Wölfe in Deutschland – Neues Rudel in Bayern

Studie Habitateignung Wolf

Rudel in Deutschland – Rudel in Bayern

Habitatmodellierung Wolf in Deutschladn. Grafik: BfN Skript 556

Erst vergangenen Monat veröffentlichte das Bundesamt für Naturschutz die Studie zur Habitatmodellierung und Abschätzung der potentiellen Anzahl von Wolfsterritorien in Deutschland.

Wenig erstaunlich, dass nach den Parametern in der Studie nahezu gesamt Deutschland geeignetes Wolfsgebiet wäre. Behörden und Naturschutzverbände betonen bereits seit Jahren: überall können jeder Zeit Wölfe in fast ganz Deutschland – und im gesamten Bundesland Bayern – auftauchen. Einige nur als Durchzügler, andere seßhaft (dies gilt wenn sie über 6 Monate in einem Gebiet nachgewiesen werden können), als Paare und Rudel.

Die Studie ist eine wissenschaftliche, hypothetische Studie. Sie orientiert sich an der Entwicklung und Verbreitung der letzten Jahre und soll den einzelnen Bundesländern ein Hintergrundpapier für Anpassungen und Entwicklungen ihrer Managementpläne sein.
Als gute Habitate werden die Alpen und die Mittelgebirge genannt. Potentiell wären 700-1400 Wolfterritorien möglich. Die Zahl unterscheidet sich, weil verschiedene Berechnungsmodelle genutzt wurden.
Auch ist es keine Garantie, nur weil das Modell eine Region als Wolfsungeeignet erachtet, dass sich hier nicht doch Wölfe blicken oder nieder-lassen.

Man fragt sich dann also schon: für was diese Studie, kann sie uns doch nicht mit Sicherheit sagen, wo Wölfe sein werden und wo nicht? Das ist die Krux vieler wissenschaftlicher Arbeiten. Man darf in ihnen nicht die alleinige Wahrheit suchen. Dennoch geben sie Anhaltspunkte und können zu Entscheidungsfindungen (oftmals ja primär auf politischer Ebene) Beitragen. Die Studie rechnet mit zwei verschiedenen Statistikmodellen, gefüttert durch die Daten der letzten Monitoringjahre in Deutschland “nüchtern” potentielle Lebensräume aus. Die Einordnung und Interpretation obliegt dann den Erfahrungen und den menschlichen Bewertungen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Managementpläne, naturschutzfachliche Vorgaben, behördliches/politisches Handeln und das Aufgreifen der Thematik innerhalb der Interessensverbände sich so schnell entwickeln, wie die derzeitige Wolfspopulation.
Hier der Link direkt zur Studie.

 

Neues Rudel Manteler Forst BY

Rudel in Bayern

Junge Wölfe in Deutschland. Foto: A. Gomille

Auch in Bayern sind Hinweise und Nachweise auf einzelne Wölfe nichts Außergewöhnliches mehr. Die Auflistung auf der Seite des Landesamt für Umwelt wird monatlich länger. Unlängst veröffentlichte die Behörde, dass im Veldensteiner Forst (zum dritten Mal) und erstmalig im Manteler Forst (Neustadt an der Waldnaab) Reproduktion nachgewiesen wurde. Sprich: im Veldensteiner Forst gibt es Nachwuchs, ebenso im Manteler Forst, in dem nun ein neues bayerisches Rudel beheimatet ist.

Mit der Neugründung des Rudels muss auch die Gebietskulisse zur Förderung im Herdenschutz angepasst werden. Die Entwicklungen in der Natur sind manchmal anders als erwartet und schneller als erhofft. Der Gegensatz von unplanbarer Naturentwicklung und behäbiger politischer und behördlicher Entscheidungen macht den Umgang gerade mit der Tierart Wolf oft schwierig, für Naturschutz und andere Interessensverbände unverständlich und stets zu langsam.

Es bleibt zu hoffen, dass die zuständigen Fachstellen flexibel genug agieren und das Management frühzeitig anpassen.


