Jahresbilanz im Projekt „Tatort Natur“: Mindestens 25 Fälle von Naturschutzkriminalität in Bayern – Oberpfalz Spitzenreiter 

von Franziska Baur

Zahlreiche Fälle von Naturschutzkriminalität konnten wir im Rahmen des Projekts „Tatort Natur“ im Jahr 2023 dokumentieren. Die traurige Bilanz beinhaltet neben 19 nachweislich vergifteten Eulen- und Greifvögeln auch sechs Fälle, in denen geschützte Vogelarten beschossen wurden. Wir gehen darüber hinaus von einer hohen Dunkelziffer an Naturschutzdelikten aus. Besonders betroffen macht uns, dass alle diese Fälle bisher folgenlos für die Täter blieben. Wir setzen uns deshalb auch im kommenden Jahr weiterhin für die Strafverfolgung ein und bringen jeden Fall zur Anzeige. 

Insgesamt 86 tote Vögel wurden im Laufe des Jahres 2023 dokumentiert. In 19 Fällen war die toxikologische Untersuchung positiv. Besonders häufig kam dabei das Nervengift Carbofuran zum Einsatz, welches seit 2007 in der EU verboten ist und bereits bei Hautkontakt ernste gesundheitliche Folgen haben kann – besonders für Kinder und Haustiere. Die meisten vergifteten Greifvögel stammten aus der Oberpfalz, insbesondere aus dem Lkr. Regensburg. Auch in Niederbayern, Oberbayern, Mittel- und Oberfranken konnten Vergiftungsfälle nachgewiesen werden. Darüber hinaus kamen mindestens sechs Mal Schusswaffen gegen streng geschützte Vogelarten zum Einsatz. Ein Weißstorch, ein Graureiher und ein Turmfalke konnten glücklicherweise rechtzeitig gefunden werden und überlebten deshalb. Auch beim Beschuss auf Vögel ist die Oberpfalz trauriger Spitzenreiter, gefolgt von Oberbayern und Niederbayern. Am häufigsten von Naturschutzdelikten betroffen waren Uhu (6), Rotmilan (4) und Mäusebussard (4). Für Aufsehen hatte der Fall eines toten Seeadlers im Lkr. Amberg-Sulzbach gesorgt. Er starb am Rattengift Brodifacoum. Ob es sich dabei um eine vorsätzliche Vergiftung handelt oder der Seeadler möglicherweise ein vergiftetes Tier fraß („Sekundärvergiftung“) ist schwer nachzuvollziehen. In anderen Fällen, wie bspw. dem eines toten Rotmilans im Lkr. Weißenburg-Gunzenhausen, geht man von einer gezielten Tötung aus: Dort fanden LBV-Aktive neben dem vergifteten Vogel auch eine vergiftete Hauskatze und mehrere präparierte Giftköder.

Naturschutzkriminalität stellt also weiterhin eine ernstzunehmende Gefahr für unsere heimische Tierwelt und auch für uns Menschen und unsere Haustiere dar. Die Sensibilisierung von Gesellschaft, Polizei und Behörden ist entscheidend, um bei der Strafverfolgung tatsächlich Erfolge zu erzielen. Wir hoffen, dass so zukünftig viele der Delikte aufgeklärt werden können. Bisher konnten leider nur in wenigen Fällen Tatverdächtige ausfindig gemacht werden. Die Schwierigkeiten liegen v.a. bei der Prävention und Verfolgung solcher Straftaten: mangelndes Wissen, eine geringe Routine und das Fehlen von Fortbildungsangeboten sind u.a. verantwortlich für die geringe Verurteilungsrate. 

Geschädigte solcher Delikte sind letztendlich – neben den Tieren selbst – auch die Umweltverbände, die seit vielen Jahren mit hohem finanziellen Einsatz um die Erhaltung und Rückkehr bedrohter Tierarten wie Luchse und Greifvögel bemüht sind. Theoretisch könnten auch diese daher künftig als Kläger vor Gericht auftreten und Schadensersatz fordern.

2023 wurden deshalb eine Vielzahl an Schulungen rund um Naturschutzkriminalität, z.B. an Landratsämtern, durchgeführt. Durch die wertvolle Aufklärungsarbeit ist das Thema in vielen Behörden mittlerweile bekannt und die nötigen Abläufe zur Meldung und Dokumentation haben sich etabliert. Zudem gibt es inzwischen einen Handlungsleitfaden für alle Polizeibehörden in Bayern.

Wünschenswert wäre ein juristischer Handlungsleitfaden auch für Staatsanwaltschaften, da der Dschungel von Gesetzen aus dem Natur-, Arten- und Tierschutz- sowie aus dem Betäubungsmittelrecht Anzeigen und Verurteilungen massiv erschwert. Auch bestimmte Gesetzesauslegungen sind äußerst hinderlich für die Verfolgung solcher Straftaten, wie z.B. dass der Besitz von Carbofuran oder von Fallen nicht strafbar ist. Weiterhin sollte der Einsatz von Rodentiziden (z.B. Koagulanzien) deutlich erschwert bzw. strenger reguliert werden.

Unsere kostenlose Tagung „Tatort Natur“ im LBV-Zentrum „Mensch und Natur“ im Oktober gab einen Überblick über die Herausforderung in Deutschland und Österreich, zeigte Defizite auf, stellte konkrete Praxisbeispiele vor und bot reichlich Möglichkeiten für internen Austausch. Die Zielgruppen waren Strafverfolgungsbehörden (Polizei und Staatsanwaltschaft), Jurist:innen (Richter:innen etc.), Naturschutzbehörden, NGOs, Ranger, Gebietsbetreuer:innen etc.

Nachdem unsere sehenswerte Filmreihe in die Thematik der Naturschutzkriminalität einführte, referierten u.a. Inge Roith (Polizeipräsidium Niederbayern, AG Greifvögel), Dr. Felix Knauer (Veterinärmedizinische Universität, Wien), Katja Schnetz (Luchsprojekt Bayern, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf), Mag. Dr. Rainer Raab (LIFE EUROKITE) sowie Dr. Oliver Krone/Dr. Claudia A. Szentiks (Pathologie, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW), Berlin). 


