Länder kooperieren beim Umgang mit Wölfen – wird sich Bayern anschließen?
von Franziska Baur
Der Baden-Württembergische Umweltminister Franz Untersteller hat Anfang März eine enge Zusammenarbeit der Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland im Umgang mit Wölfen angekündigt. „Mit unserem länderübergreifenden Konzept erweitern wir unser Wolfsmanagement um einen wesentlichen Faktor und tragen dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung und der Landwirtschaft Rechnung“, statiert der für den Natur- und Artenschutz im Land zuständige Minister.
Baden-Württemberg steht – wie auch Bayern – vor der Herausforderung, dass sich Wölfe weiterhin ausbreiten. Da diese Tiere sehr mobil sind und sehr weiter Strecken zurücklegen können, liegt eine länderübergreifende Zusammenarbeit nahe. Ziel des gemeinsamen Konzepts sei ein umfassendes Wolfsmanagement, das sowohl Nutztierhalterinnen und -halter und deren Tiere und wirtschaftliche Existenz schütze, als auch dem Artenschutz gerecht werde. „Wir haben vereinbart, uns dabei gegenseitig zu unterstützen, Kenntnisse auszutauschen, Erfahrungen und Knowhow zu teilen sowie Personal bereitzustellen.“, kommentiert Untersteller.
Eine gemeinsame Managementgruppe soll den gegenseitigen Informationsaustausch – über Wolfssichtungen oder das Verhalten einzelner Tiere – gewährleisten und Aktivitäten zum Schutz von Nutztieren und Menschen koordinieren. Dabei geht es darum, wandernde Wölfe im Rahmen des Monitorings effektiver zu beobachten. Einzelne Wölfe sollen besendert werden, um ihre Wege nachvollziehen zu können oder auch um verhaltensauffällige und potenziell gefährliche Tiere bei Bedarfsfall leichter entnehmen zu können. Die Entscheidung, ob eine Ausnahme nach dem Bundesnaturschutzgesetz möglich ist und ein Wolf geschossen werden kann, bleibe aber weiterhin jedem Bundesland selbst überlassen. Die Kosten für den Einsatz des Eingreifteams würden untereinander aufgeteilt.
Nach Untersteller könnten sich weitere Bundesländer jederzeit an der Zusammenarbeit beteiligen, er könne sich beispielsweise vorstellen, ein Land wie Bayern in die Kooperation einzubeziehen.
Das erste Rudel ist in Bayern seit 2017 bestätigt und mit weiteren Rudelgründungen ist dieses Jahr zu rechnen. Gerade für Weidetierbetriebe erfordert dies eine Umstellung und ein Umdenken. Die bayerische Politik und insbesondere die zuständigen Behörden (LfU, LfL) sind jetzt in der Pflicht zu handeln. Dazu müssen Präventionsmaßnahmen, die landesweite Beratung der Weidetierhalter und ein professionelles Wolfsmanagement etc. umgehend in Kraft gesetzt werden. Dies alles kostet Geld und Zeit, daher müssen die Nutztierhalter umfassend und professionell von den Behörden unterstützt werden.
Leider lässt diese Umsetzung nach der bitteren Kabinettsentscheidung Ende Januar weiterhin auf sich warten und dies auf Kosten der bayerischen Weidetierhalter.
Umgang mit Wölfen: Ein länderübergreifendes gemeinsames Management, bei dem sich auch Bayern anschließt, wäre eine neue Chance und von unserer Seite ausdrücklich zu befürworten.
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Wolfsgipfel: Wolfsschützer, Jäger und Schäfer einigen sich in gemeinsamem Eckpunktepapier
von Franziska Baur
Wölfe stellen die aktuelle Weidetierhaltung vor neue Herausforderungen – seit ihrer Rückkehr nach Deutschland vor rund 17 Jahren haben Wölfe ca. 3600 Nutztiere gerissen. Die meisten in Brandenburg mit über 1.100, gefolgt von Sachsen und Niedersachsen. In den überwiegenden Fällen sind dies Schafe, aber auch Ziegen, Fohlen und Rinder. Laut dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) leben zurzeit etwa 70 Rudel und Paare sowie mehrere Einzeltiere in freier Wildbahn in Deutschland. Experten gehen davon aus, dass die Wolfspopulation weiter rasant wachsen wird, eine Verdopplung alle drei Jahre ist derzeit realistisch. Auch in Dänemark und Luxemburg sind 2017 erstmals Wölfe gesichtet worden.
Kritiker wie Bernard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands (DBV) fordern: „Es bedarf einer Bestandsregulierung und einer Festlegung von Gebieten, die für eine Wiederansiedlung des Wolfes nicht in Frage kommen.“ Der AVO (Almwirtschaftlicher Verein Oberbayern) fordert „wolfsfreie Zonen“ und die CDU eine „Schutzjagd“, um dies zu erreichen. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) ist Anhänger einer “Bestandsregulierung”.
Die Anzahl der Nutztierrisse, von welchen jeder einzelne von den Medien bildlich dargestellt wird, erscheint erstmal viel. Aber ins richtige Licht gerückt, wirkt die derzeitige Aufregung eher nichtig. Anfragen an die Umweltministerien der Länder zeigen: Wölfe kosteten Deutschland bisher ca. 500.000€. Das sind 0,08% der gesamten, durch Wildtiere verursachten, Schäden (Kostenfaktor: 653 Mio. €). Marder alleine sind für 63 Mio. € nur im Jahre 2015 verantwortlich. Somit verursachen Wölfe de facto kaum Schäden – im Vergleich zu einigen anderen Wildtierarten. Weiterhin ergaben Studien, dass der Anteil der Nutztiere nur 0,01% der Gesamtnahrung von Wölfen entspricht.
Aber „der Wolf“ ist ein Politikum – seine Rückkehr nach Deutschland erhitzt die Gemüter. Immer wieder wird das streng geschützte Tier illegal geschossen (oder, wie zuletzt, im Schluchsee versenkt). Dabei geht von Wölfen nachweislich wenig Gefahr aus, was die letzten 17 Jahre Wolfsanwesenheit in Deutschland mit keinem einzigen Angriff zeigen.