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Erstes Wolfsrudel in Bayern: 3 Jungtiere im Bayerischen Wald nachgewiesen

von Franziska Baur

Wolfsrudel in Bayern - Wolfswelpen Bayern

 

Wolfsrudel in Bayern: Behörden hatten 10 Jahre Zeit, sich mit professionellen Strukturen und Angeboten im Bereich Herdenschutz vorzubereiten

Nach der Bestätigung zweier Wolfspaare in Bayern – auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr und im Bayerischen Wald – hat sich nun der erste Nachwuchs dreier Welpen von letzterem Pärchen gezeigt. Im Februar 2017 wurden dort erstmals zwei Wölfe gemeinsam mit einer Wildtierkamera abgelichtet. Weitere genetische Analysen ergeben die Anwesenheit von einer Fähe aus der zentraleuropäischen Tierlandpopulation und einem Rüden aus der südwestlichen Alpenpopulation. Eine baldige Rudelbildung wurde erwartet und hat sich nun durch das Video einer automatisierten Wildtierbeobachtungskamera bestätigt.

Wir freuen uns über die erste Rudelgründung, ist sie doch ein Zeichen für jahrelange Artenschutzbemühungen. Wölfe brauchen, anders als oftmals propagiert, keine menschenleere Wildnis. Möglich, dass der Mensch sie lieber dort hätte, richten sie für ihn dort weniger Schäden an und sind fernab seiner Komfortzone.

Nichts desto trotz müssen wir uns weiterhin naturschutzfachlich und politisch mit der Rückkehr und Wiederansiedlung befassen. Wölfe werden nicht überall und für jeden unsichtbar und unbemerkt bleiben. Laut einer NABU Umfrage sprechen sich 80% der Bevölkerung in Deutschland für Wölfe in Deutschland aus (https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/wolf/wissen/19530.html). Mag sein, dass diese 80% (vermutlich weitaus mehr) niemals direkten oder indirekten Kontakt mit Wölfen haben werden. Dennoch ist dies kein Argument gegen das Ergebnis. Es entspricht einer Demokratie, den Wunsch der Mehrheit gerecht zu werden. Was durchaus nicht bedeutet, dass die Minderheit, die tatsächliche Probleme und Umstände haben könnte, allein gelassen werden soll.

Was machen wir nun mit dem ersten Wolfsrudel in Bayern?
Nichts. Wie in den anderen Bundesländern, in denen bereits Wölfe und Rudel ansässig sind, werden sich auch die hiesigen Wölfe vermehren und deren Nachkommen neue Gebiete besetzen, sofern sie geeignet sind und man sie lässt. Die Rudelgründung ist keine Überraschung. Bayern ist umringt von Wolfsgebieten (Sachsen und andere Bundesländer, Tschechien, Österreich, Italien, Slowenien, Slowakei, Schweiz). Somit war es nur eine Frage der Zeit bis sich einzelne Tiere hier sehen lassen. Seit vielen Jahren werden immer wieder Einzeltiere nachgewiesen, seit 2014 mehrmals jährlich. Wölfe sind bei uns streng geschützt. Solange der hohe Schutzstatus (EU Recht) besteht, ist die Störung, das Nachstellen und Töten verboten. Ausnahmen regelt der Managementplan: https://www.bestellen.bayern.de/application/eshop_app000009?SID=1968470597&ACTIONxSESSxSHOWPIC(BILDxKEY:%27stmugv_nat_00073%27,BILDxCLASS:%27Artikel%27,BILDxTYPE:%27PDF%27)

Konfliktpotenzial
So freudig diese Meldung für viele sein wird, so wird sie bei manchen Tierhaltern auf Missmut stoßen. Gerade für Weidetierbetriebe kann die Rückkehr des Wolfes eine Umstellung und ein Umdenken erfordern. Hierzu haben wir mehrfach umfangreiche Forderungen an die bayerischen Behörden zur sofortigen Etablierung von professionellen Förder- und Beratungsstrukturen erhoben. Leider haben es diese in den letzten 10 Jahre versäumt, einen Managementplan Stufe 3 für etablierte Wolfspopulationen – und den damit verbundenen notwendigen Herdenschutz – zu erstellen. Um Konflikte abzumildern, Lösungen zu finden und einen vernünftigen Umgang mit dem Wolf zu erreichen, gibt es in Bayern die Steuerungs- und Arbeitsgruppe „Große Beutegreifer“ aus Naturschützern, Umweltverbänden, Schafhaltern, Berufsjägern und Behörden, aber auch hier wurde bisher keine Einigung erzielt. Weitere umfangreiche Infos zu diesem Thema Herdenschutz.