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Neue Bildungsfilmreihe zum Thema Naturschutzkriminalität 

Projekt Tatort Natur: Videoclips zeigen Wissenswertes rund um die illegale Tötung von Wildtieren

Von Franziska Baur

Zu Beginn des neuen Jahres veröffentlichen die Gregor Louisoder Umweltstiftung (GLUS) und der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) im Rahmen des Projekts „Tatort Natur – Naturschutzkriminalität dokumentieren und stoppen!“ eine Bildungsfilmreihe rund um die illegale Verfolgung geschützter Wildtiere in Bayern. Die Clips von jeweils 5 bis 10 Minuten Länge dienen einerseits als Bildungsangebot für die allgemeine Bevölkerung, richten sich aber auch ganz spezifisch an Menschen in der Praxis, die bei der Polizei, in Behörden oder bei Staatsanwaltschaften, als Richterinnen und Richter arbeiten, in der Naturschutzwacht oder als Ranger*innen aktiv sind.  „Unser Ziel ist es, dass Bayern wieder eine sichere Heimat für unsere Wildtiere wird und auch wir Menschen und unsere Vierbeiner wieder sorglos die Natur genießen können. Unsere Filme sollen aufklären, sensibilisieren und nachhaltig abschrecken”, erklärt Franziska Baur, Filmemacherin und Projektmanagerin der Gregor Louisoder Umweltstiftung von Tatort Natur. Unter www.tatort-natur.de können Interessierte die drei Kurzvideos ansehen.

Die illegale Verfolgung von geschützten Wildtieren, wie zum Beispiel Luchsen oder Greifvögeln, stellt eine akute Bedrohung für Bayerns Natur dar. Mit dem Ziel, diese Problematik aufzuzeigen, hat Franziska Baur im Laufe des vergangenen Jahres verschiedene Protagonisten in ganz Bayern getroffen, die in ihrer Arbeit mit dem Thema konfrontiert sind. Gemeinsam mit ihnen machen sich die Zuschauer*innen auf zu einer emotionalen und inspirierenden Erkundungsreise und erleben Naturschutz in Aktion. Die Bildungsfilmreihe soll die Schönheit der heimischen Natur zeigen und deren akute Bedrohung durch diejenigen, die Wildtiere mit perfiden Methoden loswerden möchten: durch Giftköder, Fallen oder Beschuss. 

Erst kürzlich machten der LBV und die GLUS wieder auf drei Fälle von vergifteten Greif- beziehungsweise Eulenvögeln aufmerksam. Zwei Uhus und ein Mäusebussard waren durch das illegale Kontaktgift Carbofuran gestorben. Aktuelle Fälle wie diese zeigen, wie wichtig es ist, das Bewusstsein für Naturschutzkriminalität in der Bevölkerung weiter zu schärfen. „Öffentlichkeitsarbeit ist eine zentrale Säule unseres Projektes Tatort Natur. Mit den neuen Filmen wollen wir möglichst viele Leute erreichen, um so auch eine soziale Kontrolle auszuüben. Das ist wahrscheinlich die wirksamste Methode, um Naturschutzkriminalität einzudämmen“, sagt Projektmanager Dr. Andreas von Lindeiner vom LBV. 

 

Optimale Inhalte für Fortbildungsveranstaltungen

Die drei Clips sind ab sofort verfügbar unter www.tatort-natur.de/material/bildungsfilme/ sowie auf den Plattformen YouTube, Vimeo und Facebook. Die Bildungsfilme eigenen sich optimal für Weiterbildungen. Bei einer internen Fortbildungsveranstaltung zum Thema „Naturschutzkriminalität“ am Landratsamt Pfaffenhofen an der Ilm stießen die Filme bereits auf sehr positive Resonanz.

Verantwortlich für Redaktion und Moderation der Filme ist Franziska Baur. Kamera und Postproduktion hat Andreas Kastiunig von der Produktionsfirma stube 1 übernommen.

Im ersten Clip „Straftaten erkennen, melden, dokumentieren“ erklärt die Biologin und Projektmanagerin Franziska Baur gemeinsam mit Dr. Andreas von Lindeiner, LBV-Projektverantwortlicher, wie illegale Nachstellungen zu erkennen sind, welche Methoden verwendet werden und welche Strafen das Gesetz bei illegaler Tötung geschützter Wildtiere vorsieht.

Im Film „Den Tätern auf der Spur“ stellt Werner Sika, leitender Polizeidirektor des Polizeipräsidiums Niederbayern, anschaulich den Handlungsleitfaden für die Bayerische Polizei vor, der zum Einsatz kommt, wenn der Verdacht auf die illegale Tötung eines geschützten Wildtiers besteht. 

In „Toxikologische Spurensicherung“ erläutert Prof. Dr. med. vet. Hermann Ammer vom Lehrstuhl für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Ludwigs-Maximilian-Universität München, wie eine toxikologische Untersuchung bei Verdacht auf Vergiftung abläuft und was in diesem Zusammenhang zu beachten ist.

Gemeinsames Projekt: „Tatort Natur – Naturschutzkriminalität dokumentieren und stoppen!“

In den vergangenen Jahren gab es in Sachen Naturschutzkriminalität viele dramatische Ereignisse, wie die illegale Tötung geschützter Luchse oder majestätischer Greifvögel. Einige dieser Arten haben es weiterhin schwer und brauchen dringend Unterstützung. Ein Großteil der Fälle bleibt ungeklärt und für die Täter folgenlos. Das muss sich dringend ändern. Der LBV und GLUS haben deshalb das Projekt „Tatort Natur – Naturschutzkriminalität dokumentieren und stoppen!“ gestartet. In einer bayernweiten Datenbank sollen alle (Verdachts-)Fälle von Naturschutzkriminalität gespeichert werden. Als erste Anlaufstelle für betroffene Behörden und die Öffentlichkeit soll die Datenbank fachliche Unterstützung bieten und als Melde- und Informationsplattform dienen. Das Projekt leiten die Biologin Franziska Baur (GLUS) und der Biologe Dr. Andreas von Lindeiner (LBV). Mehr Informationen zum Projekt gibt es unter www.tatort-natur.de.

