese nicht mit Menschennähe verknüpfen.
Artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung
Der Gesetzentwurf sieht vor, „dass wenn Schäden bei Nutztierrissen keinem bestimmten Wolf eines Rudels zugeordnet worden sind, der Abschuss einzelner Mitglieder (…) in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang bei bereits eingetretenen Rissereignissen auch ohne Zuordnung zu einem bestimmten Einzeltier (…)“ möglich sind. So zumindest formuliert in § 45 (2), S. 3 des Gesetzentwurfes. Ergänzt wird dies allerdings im Anhang „Begründung B. Besonderer Teil“ durch den Satz „…dass der Ausnahmegrund erfordert, dass der drohende oder bereits eingetretene Schaden „ernst“ (…) ist.“ In der Gesetzesformulierung ist also von einer „Wiederholungstat“ die Rede. Im Anhang lässt sich die Formulierung „drohender Schaden“ eher präventiv verstehen. Letztendlich wird es im konkreten Fall dann im Ermessen der zuständigen Behörde sein.
Es handelt sich für die streng geschützte Tierart Wolf stets um eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung. Dabei kann die Genehmigung nicht ausschließlich für einen bestimmten riss-verursachenden Wolf gelten, wie oben erwähnt. Grundsätzlich soll aber weiterhin in erster Linie das Tier abgeschossen werden, dass die Schäden verursacht hat. Ist der Abschuss erfolgreich, soll, wenn möglich und eine Vergleichs-DNA vorliegt, ein genetischer Abgleich klären, ob es sich um den Verursacher handelt. Stellen sich die Risse ein, gilt die Ausnahmegenehmigung als genutzt und läuft mit sofortiger Wirkung aus. Werden weiterhin Schäden dokumentiert, kann ein weiterer Wolf geschossen werden. Ein Riss durch Hund oder bloße Nachnutzung durch den Wolf soll dem Entwurf nach mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein. Heißt aber: Nutztierriss – es kann sukzessive eine Abschussgenehmigung für sich dort aufhaltende Wölfe ausgesprochen werden. Bislang musste die Tat einem Wolf (genetisch) zugeordnet werden.
Anmerkung: Laut bayerischem Aktionsplan Wolf wird eine Entnahme nur erteilt, wenn Herdenschutzmaßnahmen wiederholt überwunden werden, es Risse in nicht schützbaren Weidegebieten gibt oder Menschen in Gefahr sind. („nicht schützbare Weidegebiete“ werden hier im Artikel nicht weiter diskutiert siehe Blogbeitrag) Die Mindestanforderung Herdenschutz in Bayern werden voraussichtlich 90cm Netzhöhe bzw. min. 4 Litzen auf 20, 40, 65, 90 cm; 1 Joule, min. 4000 Volt sein. Die dringlich ausstehende Förderrichtlinie muss nun von Seiten der EU abgesegnet werden. Bislang gibt es sie für Bayern nicht. Allerdings ist sie zwingend notwendig, um letztendlich über erhoffte Sinnhaftigkeit eines Abschusses entscheiden zu können.
Gleiche Entnahmeregelung gilt bei Gefahr für den Menschen (Verletzung durch einen Wolf, Verfolgung oder Aggressivität ohne Provokation).
Beteiligung von Jagdausübungsberechtigten beim Abschuss von Wölfen
Jagdausübungsberechtigte sollen zukünftig bevorzugt bei der Entnahme einbezogen werden. Dies soll für die Jäger freiwillig bleiben. Bislang konnten Wölfe nur von eigens benannten Personen geschossen werden. Sicherlich verfügen Jäger aus der Region über bessere Ortskenntnisse. Ob dadurch auch ein Abschuss leichter wird, bleibt abzuwarten. Zudem müssen sich auch Jäger finden –den gesellschaftlichen/sozialen Druck sollte man da nicht unterschätzen. Dulden muss der Jagdausübungsberechtigte die Entnahme in seinem Revier, selbst wenn er nicht aktiv werden möchte.
Umgang mit Hybriden
Grundsätzlich unterliegen Hybride bis in die 4. Generation dem gleichen Schutzstatus wie der Wolf. In Deutschland traten zwei Fälle (2013, 2017) auf. Nun soll die Entscheidung für eine Entnahmegenehmigung die zuständige Regierungsbehörde treffen. Hybride sollen, auch wenn sie keinen Schaden anrichten, entnommen werden. Bei erwachsenen Tieren wird dies im Regelfall die Tötung sein, da ein Leben in Gefangenschaft für diese Tiere oftmals unerträglich ist.
Mehr über Hybride in Deutschland können Sie hier nachlesen.
Herdenschutz
In der Begründung zur Gesetzesänderung wird mit einem Satz auf die Bedeutung des Herdenschutzes „zur Abwehr von Schäden an Nutztieren“ eingegangen. In der Pressemeldung aus dem BMU heißt es „Voraussetzung bleibt, dass die Weidetierhalter ihre Herden ausreichend schützen. Nur so lernen Wölfe Nutztiere gar nicht erst als leichte Beute kennen. Abgeschossen werden dürfen nur Wölfe, die Herdenschutzzäune mehr als einmal überwinden. Das ist bereits gängige Praxis in den Bundesländern, die in jedem Einzelfall den Abschuss anordnen müssen.“ Siehe: https://www.bmu.de/pressemitteilung/schulze-neuregelung-zum-wolf-ist-vernuenftiger-interessenausgleich-zwischen-artenschutz-und-weidetie/
Änderung Bundesnaturschutzgesetz: Das Bundesnaturschutzgesetz regelt nicht den Herdenschutz. ABER weiterhin müssen alle Register der Naturschutz- und Landwirtschaftsverbände gezogen werden, um Herdenschutz zu fördern und den Erhalt der Weidewirtschaft zu fordern. Die Politik ist hier gefragt Regelungen festzusetzen und dementsprechend zu unterstützen. Herdenschutz ist längst noch nicht etabliert. Hier reden wir nicht von Hochsicherheitsarealen für Weidetiere, sondern von grundsätzlich guter Weidezaunpraxis.
Außen vor ist das Thema Vergrämung, so dass nicht nur durch ausreichende Weidezäune, sondern auch weitere Maßnahmen übergriffige Wölfe vertrieben werden können. Dringend muss auch dies geregelt werden, um Weidetierhaltern eine Möglichkeit zu geben Wölfe, die sie in flagranti erwischen nachdrücklich abzuwehren. Letztendlich dient dies dem Schutz der Weidetiere und der Wölfe.
Wie die Ergänzungen im Bundesnaturschutzgesetz – nach in Kraft treten – dann interpretiert und umgesetzt werden, werden wir alle wohl erst im Fall der Fälle sehen.
Es ist naiv zu glauben Wölfe könnten durch Abschuss daran gehindert werden wieder durch unsere Lande zu streifen oder Weidetiere zu reißen. Dies gilt nur für den getöteten Wolf. „Zur Abwehr von Schäden an Nutztieren ist der Herdenschutz von ausschlaggebender Bedeutung.“ (Begründung A. Allgemeiner Teil „Zielsetzung und Notwendigkeit“) Ein wahrer Satz, dem aber zu Grunde liegen muss, dass Abschuss von Wölfen (zumal präventiv), kein Herdenschutz ist.
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