Zum ersten Mal haben sich nun Ende August mehrere Verbände in Berlin auf eine gemeinsame Strategie zum Umgang mit Wölfen in Deutschland geeinigt: „Es braucht einen Brückenschlag zwischen Naturschützern und Landwirten. Wir wollen mit diesem Bündnis vor allem zeigen: Es geht nicht um die Frage ob das Zusammenleben von Wolf und Nutztierhaltern gelingt, sondern wie.“, sagt Dr. Diana Pretzell (Leiterin Naturschutz) vom WWF. Von einem „Wohlfühlpapier“ sprechen Kritiker. Gemeinsam wurde das Eckpunktepapier unterzeichnet, welches sich auf folgende Forderungen konzentriert:
- Aktualisierte Wolfsmanagementpläne in den Bundesländern
- Flächendeckende, der Region angepasste, fachgerechte Prävention: Zäune, Herdenschutzhunde mit einhergehender Schulung & Beratung
- Zuschüsse sollten alle wolfsbezogenen Investitions- & Erhaltungskosten auffangen, einschließl. Arbeitskosten
- Zeitnahe & unbürokratische Kompensation aus öffentl. Hand (qualifizierte, unabhängige Rissgutachter) nach Wolfsattacken auf Nutztiere (Verluste und Folgeschäden)
- Nationales Kompetenzzentrum für Herdenschutz
- Anpassung der Tierschutz-Hunde-Verordnung
- Förderung des Herdenschutzes in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU
Die Einigung umfasst auch den Abschuss von „Problemwölfen“ (Wiederholungstäter bzgl. Nutztierrisse) durch Naturschutzbehörden als letztes Mittel. Die Entnahme könne aber keinesfalls Ersatz für ordentliche Herdenschutzmaßnahmen sein. “Einzelne Wölfe dürfen nicht die Akzeptanz für die ganze Art gefährden”, sagte ein Sprecher des WWF.
Es klingt nach Harmonie, eine gemeinsame Strategie von Naturschützern, Tierfreunden und Schäfern zum Reizthema Wolf – doch nicht alle sind zufrieden. Der DBV sowie der Deutsche Jagdverband (DVB) „wurden gar nicht gefragt”, sagte ein Sprecher. Es ist bereits bekannt, dass es der größten Landwirte-Vertretung nicht reicht, hier und da mal einen “Problemwolf” zu erlegen. Vorgeschlagene Maßnahmen von Umwelt- und Tierschutzverbänden im neuen Eckpunktepapier seien laut DBV „völlig unzureichend“, wolle es den internationalen Schutzstatus des Wolfes unverändert lassen; bewährte Abwehrmaßnahmen seien erprobt und sollen lediglich konsequent umgesetzt werden.
Nicht nur uns schmecken (unbeschützte) Nutztiere
Nun konkret zum Eckpunktepapier, über welches derzeit so heftig diskutiert wird:
„Weidetierhaltung & Wolf in Deutschland für ein konfliktarmes Miteinander“
Es ist ein Konsenspapier an welchem sich erstmalig verschiedene Interessensgruppen beteiligt haben: Natur- und Tierschützer, aber auch Verbände aus dem Bereich Jagd, Landschaftspflege und Nutztierhaltung – also jene Berufsgruppen, welche durch die Wiederkehr des Wolfes die meisten Nachteile haben. Dr. Hans Hochberg vom Deutschen Grünlandverband (DGV) fordert: „Wir müssen gemeinsam für ein Wolfsmanagement sorgen, bei dem die Weidetierhaltung aufrecht erhalten bleibt, um die wertvollsten Grünlandbiotope weiterhin mit unseren Nutztieren pflegen zu können.“ Auch Günther Czerkus vom Bundesverband Berufsschäfer (BVBS) lenkt ein: „Wir Schäfer sind Hüter unserer Schafe. Wir sind auch agrarökologische Dienstleister. Natürlich sind Beutegreifer eine ernste Bedrohung. Das gibt uns aber nicht das Recht, Arten auszurotten. Die Zukunft der Schäfereien und der Erhalt der Artenvielfalt sind untrennbar miteinander verbunden. Wir arbeiten gemeinsam daran, dafür Lösungen zu finden.“
Mit der Überschrift “Eckpunkte für ein konfliktarmes Miteinander” soll die Botschaft vermittelt werden, dass künftig beides möglich sein soll – der Schutz des Wolfes und der Schutz der Herden. Freudig ist, dass sich die folgenden Gruppen endlich zusammen an einen runden Tisch gesetzt und diese gemeinsame Stellungnahme auf Bundesebene veröffentlicht haben:
- Bundesverband Berufsschäfer (BVBS)
- Deutsche Tierschutzbund (DTSchB)
- Naturschutzbund Deutschland NABU
- International Fund for Animal Welfare (IFAW)
- World Wide Fund for Nature (WWF)
- Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
- Deutsche Grünlandverband (DGV)
- Ökologische Jagdverband (ÖJV)
Die unterzeichnenden Verbände sehen die Prävention und Kompensation von Wolfsübergriffen auf landwirtschaftliche Tiere als zentrale Aufgabe des Wolfsmanagements im Interesse des Artenschutzes und der Weidetierhaltung. Sie erkennen den Schutzstatus des Wolfes im geltenden Recht an. Außerdem unterstreichen sie, dass die Akzeptanz des Wolfes durch die Bevölkerung der ländlichen Regionen unabdingbar für seine erfolgreiche Rückkehr sei. Die extensive Weidetierhaltung wird als besonders naturverträgliche und unersetzliche Form der Landnutzung anerkannt. Da die Betriebe aber nun vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen stehen, benötigen sie dringend zukunftsfähige Perspektiven. Dazu gehört die Vermeidung und Entschärfung von Konflikten mit dem Wolf. Wirtschaftliche Benachteiligungen von Weidetierhaltern in Wolfsgebieten müssen angemessen aufgefangen werden. Aus Sicht der Verbände kann daher die begründete Entnahme von Einzelwölfen durch Experten notwendig werden, insbesondere zum Erhalt der Weidetierhaltung und ihrer ökologischen Leistungen, sofern sämtliche zumutbaren Alternativen ausgeschöpft sind. „Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland und der Erhalt von artenreichen, extensiv bewirtschafteten Grünland-Biotopen sind zwei Seiten derselben Medaille. Es ist daher an der Zeit zusammen zu arbeiten, im gemeinsamen Interesse von Weidetierhaltern, Tierschützern, Jägern und Naturschützern. Unser Papier ist der Beginn dieser Zusammenarbeit“, erklärten die Verbandsspitzen auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin.