 

Franziska Baur, GLUS-Naturschutzreferentin, franziska.baur@umweltstiftung.com

 


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Tagung Tatort Natur – Naturschutzkriminalität stoppen!

von Projektmanagerin und Moderatorin Franziska Baur

Tagung Tatort Natur

Am 15./16 April 2021 fand die erste Online-Tagung zur Naturschutzkriminalität in Bayern statt – mit über 80 Teilnehmer*innen aus Deutschland, Österreich und Spanien. Die Fortbildungsveranstaltung diente als breitgefächerte Plattform für den Expertenaustausch und Wissenstransfer rund um das hochbrisante Thema. Fachleute und Praktiker aus verschiedenen Bereichen berichteten über ihre Erfahrungen, wie diese Straftaten aufgedeckt, untersucht und eingedämmt werden können. Aus diesem internationalen Vergleich wurden Defizite in der Bayerischen Strafverfolgung bei Verdachtsfällen von Naturschutzkriminalität deutlich gemacht und Impulse zur Optimierung bereitgestellt.

 

Projektmanagerin und Moderatorin Franziska Baur stellte im gut besuchten Presseblock den Tatort Natur-Report„Naturschutzkriminalität in Bayern 2019-2020“ vor und bilanzierte: In 75 Fällen sind mindestens 121 geschützte Wildtiere im Freistaat nachgewiesenermaßen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit illegal getötet oder verfolgt worden. Die Vergiftung mit Carbofuran war hierbei die am meisten angewandte Methode und der Rotmilan das häufigste Opfer. Die Pilotphase hat gezeigt, dass dieses Kooperationsprojekt wichtige und längst überfällige Schritte eingeleitet hat, welche deutliche Signale setzen, um diesen natur- und tierschutzwidrigen Handlungen entschlossen entgegenzutreten! Das Gemeinschaftsprojekt Tatort Natur von Gregor Louisoder Umweltstiftung und Landesbund für Vogelschutz e.V. hat sich mit seiner Meldeplattform und der interaktiven Map zu einem regelrechten Citizen-Science-Projekt entwickelt. Die Anzahl der Meldungen hat deutlich zugenommen, da der Bekanntheitsgrad kontinuierlich steigt.

 

Manfred Jahn (Polizeipräsident, Niederbayern) freute sich über die öffentliche Anerkennung der Behördenarbeit und betonte, dass die Polizei die Fälle von Naturschutzkriminalität sehr ernst nimmt. Prof. Hermann Ammer (Leiter des Lehrstuhls Toxikologie, LMU) betonte nachdrücklich, wie hochtoxisch das häufig verwendete Carbofuran ist: schon in kleinsten Konzentrationen und in Sekunden wirkt das Insektizid tödlich. Gleichwohl hat sich auch angesichts der mangelnden Ermittlungserfolge bei den dokumentierten Fällen gezeigt, dass es noch erheblichen Bedarf für fachliche Beratung bzw. flächendeckende Expertise sowie themenspezifische Fortbildung bei den bayerischen Ermittlungsbehörden gibt. Optimalerweise sollte in jedem Polizeipräsidium ein Expertenteam zur Verfügung stehen, um die nachgeordneten Polizei-Dienststellen zeit- und ortsnah bei den Ermittlungen in Fällen von Naturschutzkriminalität unterstützen zu können.

 

Diese Dringlichkeit wurde insbesondere nach dem beeindruckenden Vortrag des spanischen Leiters einer Ermittlungseinheit gegen Wildtierkriminalität, Dr. Iñigo Fajardo, klar. In Spanien wird bei Straftaten gegen streng geschützte Arten von Spezialeinheiten ebenso akribisch mit allen kriminalistischen Methoden ermittelt wie bei Mord oder einem Sexualdelikt. Tatorte müssen unmittelbar und gründlich untersucht werden, bevor Spuren und Hinweise durch verschiedene Faktoren (Wetter etc.) verschwinden. Es wird eine akkurate Rekonstruktion der Fakten hergestellt und so die individuelle Handschrift des Täters sichtbar gemacht. Die mittlerweile dadurch erreichte Erfolgsquote ist spektakulär, und die Teilnehmer der Fachtagung waren sich einig, dass der spanische Weg beispielgebend ist.  Die intensive und kontinuierliche Kooperation zwischen den zuständigen Stellen auf Landesebene sah auch Jürgen Hintzmann, ehemaliger Staatsanwalt und Leiter der Stabsstelle gegen Umweltkriminalität am Umweltministerium NRW als Schlüssel zum Erfolg. Er stellte fest, dass ein Problem darin liege, dass bislang weder beim Jurastudium, noch bei der Ausbildung von Polizist*innen das Thema Straftaten im Bereich Natur- und Artenschutz behandelt werde.

 

Eine vorausschauende Bekämpfung solcher Straftaten ist nur möglich, wenn die Fälle gut dokumentiert würden und man mit allen vorhandenen Daten auf Behördenebene konsequent vernetzt sei. Genau daran fehlt es in Bayern derzeit, und es ist nach wie vor sehr schwierig, sämtliche Fälle zu erfassen und vollständig zu dokumentieren.

 

Im Verlauf der Tagung gab es auch eindrucksvolle Berichte über den Einsatz speziell ausgebildeter Hunde beim Aufspüren von Kadavern, Ködern und Fallen. Mit deren Hilfe können Nachweise zu illegalen Aktivitäten wesentlich effektiver und außerdem zeitnah geführt werden, z.B. um weiteren Schaden zu vermeiden, denn besonders bei Gift herrscht Gefahr im Verzug!

 

Zusammenfassung:

  • Dokumentierte Fälle vermutlich nur Spitze des Eisbergs (ca. 10% der Gesamtfälle)
  • Derzeit keine ordentliche Tatort-/Spurensicherung; demnach kaum bis keine Ermittlungsansätze (keine Täterermittlung, keine Präzedenzfälle)
  • Polizei und Justiz dafür nicht ausreichend ausgebildet
  • Speziell geschultes Expertenteam in jedem Polizeipräsidium Bayern nötig
  • Einsatz von Spürhunden sehr erfolgversprechend

 

Mehr Infos und eine Checkliste zum richtigen Verhalten bei einem Totfund mit Verdacht auf illegale Tötung: www.tatort-natur.de. Dort können auch Fälle oder Verdachtsfälle gemeldet werden. Der Report Naturschutzkriminalität in Bayern 2019-2020 steht unter  www.tatort-natur.de/downloads/ zur Verfügung.