Was ist ein Rudel?
Als Rudel wird ein Familienverband von Wölfen verstanden, der im Regelfall aus den Elterntieren, den Welpen und den Jungtieren des Vorjahres besteht. Pro Wurf werden im Durchschnitt 5 Welpen geboren. Die Sterblichkeit bis zum Erreichen der Selbstständigkeit (1-2 Jahre) liegt bei bis zu 60-80 %, im ersten Lebensjahr bei 20-30 %, je nach Informationsquelle. Im Alter von 1-2 Jahren verlassen die Jungwölfe ihre Familie und suchen einen Partner und ein eigenes Revier. Dabei können sie viele 100 km zurücklegen.

Welche Reviergröße braucht ein Wolfsrudel in Bayern?
Wie so oft ist die Antwort: kommt drauf an. Ausschlaggebend ist unter anderem die Verfügbarkeit von Nahrung. Rudelgrößen in Ostdeutschland liegen bei etwa 250 km². Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr umfasst eine Fläche von 226 km². Der Nationalpark Bayerischer Wald ist 243 km² groß. Natürlich halten sich Tiere nicht an imaginäre Grenzen.

Wie verhält sich ein Rudel?
Rudel können effektiv gemeinsam jagen. Zunächst werden die Welpen ausschließlich gesäugt. Später dann bringen die Eltern oder auch Geschwister Futter zu den Welpen an sogenannten Rendezvous-Plätzen. Gerade junge Wölfe sind, wie alle Jungtiere, neugierig und müssen lernen. Wölfe sind vorsichtig, können aber durchaus auch von Menschen gesehen werden.

Was tun bei einer Begegnung zwischen Wolf und Mensch?
Wölfe sind Wildtiere. Sie sind Raubtiere, keine Fluchttiere. Sie müssen weder dämonisiert, noch dürfen sie verharmlost werden. Grundsätzlich haben Wölfe kein Interesse an einer Begegnung mit Menschen. Einige Aufnahmen zeigen, dass, sollte es zu Begegnungen kommen, der Mensch ignoriert wird. Ausnahmen sind die Nähe zu Beutetieren oder Hunden. Überraschen Sie die Tiere nicht, locken Sie sie nicht an. Für ein gutes Nebeneinander ist es wichtig, dass Wölfe den Menschen und seine Umgebung nicht als Nahrungslieferant kennenlernen. Halten Sie Abstand und halten sie den Wolf auf Abstand.

Was frisst ein Rudel?
Naturgemäß hat ein Rudel mit Welpen und Jungtieren einen höheren Bedarf an Fleisch als ein einzelner Wolf oder ein Wolfspaar. Ein ausgewachsener Wolf braucht ca. 2-3 kg Fleisch pro Tag, das bedeutet in der Natur: an manchen Tagen, je nach Verfügbarkeit, mehr, an anderen Tages gar nichts. Hauptnahrung bei uns sind Rehe, auch (wo vorhanden) Rotwild, Wildschwein und Nager. Ebenso Nutztiere, allen voran Schafe und Ziegen, können Beute der Wölfe werden. Übergriffe auf alle Weidetiere können nicht ausgeschlossen werden. Daher gilt es möglichst zeitig und sorgfältig Herdenschutz (Elektrozäune, auch Hunde etc.) zu betreiben.

 

Weitere häufig gestellte Fragen zum ersten Wolfsrudel in Bayern werden vom zuständigen Landesamt für Umwelt beantwortet: https://www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beutegreifer/wolf/doc/faq_wolf.pdf

 

Steckbrief Wolf: http://woelfeindeutschland.de/steckbrief-wolf/

 

Das Foto wurde uns von Biologe Axel Gomille zur Verfügung gestellt, welcher die Rückkehr der Wölfe in Deutschland seit einigen Jahren sachkundig begleitet und mit seinem Buch “Deutschlands Wilde Wölfe” zu einem möglichst konfliktfreien Nebeneinander von Menschen und diesen faszinierenden Tieren beitragen möchte. Die Welpen auf dem Foto sind nicht aus dem Wolfsrudel in Bayern.

von Franziska Baur


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