Die Verbände fordern weiterhin die Einrichtung eines nationalen Zentrums für Herdenschutz. Damit sollen Erfahrungen zentral gebündelt und in die Wolfsmanagementpläne der Länder eingebracht werden. Entscheidend sei darüber hinaus ein unbürokratischer Herdenschutz, sowie zeitnahe Schadensausgleiche für Wolfsübergriffe, auch für weitere betriebliche Schäden, die durch den Wolf verursacht wurden. „Herdenschutz muss fachgerecht, in Wolfsgebieten flächendeckend und den jeweiligen Bedingungen angepasst sein. Weidetierhalter brauchen dafür geeignete Zäune, ausgebildete Herdenschutzhunde, Schulung und Beratung. Nicht nur die Einrichtung, sondern auch der Unterhalt von Herdenschutz muss zukünftig gefördert werden“, so die Verbände. Silvia Bender (Leiterin Biodiversität) vom BUND: „Herdenschutz ist immer auch angewandter Artenschutz: Der Wolf braucht die Akzeptanz der Bevölkerung und die vielen gefährdeten Offenlandarten brauchen die Weidewirtschaft. Nur durch ein Miteinander können Weidetierhalter und Naturschützer ihr gemeinsames Ziel erreichen.“ “Wir sind überzeugt: Koexistenz von Wolf und Weidehaltung ist möglich”, so auch der Präsident des NABU, Olaf Tschimpke. Der NABU ist bundesweit durch seine Landesverbände und Ortsgruppen in Projekten in der Landschaftspflege mit eigenem Weidetierbestand aktiv. Ebenfalls besitzt und betreut er Flächen, die bejagt werden. Der Verband sieht sich somit sowohl in seiner Funktion als Weidetierhalter, als auch als Landschaftspfleger.
Außerdem solle die Tierschutz-Hunde-Verordnung an die neue Situation angepasst werden, um fachgerecht Herdenschutzhunde einsetzen zu können. Diese leben eigenständig im Verbund mit ihren Herden auf landwirtschaftlichen Naturflächen. Das Tierschutzrecht muss den Bedürfnissen dieser Hunde entsprechen, ohne fachgerechten Herdenschutz zu behindern. Daher fordert die Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes, Renate Seidel, eine Änderung der bundesweiten Tierschutz-Hunde-Verordnung für Herdenschutzhunde: Die Verordnung schreibe bislang vor, dass im Freien gehaltenen Hunden eine Schutzhütte mit wärmegedämmtem Boden zur Verfügung gestellt werden müsse. “Das sollte für Herdenschutzhunde, die sich bei ihrer Herde aufhalten, außer Kraft gesetzt werden”, so Seidel. Zudem verbiete die Verordnung gegenwärtig die Haltung von Hunden in elektrisch eingezäunten Koppeln – auch das widerspreche dem Herdenschutz. Seidel weiterhin: „Ob Wolf, Schaf, Rind oder Herdenschutzhund – wir haben eine Verantwortung für alle Tiere. Arten- und Herdenschutz können nur durch gemeinsames Handeln gelingen. Dabei muss auch die Politik Anreize schaffen und einen besseren Herdenschutz unterstützen.“ Die Verbände werden Bund und Ländern entsprechende Vorschläge unterbreiten.
Abschließend werden Bund und Länder aufgefordert, sich für die Schaffung eines Instrumentes zur Förderung des Herdenschutzes in der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union einzusetzen. Der europaweite Schutz des Wolfes ist verankert in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (92/43/EWG). Herdenschutz ist damit eine europäische Aufgabe. Hierzu kommentiert der IFAW: „Unsere internationale Erfahrung zeigt uns immer wieder, dass es nachhaltige Lösungen für Mensch- Tier Konflikte nur gemeinsam mit den Betroffenen vor Ort geben kann. Dieses gemeinsame Eckpunktepapier ist ein sehr wichtiger Schritt, damit die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland ein Erfolg werden kann.“
Die Reaktionen auf das Eckpunktepapier
„Wir müssen den Wolf als Wildtier behandeln. Er muss lernen, sich von Menschen und seinen Nutztieren fernzuhalten“, konterte Helmut Dammann-Tamke vom DJV auf das Eckpunktepapier. Extensive Weidetierhaltung werde zwar als unersetzlich für Natur und Landschaft gepriesen, praktikable Lösungen für den Erhalt fehlen aber. Die Situation für Kleinbauern und Schäfer sei in einigen Regionen bereits jetzt existenzbedrohend. Dammann-Tamke weiter: „Die Gesellschaft fordert immer mehr ökologische Tierhaltung, diese wird aber bei weiter rasant ansteigenden Wolfszahlen nicht mehr realisierbar sein.“ Eine Verdrahtung der Landschaft torpediere zudem alle Bemühungen zur Biotopvernetzung innerhalb des Artenschutzes. Einzelne Tiere oder Rudel, die sich „auf Nutztiere spezialisiert haben“, sollen schnell und unbürokratisch entnommen werden. Die Änderung des Wolf-Schutzstatus von „streng geschützt“ (Anhang 4 der FFH-Richtlinie) auf „geschützt“ (Anhang 5) sei deshalb längst überfällig. Ebenso dringend und im Eckpunktepapier ausgelassen – sei die Frage der Vergrämung. Wölfe sollen mit Gummigeschossen beschossen werden, wenn sie sich Nutztieren oder Menschen nähern. So sollen sie Respekt vor dem Menschen lernen und unerwünschtes Verhalten verändern. Der Wolf habe keine genetisch verankerte Scheu vor dem Menschen. Diese werde erlernt und an die nächste Generation weitergegeben. Werde diese nicht aktiv trainiert, werden abwandernde Jungwölfe ihren Welpen zeigen, das Nutztiere leichte Beute sind und die Nähe des Menschen ungefährlich ist. „Wir sind der Auffassung, dass wir am Ende des Tages nicht am Instrument Jagd für ein sachgerechtes Wolfsmanagement vorbeikommen“, so Dammann-Tamke.
Der DBV, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer (BAGJE) sowie die Vereinigung Deutscher Landesschafzuchtverbände (VDL) kritisieren: “Die Vorschläge der Umwelt- und Tierschutzverbände sind völlig unzureichend. Die Lasten und Risiken der Ausbreitung des Wolfes werden allein den Weidetierhaltern aufgebürdet. Die Naturschutzverbände opfern die Weidetierhaltung von Schafen, Ziegen, Rindern und Pferden für den Wolf und damit den langfristigen Erhalt des Grünlandes in weiten Teilen Deutschlands.“ Die Probleme und Befürchtungen der Weidetierhalter und der Menschen im ländlichen Raum müssten endlich ernstgenommen werden. Die Naturschutzverbände würden sich einer ernsthaften Diskussion über die Zukunft der Weidetierhaltung im Spannungsfeld mit der Ausbreitung des Wolfs entziehen, indem sie sich hinter den europäischen Naturschutzvorgaben verstecken und vorhandene Spielräume verschweigen. Der Naturschutz könne sich nicht länger der Diskussion verschließen, wie die Weidetierhaltung in Deutschland, in weiten Grünlandregionen, an Deichen, auf Almen gesichert werden kann. In Regionen, die nicht wolfssicher eingezäunt werden könnten, müsste durch eine konsequente Bestandsregulierung eine Wiederansiedlung des Wolfes ausgeschlossen werden, betonten DBV, BAGJE und VDL. In diesem Zusammenhang forderten diese Verbände volle Transparenz über die Wolfsbestände in Deutschland und den Nachbarländern und eine Anerkennung der Tatsache, dass von einem länderübergreifenden Austausch einer Wolfspopulation auszugehen sei. Es sei nicht länger hinnehmbar, dass der Naturschutz mit Hilfe von Kleinstaaterei die Population des Wolfs in Deutschland kleingerechnet werde, um EU-rechtlich mögliche Eingriffe zur Regulierung der Bestände möglichst lange hinauszuzögern.