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Tatort Natur – Naturschutzkriminalität in Bayern

Von Franziska Baur

Tatort Natur ist ein Kooperationsprojekt des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) und der Gregor Louisoder Umweltstiftung (GLUS). Naturschutzkriminalität ist die illegale Verfolgung oder Tötung geschützter Wildtiere wie bedrohter Luchse, Fischotter oder Greifvögel. Ein Großteil der Fälle bleibt unentdeckt, ungeklärt und ist für die Täter folgenlos.  Tatort Natur Logo Naturschutzkriminalität  Ein maßgeblicher Grund ist das Informationsdefizit über den Straftatcharakter solcher Taten, die nicht nur gegen Natur- und Tierschutzgesetze verstoßen, sondern häufig auch die Sicherheit der Bevölkerung gefährden. LBV und GLUS starteten deshalb 2019 das Projekt „Tatort Natur“.

Die Webseite www.tatort-natur.de enthält zahlreiche Hintergrundinformationen und eine Tatortkarte mit den bislang erfassten Fällen. Die Bevölkerung ist aufgerufen, anhand der Checkliste verdächtige Funde von toten Tieren, Ködern oder Fallen online zu melden, damit die Tatumstände möglichst zeitnah und vollständig dokumentiert werden können – die Grundlage für eine ordnungsgemäße Strafverfolgung. In der bayernweiten Datenbank werden alle Fälle von Naturschutzkriminalität gespeichert – auch Verdachtsfälle. Als erste Anlaufstelle für betroffene Behörden werden eine fachliche Unterstützung und spezielle Fortbildungsangebote für die Bayerische Polizei bereitgestellt.

Erfahrungsgemäß handelt es sich häufig um Jäger, Geflügel- und Taubenhalter, die in Greifvögeln oder Luchsen unliebsame Gefahren für ihre Schützlinge oder für Niederwild sehen. Auf der anderen Seite treten immer wieder „Hundehasser“ in Erscheinung. Auch Angler und Teichwirte werden gegen Kormorane oder Fischotter aktiv. Natürlich vergiftet nicht jeder Jäger Greifvögel und nicht jeder Taubenzüchter stellt Habichtfangkörbe auf. Aber umgekehrt stimmt es eben: In nahezu allen Fällen, bei denen es bisher Verurteilungen gab, handelte es sich um die erwähnten Personengruppen.

 

Tödliche Methoden

 

Gängige Methoden sind Vergiftung, Fallen, Beschuss und Aushorstung beziehungsweise das Entfernen von Gelegen oder des Horstbaumes. Das Auslegen von Giftködern ist eine besonders heimtückische und zugleich die gängigste Methode. Der weltweit am häufigsten verwendete Giftstoff ist Carbofuran, gefolgt von Aldicarb. Die starken Nervengifte wurden in der Landwirtschaft als Insektizide eingesetzt. Diese Substanzen können durch Untersuchungen in einem Speziallabor nachgewiesen werden.

Carbofuran ist seit 2007 EU-weit verboten (bereits der Besitz!), kann jedoch online erworben werden – in vielen Kellern sind auch noch Restbestände vorhanden. Da es sehr schnell wirkt, finden sich vergiftete Aasfresser meist in der Nähe des Köders, oft noch mit Nahrungsresten am Schnabel oder Maul. Für Mensch und Haustier wirken die Stoffe als Kontaktgifte, bei denen bereits Hautkontakt lebensgefährlich ist!

 

Die Fallenjagd ist mittlerweile stark reglementiert, aber weder der Besitz noch der Handel mit jeglichen Arten von Fallen sind verboten. Nur die Verwendung bestimmter Fallentypen ist illegal und steht unter Strafe. In Bayern sind Totschlag- oder Lebendfallen unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Fallen mit Lebendködern sind streng verboten, ebenso sogenannte Tellereisen.

 

Betroffene Tierarten

Bedrohter Luchs

Bis Ende des 19. Jahrhunderts in fast ganz Europa ausgerottet, werden Luchse noch immer illegal getötet, was ihren Fortbestand bedroht. Trotz großer Anstrengungen von polizeilicher Seite konnte bisher kein Täter verurteilt werden. Auch wenn nach jahrelanger Stagnation ein leichtes Wachstum der ostbayerischen Population verzeichnet werden kann, wären dringend Lebensraum-Trittsteine notwendig, um die isolierten Vorkommen miteinander zu verbinden.

Bild: Franziska Baur

 

„Störenfried“ Rotmilan

Die Hälfte aller weltweit vorkommenden Rotmilane lebt hierzulande. Wir tragen daher eine besondere Verantwortung für diesen streng geschützten Greifvogel. Um zum Beispiel eine Baugenehmigung für Windenergieanlagen zu erhalten, werden die „Störenfriede“ mancherorts gezielt getötet oder ihre Horste zerstört.

 

Hungriger Fischotter

Wegen seines gesunden Appetits auf Fisch, seines Fells und Fleisches wurde der Fischotter bis auf wenige Einzeltiere ausgerottet und ist nun dabei, sich auf natürliche Weise zu erholen. Das Tier ist Leitart funktionierender Gewässer-Ökosysteme. 2014 wurden im Landkreis Cham drei Fälle illegaler Tötung bekannt (darunter durch Ertränken). Dabei gibt es in Bayern einen Ausgleichsfonds für Schäden und Präventionszahlungen für Schutzmaßnahmen.

 

Totes Tier gefunden?

Häufig werden bereits bei den ersten Schritten eines Verdachtsfalls Fehler gemacht, die einen Ermittlungserfolg erschweren oder unmöglich machen.

 

Die Gesetzeslage

Das Bundesnaturschutzgesetz stellt bestimmte Tierarten unter strengen Schutz. Es verbietet, diese Arten zu stören, ihre Fortpflanzungsstätten zu beschädigen sowie ihnen nachzustellen oder sie zu töten. Ein Vergehen nach Paragraf 71 Bundesnaturschutzgesetz (BNaSchG) kann ein Strafmaß von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe beziehungsweise bis zu 50.000 Euro Geldstrafe nach sich ziehen – ebenso den Entzug von Waffen- und Jagdschein sowie der Waffenbesitzkarte.

Je nach Tierart verstößt der Täter auch gegen das Bundesjagdgesetz. Manche geschützten Tierarten sind dort verankert, jedoch ganzjährig geschont. Weiterhin gilt jede Tat, die einem Tier unnötig Schaden zufügt, als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz (Paragraf 1). Vergehen gegen diese Gesetze sind ernstzunehmende Straftaten. Geraten wird daher umgehend die Polizei zu verständigen. Die Behörden sind bei Vorliegen eines Straftatverdachts verpflichtet, unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen zur Beweissicherung zu treffen. Naturschutz- und Jagdbehörden der Kreisverwaltungen sind nicht für die Aufklärung von Straftaten zuständig, können die Ermittlungen jedoch unterstützen. Oft wird behauptet, Arten, die dem Jagdrecht unterliegen, dürften nur mit Erlaubnis des Jagdpächters aus dessen Revier entfernt werden. Dies ist bei Vorliegen eines Verdachts auf illegale Verfolgung nicht der Fall. Die Sicherung der Tiere als mögliches Beweismittel in einem Strafverfahren ist ein höheres Rechtsgut als das jagdliche Aneignungsrecht (wenn innerhalb 3 Tage der Fall gemeldet wird).

 

Straftaten erkennen

 

GIFT

– Mehrere Opfer auf engem Raum.

– Verdächtige Köder, mit bläulichem Granulat/rosa Flüssigkeit: Teile von Huhn, Taube, Kaninchen, Reh, „Gifteier“, Innereien etc.

– Nahrungsreste, Schleim oder Blut im Schnabel beziehungsweise Maul.

– Verfärbung der Mundschleimhaut, chemischer Geruch.

– Verkrampfte Fänge oder Gliedmaßen.

– Tote Aaskäfer und Fliegen(-maden) am Kadaver.

Bild: Dieter Aichner

BESCHUSS

– Schäden in den Federn.

– Einschusslöcher, zum Beispiel durch Schrot, zwar äußerlich kaum erkennbar, jedoch auf einem Röntgenbild deutlich zu sehen

Naturschutzkriminalität

Bild: Komitee gegen Vogelmord e.V.

 

FALLEN

– Verdächtige Fangkörbe, unter Umständen mit Lebendköder, zum Beispiel einer Taube.

– Tellerfallen oder Drahtschlingen

Naturschutzkriminalität

Bild: Komitee gegen Vogelmord e.V.

 

Gefährliche Entwicklungen bei der Naturschutzkriminalität

Wie dramatisch die Situation nach wie vor ist, wurde deutlich, als im Landkreis Landshut kurz vor Ostern ein mit Carbofuran präpariertes Hühnerei gefunden wurde. Prof. Hermann Ammer, Leiter des Lehrstuhls für Toxikologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München: „Carbofuran ist für Menschen, insbesondere für Kinder, sowie für Haus- und Wildtiere ein hochwirksames Kontaktgift. Jede Berührung oder Aufnahme kann eine lebensgefährliche Vergiftung hervorrufen.“

Auch 2019 wurde eine Reihe von Fällen registriert, angezeigt und in die Öffentlichkeit gebracht. Regionalen Medien, landesweit das Bayerische Fernsehen und bundesweit der ARD-„Report München“ berichteten über das Projekt. Die Fälle verteilten sich über den ganzen Freistaat, jedoch sticht der Landkreis Cham heraus: Ein Schwarzmilan, zwei Mäusebussarde und 35 Stare wurden tot aufgefunden. Insgesamt wurden dort seit 2017 mehr als 60 getötete Vögel, die nachweislich durch Abschuss oder Vergiftung verstarben, registriert. Die Dunkelziffer liegt vermutlich um ein Vielfaches höher.
Eine BirdLife Studie (2017) zum Ausmaß illegaler Verfolgung von Vögeln in Europa ergab, dass in Deutschland zwischen 53.000 und 146.000 Vögel jedes Jahr illegal getötet werden. Im Vergleich zur geschätzten Gesamtzahl von 12 bis 38 Millionen illegal getöteter Vögel pro Jahr in Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten, ist die deutsche Zahl zwar gering, trotzdem jedoch unserer Meinung inakzeptabel hoch.

 

Naturschutzkriminalität – Erster Bayerischer Luchsprozess

Anfang des Jahres fand am Landgericht Regensburg die Berufungsverhandlung gegen einen Jäger aus dem Landkreis Cham statt. Dieser war wegen des Besitzes illegaler Waffen und des vorsätzlichen Nachstellens von mindestens einem Luchs angeklagt und in erster Instanz für schuldig befunden worden. Beeindruckend blieb die professionelle Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft in diesem langwierigen Verfahren (2015-2020): Wie bei einer Mordermittlung fertigten die Behörden aufwändige, forensische und ballistische Gutachten an. In der Hauptsache wurde das Verfahren vom Gericht jedoch eingestellt, weil weder die illegale Nachstellung noch der Tatzeitpunkt zweifelsfrei nachgewiesen werden konnten.

In der Rückschau bewertet „Tatort Natur“ die gesamte Verhandlung trotzdem positiv, denn die Bayerische Polizei hat durch ihre intensive Arbeit eindrücklich belegt, dass die illegale Verfolgung hoch bedrohter Arten kein Kavaliersdelikt ist, sondern eine Straftat. Zudem zeigen die aktuellen Luchsbestandszahlen eine positive Entwicklung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit der geringeren illegalen Verfolgung seit den umfangreichen Ermittlungen in diesem Verfahren zuzuschreiben ist. Dennoch ist der Luchs auf der Roten Liste Bayern als „vom Aussterben bedroht klassifiziert“.