Der Wolf hilft dem Wald
Sicher ist, der Wolf polarisiert. Fakt ist aber auch, Wolfsrudel können helfen, z.B. zu große Hirsch- und Rehpopulationen zu kontrollieren, weswegen er bei Förstern immer beliebter wird. Erste Belege dafür gibt es am Calanda-Massiv im Churer Rheintal.
In Graubünden gelten 60% der Wälder als Schutzwälder und sie stehen unter massivem Druck. Wie an vielen Orten der Schweiz bedrängen auch dort zu viele Hirsche und Rehe die Wälder. Der Jungwuchs stirbt ab, weil er angefressen wird. Die Wälder drohen zu überaltern (21%) und werden instabil. Im Berggebiet ist das besonders problematisch, haben Wälder dort doch oft eine Schutzfunktion vor Lawinen, Steinschlägen und Erdrutschen.
Mathias Graf v. Schwerin (2. Vorsitzender vom ÖJV) daher zum vorgestellten Eckpunktepapier: „Der Wolf kann sich in Deutschland ausbreiten, weil unter anderem die hiesigen Schalenwildbestände zu hoch sind. Er ist nicht auf Weidetiere als Nahrungsquelle angewiesen. Wir zukunftsorientierten Jäger unterstützen die Forderungen der Weidetierhalter nach Herdenschutzmaßnahmen und sind überzeugt, dass ein Nebeneinander von Wolf und extensiver Weidewirtschaft möglich ist“.
Fazit: Der Wolf polarisiert und festigt dadurch leider auch die Meinungen bestimmter Interessensgruppen/potentieller politischer Wähler
An den unterschiedlichen Reaktionen auf das Eckpunktepapier wird wieder einmal deutlich, dass Gegner und Befürworter des Wolfs eine erbitterte ideologische Schlacht führen – wohl einzigartig in der deutschen Naturschutztradition. Manche Umweltverbände haben aus unserer Sicht in der Vergangenheit in dem Sinne überzogen, dass sie sämtliche Risiken für moderne Kulturlandschaften ausblendeten und den Wolf mit einer natürlichen Scheu vor dem Menschen versahen. Bevor die Bundesländer eine fachliche Grundlage für den Umgang mit den streng geschützten Wölfen finden konnten, waren die Debatten dann leider schon vergiftet.
Wir – als unabhängige Umweltstiftung – legen besonderen Wer darauf, uns dem Thema „Rückkehr der Wölfe“ fachlich, sachlich und gleichzeitig kritisch zu nähern. Auf Basis von Diskussionen mit Experten aus den verschiedenen Fachbereichen bieten wir eine kostenlose Plattform zur Informationsbeschaffung (z.B. Umweltbildungsmaterial, Leitfaden für Herdenschutz) und plädieren für eine möglichst konfliktfreie Koexistenz zwischen Mensch, Nutztier und Wolf – wie es auch bekanntermaßen in anderen europäischen Ländern schon lange möglich ist. Wie gehabt, fordern wir weiterhin die öffentlichen Behörden auf (speziell die Bayerischen), die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich Prävention und Kompensation zu schaffen, um die betroffenen Nutztierhalter zu unterstützen und zu entschädigen (Stichwort: Managementplan Wolf, Stufe III). Das Eckpunktepapier ist aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Reaktionen zeigen jedoch auch, dass noch mehr als bisher ein offener Austausch stattfinden muss, um konstruktive Lösungen zu finden. Klar ist jedoch: die bisherige Weidetierhaltung wird sich mit der Anwesenheit des großen Beutegreifers ändern müssen, das dürfte mittlerweile allen direkt und indirekt Betroffenen klar geworden sein.
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Traurig aber wahr: noch immer kein staatliches Förderprogramm für Herdenschutz
von Franziska Baur
SPD-Umweltexperte Florian von Brunn hakte per Landtagsanfrage beim Landesamts für Umwelt (LfU) vor einiger Zeit nach, was das Projekt „Begleitung, Umsetzung und Weiterentwicklung des Präventivfonds“ der letzten fünf Jahre für das bayerische Wolfsmanagement in Sachen Herdenschutz ergeben haben. Die Antwort liegt nun vor und ist ernüchternd. Trotz einiger Erkenntnisse – und der völlig vorhersehbaren Rudelgründung – steht immer noch kein entsprechendes Förderprogramm zur Verfügung, während der Managementplan für Wolfsrudel (Stufe 3) ebenso nach wie vor auf seine Fertigstellung wartet.
Die mit Mitteln des Fonds umgesetzten Pilotprojekte, in welchen Präventivmaßnahmen gegen Wolfsangriffe und Sofortmaßnahmen zum Schutz von Weidetiere getestet wurden (oder getestet werden sollten), beinhalteten u.a. folgende Maßnahmen:
· Beratung/Fachexkursion/Infoveranstaltung Herdenschutz
· Zertifizierung Herdenschutzhunde
· Ankauf/Erprobung Futterspender für Herdenschutzhunde
· Erfahrungsbericht zur Zäunung
· Ankauf/Ausleihe Zaunmaterial
· Erprobung und Optimierung Zäunung (Gehegewild und Weidetiere)
· Herdenschutzkonzept für Almen
Projektpartner waren u.a. Agridea aus der Schweiz, das Büro Ringler, Verein Herdenschutzhunde e.V., eine externe Kynologin sowie der Verein Ortros aus Spanien.