 

Naturschutzkriminalität – Blick über den Tellerrand: Spürhunde im Einsatz

Trotz der hiesigen, intensiven Polizeiarbeit in Sachen Luchs ist der Einsatz für heimische, streng geschützte Wildtiere noch ausbaufähig: Ermittlungsbehörden anderer Länder fahren im Kampf gegen Naturschutzkriminalität „härtere Geschütze“ auf: Zum Beispiel speziell ausgebildete, gut ausgestattete Anti-Wilderer-Einheiten, die in  Wilderei-Hot Spots mit Spürhunden patroullieren. In Italien gibt es die „Bear Dog-Teams“, in Zambia beschützen Waffenspürhunde die letzten Nashörner und in Österreich machen Carbofuran-Spürhunde Tätern den Garaus. Die Hundenase ist eine Geheimwaffe, die bisher noch viel zu wenig in der Bekämpfung gegen Naturschutzkriminalität Beachtung findet: durch deutlich mehr Riechzellen können Caniden bis zu 1 Million mal besser als Menschen riechen. Weitere Vorteile sind, dass sie sehr effizient und kostensparend arbeiten: in kurzer Zeit kann eine enorme Fläche sehr zuverlässig nach geringsten Konzentrationen von Gift abgesucht werden – wetter- und geländeunabhängig. Auch sind Fährten direkt zum Täter/Hausdurchsuchungen möglich. Hinsichtlich Giftopfer kann ein gut ausgebildeter Spürhund wie eine Art „Schnelltest“ agieren: auch bei fehlenden äußeren Anzeichen, zeigt dieser sofort an – mit einer 95%-igen Trefferquote. Durch die Suche nach dem Giftköder können unmittelbar weitere Opfer vermieden werden und der Strafverfolgungsprozess früher beginnen. Dies alles spart enorme Manpower. Zudem wirkt der Einsatz von Mensch-Hund-Teams erfahrungsgemäß äußerst abschreckend und ist ein sehr vielversprechender und zukunftsträchtiger Baustein im Kampf gegen Naturschutzkriminalität.

 

Bild: Franziska Baur

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Getötete Luchse: Dritter Fall illegal innerhalb eines Jahres

Getötete Luchse

Luchse im Bayerischen Wald sind durch illegale Tötungen massiv in ihrem Bestand gefährdet. Der aktuelle Fall ist der 5. getötete Luchs seit 2012.

Getötete Luchse: Am 10.3.2016 gab die Polizei Niederbayern in einer Pressemitteilung bekannt, dass der am 29.12.2015 am Straßenrand tot aufgefundene Luchs im Landkreis Grafenau nicht Opfer eines Verkehrsunfalles wurde.

Zunächst lag auf Grund des Fundortes der Verdacht nahe, dass das Tier beim Versuch die Straße zu überqueren von einem Auto verfasst und getötet wurde. Ein Unfall wurde nicht gemeldet. Das Tier wurde von einem Anwohner entdeckt und gemeldet. Polizei und das zuständige Landesamt für Umwelt wurden informiert. Augenscheinlich konnten keine Verletzungen festgestellt werden. Es handelt sich um ein Jungtier, dass 2015 geboren ist.

Das Tier wurde an das auf die Obduktion und weitere Untersuchungen an Wildtieren spezialisierte Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin übersandt. Zunächst war unspezifisch von „menschlicher Gewalteinwirkung“ die Rede. Später wurde bekannt, dass das Tier mit einer Drahtschlinge erdrosselt wurde. Genauere Umstände sind bislang nicht bekannt.

Damit ist dieser tote junge Luchs der dritte bekannt gewordene Fall für das Jahr 2015. Seit 2012 fielen 5 Luchse (davon eine trächtige Luchsin) Straftätern im Bayerischen Wald zum Opfer. Bislang konnte keiner der Fälle aufgeklärt werden.

Die Naturschutzverbände in Bayern fordern seit Jahren eine strukturierte Aufklärungsarbeit und politische Unterstützung für die ermittelnden Beamten. Petitionen und weitere Aktionen fanden auf politischer Ebene bislang kaum Gehör. Durch mediale Aufmerksamkeit und die Arbeiten der Naturschutzverbände zeigen sich sehr gute Ansätze und Bemühungen einzelner Institutionen.

Die Polizeidirektion Oberpfalz (befasst mit dem Fall der abgetrennten Luchsläufe 2015) erarbeitete ein internes Ermittlungskonzept Luchs als Handreichung für Polizeibeamte in Bayern. Zusätzlich ruft die Polizei in einem Faltblatt die Öffentlichkeit auf Fälle illegaler Tötung zu melden.

Die bayerische Umweltministerin Scharf verurteilt auch den aktuellen Fall illegaler Luchs-Tötung und setzt wieder eine Belohnung von 10.000€ für Hinweise aus die zu einer Ergreifung des/der Täter/s führen. Eine Belohnung war bereits im Fall der abgetrennt aufgefundenen Luchsläufe (Mai 2015) aussetzt worden. Die Ermittlungen dazu sind eingestellt.

Seit wann die Untersuchungsergebnisse vorliegen und seit wann die Ermittlungen dazu laufen war bis Abschluss des Beitrages nicht in Erfahrung zu bringen. Wir liefern die Informationen baldmöglichst nach.

 

 

 

 

 


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Naturschutzkriminalität und Artenschutz – Gesetzeslage und Strafmaß

luchs-bayerischer-wald

2012 wurde die in freier Wildbahn lebende Luchsin Tessa vergiftet. Nationale und internationale Abkommen regeln den Schutz der besonders geschützten Wildtiere. Doch die Gefahr gefasst zu werden ist bislang gering. (Foto: Nationalpark Bayer. Wald)

Naturschutzkriminalität stoppen – unter diesem Slogan informieren wir über Naturschutzkriminalität vor unserer Haustüre. Darunter verstehen wir in erster Linie kriminelle Handlungen an freilebenden, geschützten Wildtierarten. Hier in Bayern sind davon vor allem Greifvögel, Biber, Fischotter und Luchse betroffen.

Regelungen Artenschutz

Viele Richtlinien und Konventionen versuchen den Schutz wildlebender Tierarten und deren Lebensräume sicherzustellen. Die Regelungen und die Umsetzung in den einzelnen Ländern ist oftmals unübersichtlich.
– CITIS Regelt international den Transport und Handel von geschützten Wildtierarten und deren Produkte
– FFH (Flora-Fauna-Habitat)Richtlinie beinhaltet den Schutz wildlebender Tiere und Pflanzen und deren Lebensräume von europäischer Bedeutung
– Vogelschutzrichtlinie soll die europäischen Vogelarten schützen
– In der Berner Konvention sind Entnahme und Nutzung europäischer Wildtiere geregelt
– Bonner Konvention, hier geht es um wandernde Wildtiere

Besonders geschützte Wildtiere – Gesetzeslage in Deutschland

Verstümmelte Wiesenweihe. (Bild: LBV) - Naturschutzkriminalität

Bereits die Nachstellung auf geschützte Tierarten ist strafbar. 2015 wurde diese verstümmelte Wiesenweihe aufgefunden. (Bild: LBV)

Die Gesetzeslage wäre eindeutig. Nach Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) stehen besonders geschützte Wildtierarten kurz gefasst unter folgenden Schutz (BNatSchG Abschn. 3):

  • es darf ihnen weder nachgestellt werden, noch dürfen sie gefangen, verletzt oder getötet werden. Das gilt auch für den Nachwuchs.
  • Das Aufsuchen geschweige denn Zerstören von Horsten, Wurfhölen etc. ist tabu.
  • Gerade während der sensiblen Phasen (Paarungs-, Aufzuchzeit, Überwinterung etc.) sind erhebliche Störungen untersagt. Darunter versteht der Gesetzgeber eine Störung, die den „Erhaltungszustand einer lokalen Population einer Art verschlechtert“.
  • Die Tiere dürfen nicht in Besitz genommen werden, jegliche „Be- und Verarbeitung“ ist verboten
  • Ebenso sind der Verkauf (bereits das Angebot dazu), Kauf (bereits das Gesuch), der Tausch oder die Beförderung verboten. Hier gibt es Regelungen durch die Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, kurz CITIS, die beispielsweise einen Transport und Austausch dieser Tierarten zwischen Zoos ermöglicht.

Greifvögel, Fischotter und Luchs gehören zu den jagdbaren Tierarten (fallen also auch unter das Jagdrecht) sind aber ganzjährig geschont. Bei tieferem Interesse hier die Links zu Bundesjagdgesetz und bayerisches Jagdgesetz.

Strafmaß nach BNatSchG

Bei Vergehen gegenüber besonders geschützten Tierarten handelt es sich um Straftaten. Hier sind neben hohen Geldstrafen durchaus auch Freiheitsstrafen vorgesehen.  Bei Jagdscheininhabern ist der Entzug des Jagdscheins möglich.

§ 66 Strafvorschriften
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine in § 65 Abs. 1, 3 Nr. 1 oder 3 oder Abs. 4 bezeichnete vorsätzliche Handlung gewerbs- oder gewohnheitsmäßig begeht.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine in § 65 Abs. 1, 3 Nr. 1 oder 3 oder Abs. 4 bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht, die sich auf Tiere oder Pflanzen einer streng geschützten Art bezieht.
(3) Wer in den Fällen des Absatzes 2 die Tat gewerbs- oder gewohnheitsmäßig begeht, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen.

Leider wurden in Bayern in den vergangenen Jahren die Täter selten gefasst und verurteilt.

Naturschutzkriminalität: Wo kein Kläger, da kein Richter

Naturschutzkriminaliät stoppen

Verdachtsfälle sollten immer der Polizei und an Naturschutzverbände gemeldet werden. Wenn sich der Verdacht nicht erhärtet, umso besser.

… und natürlich auch keine Strafe. Daher ist es wichtig um die Regelungen zu wissen. Das Entfernen von bspw. Horsten, bereits das Nachstellen (Fangkörbe, anderweitige Fallen mit dem Ziel geschützte Tierarten zu fangen) sind bereits Straftaten die gemeldet werden müssen. Eine erfolgreiche Strafverfolgung und Verurteilung würde den Ernst der Situation unterstreichen: es geht um den dauerhaften Erhalt und Schutz unserer heimischen Tierwelt, der nicht durch Selbstjustiz in Gefahr geraten darf.

Was ist zu tun, wenn Sie einen Verdacht haben?

Informieren Sie die Polizei und dokumentieren sie den Fundort/die Situation. Weitere Tipps:

Faltblatt Naturschutzkriminalität stoppen

Greifvogelvergiftung – Was ist zu tun? Hinweise des LBV

Videoclip: Was Tun beim Fund einer geschützten Tierart?

 

 

 

 


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Naturschutzkriminalität an wildlebenden Tieren in Deutschland – ein Überblick in den Medien

Wölfe in Deutschland - Dank des strengen Schutzes sind sie wieder zurück. Illegale Jagd auf unliebsame heimische Wildtiere stellt eine Gefahr für deren Fortbestand in Deutschland dar. (Bild: Gehegeaufnahme Tierfreigelände Neuschönau, R. Simonis)

Wölfe in Deutschland – Dank des strengen Schutzes sind sie wieder zurück. Illegale Jagd auf unliebsame heimische Wildtiere stellt eine Gefahr für deren Fortbestand in Deutschland dar. (Bild: Gehegeaufnahme Tierfreigelände Neuschönau, R. Simonis)

Ein Wolf am Straßenrand – tot, erschossen. Abgetrennte Luchspfoten im Bayerischen Wald. Ein vergifteter Uhu. Ein ausgebranntes Nest. Die Liste der Taten ist lang. Das mediale Interesse an der im Verborgenen stattfindenden Kriminalität ist derzeit sehr groß. Das Ausmaß wurde bislang unterschätzt. Stephan Börnecke fasste in der Frankfurter Rundschau das „Morden mitten in Deutschland“ zusammen. Dabei zeigt er nicht nur einige der spektakulärsten Fälle der letzten Zeit auf, sondern auch die Defizite, die es bei Erstattung einer Anzeige und der Strafverfolgung gibt. In vielen Fällen, so scheint es, fühlen sich die Behörden nicht zuständig. Die Ermittlungen verlaufen, wenn überhaupt, schleppend und nach kurzer Zeit im Sande. So kommt nur ein Bruchteil der Straftaten an wildlebenden, geschützten Tierarten zur Anzeige. Wenige Fälle werden ernsthaft verfolgt, eine Überführung und Verurteilung der Täter bleibt meist aus. Den Gesamtartikel finden Sie hier.