23 Betriebe nutzten bisher das Angebot des LfU zur Ausleihe mobil einsetzbarer Elektrozäune. Das Umweltministerium leitet aus den Erfahrungswerten klare Vorgaben für eine wirkungsvolle Umsetzung eines Wolfschutzzauns ab: mindestens 90 cm hoch sollte er sein, 4-5 elektrische Litzen haben oder dichtmaschig sein. Ein stromloser Zaun muss einen halben Meter höher sein und braucht Untergrabschutz, Zaunschürze oder Elektrolitze. Einen Fördertopf für solche Zäune gibt es dennoch nicht. Zäune allein reichen jedoch vor allem im Alpenraum nicht als Schutz gegen Wolfsrudel aus. Weil die Herden hier verstreuter sind, brauche es auch Schutzhunde. Das LfU will jedes Almgebiet einzeln auf seine Eignung für Herdenschutzhunde prüfen, allerdings erst mittel- und langfristig, heißt es in der Antwort des Umweltministeriums auf die SPD-Anfrage. Bei Bauern und Schäfern ist laut Bericht die Bereitschaft für eine ordentliche Zäunung deutlich höher als für Anschaffung und Haltung von Hunden.
Derzeit sind noch einige Evaluationen sind offen, manche Maßnahmen laufen noch. Was auffällt und leider nicht verwundert, ist der Punkt „Herdenschutz für Almen“, welcher 2014 stattfinden sollte, aber abgebrochen werden musste, da nach Angabe des Ministeriums die „Zustimmung der Almbauern“ fehlte.
Die Erkenntnisse aus dem fünfjährigen Projekt sollen in die bayerische Förderrichtlinie zur Prävention gegen Übergriffe großer Beutegreifer auf Weidetiere einfließen. Die Nutztierhalter wurden über einen Emailverteiler über die Ergebnisse informiert, jedoch baten einige der beteiligten Betriebe um Anonymität. Schade, dass diese Präventivmaßnahmen durch den lokalen Widerstand keine Chancen auf den bayerischen Almen bekamen. Dass trotz jahrelanger Vorbereitung noch immer kein Herdenschutz-Förderprogramm fertig ist, könnte demnach an deren Lobbyverbände (z.B. Bauernverband) liegen.
Faktisch wurde dennoch – auch ohne erneute Erprobung – bereits aus dem früheren Modellprojekt „Zusammenlegung von Herden an der Rotwand mit anschließender Integration von Hüte- und Schutzhunden unter Berücksichtigung der potenziellen Weideführung sowie des hohen Touristenaufkommens“ (2011) die Tauglichkeit der Präventionsmaßnahmen auch im Alm- und Alpgebiet bereits bewiesen. Um diese hierzulande dauerhaft zu implementieren, ist laut Ministerium jedoch eine enge Zusammenarbeit mit den betroffenen Almbauern und Älplern, den Alm- und Alpwirtschaftlichen Verbänden erforderlich. Diese hätten jedoch am liebsten sogenannte “wolfsfreie Zonen”, was hinsichtlich des großzügigen Wanderverhaltens von Wölfen (teilweise bis zu 1000 km) utopisch ist und internationalen Schutzgesetzen widerspricht.
Dass es im reichsten Bundesland in Anbetracht der aktuellen Lage – wo ein Wolfsrudel aus der weiten Ferne in die reelle Nachbarschaft gerückt ist – nur einen Präventivfonds für Pilotprojekte und nicht für jeden Otto-Normal-Schäfer gibt, zeugt von politischer Entscheidungsarmut. Mal ganz abgesehen von manchen Almbauern, gibt es reichlich Weidetierhalter, die Verantwortung für ihre Tiere übernehmen und Herdenschutzmaßnahmen in Anspruch nehmen würden, aber es finanziell alleine schlichtweg nicht stemmen können.
Ein Beispiel für solch einen engagierten Schäfer, welcher nach eigenen Angaben die Anwesenheit des Wolfes akzeptiert hat und nun einen Weg finden möchte mit ihm zu leben, ist Johannes Rudorf. Er arbeitet erfolgreich mit spanischen Mastins, seltenen Herdenschutzhunden, die bei uns unter die Kampfhundeverordnung fallen. Somit stoßen Schäfer nicht nur bei der kostspieligen Finanzierung, sondern auch bei der Hunderassenwahl auf weitere (tierschutz-)gesetzliche Schwierigkeiten – obwohl das Ziel der Herdenschutzmaßnahme selbst doch Tierschutz sein sollte. Die bisher geltenden Richtlinien und Steuersysteme zum Umgang mit Kampfhunden als Herdenschutzhunde sowie tierschutzrechtliche Haltungsverordnungen bezüglich Herdenschutzhunde allgemein (Schutzhunde, Elektrozaun) sind umstritten. Das Video zum ‘Expertengespräch Wolf’ der SPD-Landtagsfraktion vom 16. Mai 2017 finden Sie unter folgendem Link: https://www.youtube.com/watch?v=PWq9lvL6gV0SPD
Laut LfU befindet sich das staatliche Programm zum Herdenschutz weiterhin „in Vorbereitung“ und soll schließlich den Präventivfonds ersetzen. Wann es soweit sein wird, steht in den Sternen.
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Erstes Wolfsrudel in Bayern: 3 Jungtiere im Bayerischen Wald nachgewiesen
von Franziska Baur
Wolfsrudel in Bayern: Behörden hatten 10 Jahre Zeit, sich mit professionellen Strukturen und Angeboten im Bereich Herdenschutz vorzubereiten
Nach der Bestätigung zweier Wolfspaare in Bayern – auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr und im Bayerischen Wald – hat sich nun der erste Nachwuchs dreier Welpen von letzterem Pärchen gezeigt. Im Februar 2017 wurden dort erstmals zwei Wölfe gemeinsam mit einer Wildtierkamera abgelichtet. Weitere genetische Analysen ergeben die Anwesenheit von einer Fähe aus der zentraleuropäischen Tierlandpopulation und einem Rüden aus der südwestlichen Alpenpopulation. Eine baldige Rudelbildung wurde erwartet und hat sich nun durch das Video einer automatisierten Wildtierbeobachtungskamera bestätigt.
Wir freuen uns über die erste Rudelgründung, ist sie doch ein Zeichen für jahrelange Artenschutzbemühungen. Wölfe brauchen, anders als oftmals propagiert, keine menschenleere Wildnis. Möglich, dass der Mensch sie lieber dort hätte, richten sie für ihn dort weniger Schäden an und sind fernab seiner Komfortzone.
Nichts desto trotz müssen wir uns weiterhin naturschutzfachlich und politisch mit der Rückkehr und Wiederansiedlung befassen. Wölfe werden nicht überall und für jeden unsichtbar und unbemerkt bleiben. Laut einer NABU Umfrage sprechen sich 80% der Bevölkerung in Deutschland für Wölfe in Deutschland aus (https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/wolf/wissen/19530.html). Mag sein, dass diese 80% (vermutlich weitaus mehr) niemals direkten oder indirekten Kontakt mit Wölfen haben werden. Dennoch ist dies kein Argument gegen das Ergebnis. Es entspricht einer Demokratie, den Wunsch der Mehrheit gerecht zu werden. Was durchaus nicht bedeutet, dass die Minderheit, die tatsächliche Probleme und Umstände haben könnte, allein gelassen werden soll.