Umweltverbrechen auf der Spur war der Bayerische Rundfunk und berichtet ausführlich über die Ausmaße der kriminellen Machenschaften.

Welches Ausmaß Wilderei in Deutschland haben kann zeigt die ARD. Illegaler Handel ist kein exotisches Thema aus dem fernen Afrika und Asien. Das Thema ist wichtig. Und Naturschutzkriminalität nun auch präsent in der Öffentlichkeit.


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Luchsmord im Bayerischen Wald: Hintergründe

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Die von der Nationalparkverwaltung besenderte Luchsin Tessa wurde 2012 vergiftet aufgefunden.

Luchsmord: Schon wieder krasser Fall von Naturschutzkriminalität im Bayerischen Wald

Wieder sind tote Luchse im Bayerischen Wald gefunden worden, zumindest Teile davon. Um Christi Himmelfahrt (14.5.2015) entdeckte ein Mitarbeiter des dortigen Luchsprojektes vier abgetrennte Luchspfoten in der Nähe von Fotofallen. Die Vermutung liegt nahe, dass die Pfoten absichtlich dort platziert wurden. Ob die Tiere aus Bayern stammen muss ein Gentest zeigen. Sicher ist: die Täter befürchten keine ernsthafte Strafverfolgung und Verurteilung. Der Bayerische Wald wird von Wildtierbiologen als „Bermudadreieck“ bezeichnet. Regelmäßig verschwinden Luchse, die eigentlich ein Revier besetzt haben und danach auch standortstreu sind.  Viele Luchse verschwinden spurlos, andere werden zufällig erschossen oder vergiftet entdeckt. Aktuelle Übersicht

Verfolgung: Viele Entwicklungsländer sind besser

Im aktuellen Fall von Luchsmord kann man von einem gezielten Auslegen der Luchsteile ausgehen. Deutlicher kann man die Behörden und Ministerien nicht auf ihren Rückstand hinweisen: seit Jahren fordern Naturschutzverbände eine geeignete Struktur um derartige Fälle von Naturschutzkriminalität aufzuklären. Dafür sind gezielt ausgebildete Beamte notwendig, die die Fundorte als das behandeln was sie sind: Tatorte an denen kriminologisch Spuren gesichert und dokumentiert werden müssen. Zurzeit machen unklare Zuständigkeiten, fehlende Strukturen und mangelhafte Personalausstattung eine Aufklärung derartiger Straftaten sehr unwahrscheinlich. Auch im aktuellen Fall muss man nach Angaben aus Kreisen der beteiligten Naturschutzorganisationen zur Arbeit der Polizei von unprofessionellem, nachlässigen und nicht fachkundigen Vorgehen der Behörden zumindest in den ersten Tagen ausgehen. „Für uns ist deutlich geworden, dass die Polizei vor Ort mit einem derartigen Fall überfordert ist“, so der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer in einem Brief an Innenminister Joachim Herrmann. Weitere Infos dazu.

Während für Afrika und Asien Millionen Euro in sehr erfolgreiche Projekte gegen Wilderei, Naturschutzkriminalität und Jagdverstöße fließen, sind das in Deutschland immer noch Tabuthemen. Fast wöchentlich tauchen Meldungen über erschossene Wölfe und Luchse, vergiftete Greifvögel oder verbotene Fallen auf – es ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Die bayerische Politik muss Anschluss an die internationalen Bemühungen zum Schutz der Artenvielfalt finden. Es ist ein Skandal, wenn in Bayern vom Aussterben bedrohte Arten wie der Luchs wieder ausgerottet werden, während wir gleichzeitig von den viel ärmeren Ländern in Afrika und Asien gigantische Anstrengungen und wirtschaftliche Einbußen zum Schutz der Natur einfordern.

Mittlerweile gibt es erstmals ein offizielles Statement des Bayerischen Umweltministeriums. Ministerin Ulrike Scharf setzt darin ein Zeichen, dass die bayerische Politik nicht mehr länger den Kopf in den Sand steckt. Die neue Linie kann auch erstmals eine Basis für eine professionelle Zusammenarbeit zwischen Naturschutzorganisationen und Behörden bei diesem schwierigen Thema schaffen. Folgen müssen jetzt umfangreiche organisatorische und strukturelle Maßnahmen im Bereich von Umwelt- und Innenministerium (siehe Forderungen Bündnis Unser Luchs).

Forderungen des Bündnis Unser Luchs

Das Bündnis „Unser Luchs“ hat in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Landtagspetition „Ehrensache – Naturschutzkriminalität“ die Situation in Bayern, den Handlungsbedarf und insbesondere die Umfangreichen strukturellen und organisatorischen Defizite bei den bayerischen Behörden dokumentiert. Nach dem Fall der erschossenen Luchsin im Bayerischen Wald gründete sich 2013 das Aktionsbündnis „Unser Luchs“, unterstützt durch BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN), Landesbund für Vogelschutz e.V. (LBV), Ökologischer Jagdverein Bayern e.V. (ÖJV), Nationalparkpartner Bayerischer Wald e.V., WWF Deutschland, Verein zum Schutz der Bergwelt, Gregor Louisoder Umweltstiftung. Forderungen:

  • Einrichtung einer fachkundigen, regional unabhängigen Ermittlungseinheit
  • Strikte Strafverfolgung adäquat zum Schutzstatus und den gesetzlichen Vorgaben
  • Durchgängig strukturierter Informationsfluss zwischen einzelne Organen
  • Kooperative Zusammenarbeit zwischen den Behörden und Interessenverbänden um Verdachtsfälle rechtzeitig zu erkennen
  • Dokumentation von Verdachtsfällen und Ermittlungsergebnissen und deren Veröffentlichung
  • Öffentlichkeitsarbeit und Information zu Gesetzeslage, Naturschutzrelevanz, Gefährdung und Meldeverfahren

Umfangreiche Dokumentation

Was tun bei Verdacht oder Hinweisen?
Dazu gibt es ein aktuelles Faltblatt mit Hinweisen und Checkliste.

 

 

 

 

 

 

Claus Obermeier


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