Was machen wir nun mit dem ersten Wolfsrudel in Bayern?
Nichts. Wie in den anderen Bundesländern, in denen bereits Wölfe und Rudel ansässig sind, werden sich auch die hiesigen Wölfe vermehren und deren Nachkommen neue Gebiete besetzen, sofern sie geeignet sind und man sie lässt. Die Rudelgründung ist keine Überraschung. Bayern ist umringt von Wolfsgebieten (Sachsen und andere Bundesländer, Tschechien, Österreich, Italien, Slowenien, Slowakei, Schweiz). Somit war es nur eine Frage der Zeit bis sich einzelne Tiere hier sehen lassen. Seit vielen Jahren werden immer wieder Einzeltiere nachgewiesen, seit 2014 mehrmals jährlich. Wölfe sind bei uns streng geschützt. Solange der hohe Schutzstatus (EU Recht) besteht, ist die Störung, das Nachstellen und Töten verboten. Ausnahmen regelt der Managementplan: https://www.bestellen.bayern.de/application/eshop_app000009?SID=1968470597&ACTIONxSESSxSHOWPIC(BILDxKEY:%27stmugv_nat_00073%27,BILDxCLASS:%27Artikel%27,BILDxTYPE:%27PDF%27)
Konfliktpotenzial
So freudig diese Meldung für viele sein wird, so wird sie bei manchen Tierhaltern auf Missmut stoßen. Gerade für Weidetierbetriebe kann die Rückkehr des Wolfes eine Umstellung und ein Umdenken erfordern. Hierzu haben wir mehrfach umfangreiche Forderungen an die bayerischen Behörden zur sofortigen Etablierung von professionellen Förder- und Beratungsstrukturen erhoben. Leider haben es diese in den letzten 10 Jahre versäumt, einen Managementplan Stufe 3 für etablierte Wolfspopulationen – und den damit verbundenen notwendigen Herdenschutz – zu erstellen. Um Konflikte abzumildern, Lösungen zu finden und einen vernünftigen Umgang mit dem Wolf zu erreichen, gibt es in Bayern die Steuerungs- und Arbeitsgruppe „Große Beutegreifer“ aus Naturschützern, Umweltverbänden, Schafhaltern, Berufsjägern und Behörden, aber auch hier wurde bisher keine Einigung erzielt. Weitere umfangreiche Infos zu diesem Thema Herdenschutz.
Was ist ein Rudel?
Als Rudel wird ein Familienverband von Wölfen verstanden, der im Regelfall aus den Elterntieren, den Welpen und den Jungtieren des Vorjahres besteht. Pro Wurf werden im Durchschnitt 5 Welpen geboren. Die Sterblichkeit bis zum Erreichen der Selbstständigkeit (1-2 Jahre) liegt bei bis zu 60-80 %, im ersten Lebensjahr bei 20-30 %, je nach Informationsquelle. Im Alter von 1-2 Jahren verlassen die Jungwölfe ihre Familie und suchen einen Partner und ein eigenes Revier. Dabei können sie viele 100 km zurücklegen.
Welche Reviergröße braucht ein Wolfsrudel in Bayern?
Wie so oft ist die Antwort: kommt drauf an. Ausschlaggebend ist unter anderem die Verfügbarkeit von Nahrung. Rudelgrößen in Ostdeutschland liegen bei etwa 250 km². Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr umfasst eine Fläche von 226 km². Der Nationalpark Bayerischer Wald ist 243 km² groß. Natürlich halten sich Tiere nicht an imaginäre Grenzen.
Wie verhält sich ein Rudel?
Rudel können effektiv gemeinsam jagen. Zunächst werden die Welpen ausschließlich gesäugt. Später dann bringen die Eltern oder auch Geschwister Futter zu den Welpen an sogenannten Rendezvous-Plätzen. Gerade junge Wölfe sind, wie alle Jungtiere, neugierig und müssen lernen. Wölfe sind vorsichtig, können aber durchaus auch von Menschen gesehen werden.
Was tun bei einer Begegnung zwischen Wolf und Mensch?
Wölfe sind Wildtiere. Sie sind Raubtiere, keine Fluchttiere. Sie müssen weder dämonisiert, noch dürfen sie verharmlost werden. Grundsätzlich haben Wölfe kein Interesse an einer Begegnung mit Menschen. Einige Aufnahmen zeigen, dass, sollte es zu Begegnungen kommen, der Mensch ignoriert wird. Ausnahmen sind die Nähe zu Beutetieren oder Hunden. Überraschen Sie die Tiere nicht, locken Sie sie nicht an. Für ein gutes Nebeneinander ist es wichtig, dass Wölfe den Menschen und seine Umgebung nicht als Nahrungslieferant kennenlernen. Halten Sie Abstand und halten sie den Wolf auf Abstand.
Was frisst ein Rudel?
Naturgemäß hat ein Rudel mit Welpen und Jungtieren einen höheren Bedarf an Fleisch als ein einzelner Wolf oder ein Wolfspaar. Ein ausgewachsener Wolf braucht ca. 2-3 kg Fleisch pro Tag, das bedeutet in der Natur: an manchen Tagen, je nach Verfügbarkeit, mehr, an anderen Tages gar nichts. Hauptnahrung bei uns sind Rehe, auch (wo vorhanden) Rotwild, Wildschwein und Nager. Ebenso Nutztiere, allen voran Schafe und Ziegen, können Beute der Wölfe werden. Übergriffe auf alle Weidetiere können nicht ausgeschlossen werden. Daher gilt es möglichst zeitig und sorgfältig Herdenschutz (Elektrozäune, auch Hunde etc.) zu betreiben.
Weitere häufig gestellte Fragen zum ersten Wolfsrudel in Bayern werden vom zuständigen Landesamt für Umwelt beantwortet: https://www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beutegreifer/wolf/doc/faq_wolf.pdf
Steckbrief Wolf: http://woelfeindeutschland.de/steckbrief-wolf/
Das Foto wurde uns von Biologe Axel Gomille zur Verfügung gestellt, welcher die Rückkehr der Wölfe in Deutschland seit einigen Jahren sachkundig begleitet und mit seinem Buch “Deutschlands Wilde Wölfe” zu einem möglichst konfliktfreien Nebeneinander von Menschen und diesen faszinierenden Tieren beitragen möchte. Die Welpen auf dem Foto sind nicht aus dem Wolfsrudel in Bayern.
von Franziska Baur
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Der zurückgekehrte Wolf
Seit einigen Wochen ist klar: es ziehen nicht mehr nur einzelne Wölfe durch das Land, mindestens zwei haben sich niedergelassen, einer davon auch einen Partner gefunden. (Monitoring Wolf Landesamt für Umwelt)
Und schon schlagen die (politischen) Wogen hoch. Was seit Jahren, gar Jahrzehnten absehbar war, scheint jetzt bei manchem doch Erstaunen hervorzurufen. Bayern ist umzingelt von Wolfvorkommen: Italien, Österreich (Niederösterreich), Tschechien, Sachsen… Quasi aus allen Richtungen kann der Wolf zurückkommen. Und er tut es auch.
Jüngst, mit Bekanntwerden des Wolfpaares (m, ?) im Bayerischen Wald, brachten alle (!) Landtagsfraktionen Eilanträge im Umweltausschuss des Bayerischen Landtages ein. Dringlichkeitsanträgen finden Sie hier. Stattgegeben wurden den Anträgen der CSU und der FW. Weiteres wird nun diskutiert. Sinnvoll und überfällig ist die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Herdenschutz. Reine Augenwischerei ist die Forderung nach Herabsetzung des Schutzstatus. Sicherlich kann man dies fordern, jedoch unterliegt dem Wolf diversen Schutzbestimmungen, u.a. FFH Richtlinien und damit EU-Recht. Dieses zu ändern dürfte wohl nicht in naher Zukunft möglich sein. Viel wichtiger und dringlicher ist die Prävention vor Übergriffen auf Nutztiere voranzutreiben. Was sind Minimalanforderungen, wie wird hier finanziell unterstützt…? Gefordert wurde „schnellstmöglich Fördermöglichkeiten für Präventionsmaßnahmen zu prüfen“. Die Prüfung allein reicht nicht aus. Daraus muss unmittelbar eine Umsetzung und Festlegung der Förderung hervorgehen.
Nicht zuletzt schlägt jetzt die Bayerische Staatszeitung in die Kerbe: Wolfsabschuss in Bayern Ja oder Nein? Es ist das Recht eines jeden, sich hier zu äußern und abzustimmen. Nur: bringen wird es nichts. Es ist kein Volksbeschluss ob er im Allgemeinen geschossen werden soll oder nicht, ob der Wolf bei uns leben kann oder nicht. Die Meldungen der letzten Jahre zeigen: er kann, will und wird. Nun gilt es vielmehr dies bestmöglich zu begleiten.
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Der Wolf in den Medien
„Der Wolf ist der Moslem unter den Tieren“, hieß es in einem satirisch gemeinten Radiobeitrag aus dem Jahr 2015. Man kann Satire immer einiges vorwerfen. Sachverhalte nicht knackig und überspitzt, dafür aber schnell auf den Punkt zu bringen, gehört in diesem Fall aber nicht dazu.
Der Autor nahm damals die mediale Berichterstattung mit ihrer an Hysterie grenzenden Stimmungsmache, gegen die in unsere Wälder zurückgekehrten Wölfe aufs Korn.
Knapp zwei Jahre ist dies nun her. Hat sich seitdem irgendetwas an der Art der Berichterstattung geändert?
Ganz im Gegenteil. Reißen Wölfe Nutztiere, zum Beispiel Lämmer, ist schnell von einem „Massaker“ die Rede. Von „Mord auf der Weide“ und „Blutbad“. Dass diese Lämmer für die baldige Schlachtung und Verzehr menschlicherseits vorgesehen waren, steht an dieser Stelle übrigens nicht.
Ein passendes Foto, meist des immer gleichen Wolfs aus einer Bilddatenbank ist schneller dazu platziert als ein Sachverständiger sich die „Opfer“ überhaupt anschauen kann. Ergeben Gentest dann später, dass die „Taten“ durch wildernde Hunde und nicht durch Wölfe begangen wurden, kann der Wolf nicht immer mit einer Richtigstellung in einer der großen Tageszeitungen rechnen.
Um eines klar zu stellen, Wölfe sind keine Kuscheltiere. Sie reißen Lämmer, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen. Herdenschutzmaßnahmen sind dringend angeraten! Doch wie diese Maßnahmen, die so notwendig sind, in einer emotional stark aufgeheizten Stimmung sachlich diskutiert werden sollen, steht auf einem anderen Blatt.
Angst schürende Berichterstattungen in den Medien über den Untergang des Abendlandes, Verzeihung der Weidehaltung, konterkarieren jegliche Bemühungen um eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema, bringen aber Auflage. Es ist daher an der Zeit, dass sich Redakteure wieder ihrer Verantwortung für eine ausgewogene, sachliche Berichterstattung bewusst werden.
Denn nur wenige Leser sind Wolfsberater oder Landwirt. Für die meisten Menschen ist die Diskussion über ein Zusammenleben mit Wölfen ziemlich weit weg von ihrem Alltag. Sie sind auf Informationen angewiesen, nicht auf Panikmache. Diese bekommen wir alle ohnehin schon reichlich und völlig ungefragt zu einem anderen Thema fast täglich frei Haus.
Weiterführende Links: Infopaket über Wölfe
| Gastautor: Andreas Abstreiter
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Bayern ist Wolfsland – aktuelle Positionen und Forderungen von LBV / NABU veröffentlicht
Bayern ist Wolfsland: „Im Hinblick auf den Wolf beginnt ab jetzt ein neues Zeitalter. Er ist da und ist keine Ausnahmeerscheinung mehr, darüber freuen wir uns“, so Dr. Norbert Schäffer, Vorsitzender des bayerischen NABU-Partners Landesbund für Vogelschutz (LBV). Neben den acht bestätigten Sichtungen dürften in derselben Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit noch etliche weitere Tiere unbemerkt geblieben sein. Deshalb kann nicht mehr von Einzelmeldungen gesprochen werden, sondern von einem regelmäßigen Auftreten. „Wölfe lassen sich nicht geografisch eingrenzen. Gerade junge Männchen wandern sehr lange Strecken und können mittlerweile jederzeit und überall in Bayern auftauchen. Wir sehen natürlich auch, dass dies zu Schwierigkeiten führen kann“, so Schäffer weiter. Bayern muss sich deshalb fit für die Rückkehr des Wolfs machen.
Der jüngste Wolfsnachweis stammt aus dem Bayerischen Wald. Bereits am 17. April nahm eine Wildkamera im Landkreis Regen ein Tier auf, das Experten bei der Auswertung jetzt eindeutig als Wolf identifizierten. Angesichts mehrfacher Sichtungen von Wölfen im bayrisch-tschechischen Grenzgebiet stellt sich die Frage, ob es sich immer um das gleiche Tiere handelt oder ob es mehrere Wölfe sind. Damit würde die Wahrscheinlichkeit steigen, dass sich ein Paar findet, das dann über kurz oder lang auch für Nachwuchs sorgen würde.
Herdenschutz überfällig – Schafhalter müssen vorbereitet sein
Dazu gehört vor allem, insbesondere die Schafhalter zu unterstützen, für die Wölfe eine zusätzliche Belastung bringen. Grundsätzlich müssen bayerische Schafhalter ab jetzt in jedem Landkreis auf Wölfe vorbereitet sein und deshalb alle gängigen Vorsorgemaßnahmen selbst treffen, wie zum Beispiel die Tiere nachts in einem Stall oder einer mit Elektrozaun geschützten Koppel unterzubringen. „Bei regelmäßiger Anwesenheit eines Wolfs, müssen den Schäfern aber endlich auch Beratung und Präventionsmöglichkeiten wie Elektrozäune finanziert werden“, fordert Norbert Schäffer. Denn bei dauerhafter Anwesenheit des Wolfs in Bayern müssen Schafhalter in der Lage sein, ihre Tiere zu schützen, weshalb umgehend Fördermaßnahmen definiert werden müssen. Wichtig ist jedoch, dass die Schäfer auch einen eigenen Beitrag leisten und freiwillig ihre Haltungsbedingungen anpassen. „So müssen sie akzeptieren, dass in Zukunft nicht mehr überall eine Freiweide möglich sein wird“, betont Schäffer.
Forderungen nach “Wolfsfreien Zonen” sind illegal
Für den LBV ist die Forderung einiger Nutzerverbände und Politiker nach „wolfsfreien Zonen“ in Bayern illegal, zudem sei sie in der Praxis ohnehin nicht umsetzbar. Geht man nach dem Willen der Bevölkerung, so ist ein Großteil (80 Prozent) grundsätzlich positiv zur Rückkehr des Wolfes eingestellt. Das zeigte im vergangenen Herbst eine repräsentative Umfrage des NABU. Bei der Zustimmung zum Wolf gab es auch keine großen Unterschiede zwischen Stadt und Land.
Gemeinsam mit anderen Verbänden hat der LBV bereits seit Jahren einen Ausgleichsfonds für Verluste an Weidetieren und Gehegewild aufgelegt, um finanzielle Schäden, die Luchse oder Wölfe anrichten – so wie zuletzt im mittelfränkischen Neuhaus – schnell und unbürokratisch auszugleichen. Die bayerischen Fachbehörden arbeiten gemeinsam mit Nutzerverbänden wie dem Almwirtschaftlichen Verein Oberbayern und Naturschutzverbänden wie dem LBV an einem Managementplan Wolf, um auf das Auftreten von Wölfen vorbereitet zu sein. Es wird angesichts der zunehmenden Wolfsnachweise in Bayern dringend Zeit, sich auf eine dauerhafte Ansiedlung vorzubereiten. „Beratung und sofortige Hilfe für betroffene Schäfer ist jedoch nur möglich, wenn die überfällige zweite Stufe des vorliegenden Management Plans nicht mehr blockiert, sondern endlich beschlossen wird“, so der LBV-Chef.
Die breite Abstimmung mit anderen Interessensgruppen ist aus LBV-Sicht entscheidend für ein erfolgreiches Miteinander von Mensch und Wolf. „Deshalb ist es so wichtig, dass beispielsweise auch die Jagdverbände mit im Bündnis sind“, sagt Schäffer. „Wir suchen den Schulterschluss von Naturschutz, Jagd und Schäferei.“
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Wolf oder nicht Wolf?
Anfang Dezember wurden im Landkreis Cham (Bayer. Wald) mehrere mutmaßliche Trittsiegel von Wölfen im Schnee entdeckt. Drei Fährten wurden von Experten aus der Jägerschaft gesehen. In mehreren regionalen Zeitungen war dies ein Thema. Überraschend war nicht die Tatsache, dass eine Wolfsfährte gespürt wurde. Wolfssichtungen und -spuren sind in den letzten Jahren immer häufiger in Bayern zu finden. Zuletzt im Oktober, ebenfalls im Landkreis Cham. Überraschend war die Feststellung, dass es sich um drei Individuen handeln sollte. Damit wäre es die erste Gruppe Wölfe in Bayern. Das erst später eingeschaltete Landesamt für Umwelt, das für die offizielle Verifizierung zuständig ist, konnte die Spuren nicht eindeutig Wölfen zuordnen. Eher geht man davon aus, dass es sich um Luchsspuren handelt. Luchse kommen seit vielen Jahrzehnten wieder im Bayerischen Wald in freier Wildbahn vor.
Doch woran kann man eine hundeartige woran katzenartige Spur unterscheiden?
Wie bei unseren Hauskatzen auch, können Luchse die Krallen ausfahren. Bei normalem Tritt sind die Krallen im Schnee oder Schlamm nicht erkennbar. Anders bei Wölfen und Hunden. Die Krallen sind immer zu sehen.
Die Anordnung der Ballen unterscheidet sich zwischen den beiden Arten. Bei Luchsen sind die mittleren Ballen leicht versetzt angeordnet, bei Wölfen (und Hunden) sind diese symmetrisch.
Soweit die Theorie, denn im Feld, bei Spuren im Schnee, ist die Unterscheidung nicht immer so leicht. Noch schwieriger wird es bei der Unterscheidung zwischen Hund und Wolf.
Das Kontaktbüro Wolfsregion Lausitz beschreibt die Fährten wie folgt für den Wolf
“eher länglich-oval, Krallen relativ groß und kräftig, insgesamt sehr symmetrisch, Vorderpfote ca. 8-12 cm lang (ohne Krallen) und 7-11 cm breit, Hinterpfoten meist ca. 1 cm kürzer und schmaler”. Für den Hund: “Pfotenmaße bei gleichgroßen Hunderassen oft ähnlich, aber Trittsiegel vergleichsweise rundlich. Krallen meist schwächer, Pfotenabdruck wirkt nicht so symmetrisch wie beim Wolf.”
Nur mit der Feststellung mehrerer typischer Bilder aus Fährte, Spurbild und abgeleitetem Verhalten, eventuell Fund von Riss und Kot kann letztendlich eindeutig auf einen Wolf geschlossen werden.
Es bleibt spannend wann und wo der nächste Wolf in Bayern auftritt, irgendwann dauerhaft ansässig ist und sich ein erstes bayerisches Rudel etabliert.
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Blog Bayern wild demnächst online!
Hier entsteht in den nächsten Tagen der Blog Bayern wild. Bei dem sich alles um die Rückkehrer Bär, Wolf und Luchs drehen wird.
Weitere Informationen über unser Projekt Bayern wild: www.bayern-wild.de
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